Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)
in die dunkle Nacht.
»Da ist vielleicht doch etwas dran«, sagt der Papa plötzlich, und seine Stimme ist rau. »Weißt, Franz, seit dem Tod von deiner Mama, da sind die Oma und ich … ja fast tatsächlich so was wie ein Ehepaar. Weil sie halt schon lang keinen Partnermehr hat und ich auch nicht. Es hat einfach gepasst so. Und immerhin haben wir zwei ja auch euch Buben miteinander großgezogen. Und gar nicht so schlecht, wie ich meine.«
»Na ja, aber so umwerfend gut jetzt auch wieder nicht, wenn ich so an den Leopold denke«, unterbrech ich ihn und fege ein paar Krümel von meinem Hemd.
Der Papa lacht. Leise und brummig.
»Jetzt lass doch der Oma einfach ihre Freude. Womöglich ist es die letzte in ihrem Leben«, sag ich und steh auf. Ich geh dann mal ins Bett, weil mir langsam die Augen zufallen. Wie ich endlich auf meinem Kanapee bin, legt der Ludwig seinen Kopf auf meinen Schenkel, und ein Weilchen zieht noch der süße Tabakgeruch durch mein Fenster. Dann schlaf ich ein.
Weil Tage später in der PI Landshut noch immer keine brauchbaren Ermittlungsergebnisse vorliegen und die Kollegen offensichtlich im Trüben fischen, gesetzt den Fall, dass sie überhaupt fischen, geh ich mal zum Moratschek. Schließlich kann das so nicht weitergehen. Ich hab Glück. Er hat grad keine von seinen Verhandlungen, hockt hinterm Schreibtisch und freut sich, mich zu sehen.
»Eberhofer«, sagt er und nimmt gleich mal eine Prise Gletscherprise. »Wunderbar, dass Sie da sind. Geh, holens’ uns doch einen feinen Kaffee draußen.«
So hol ich einen feinen Kaffee in hauchdünnen Bechern, wo mir schon auf den paar Metern die Finger glühen, das kann man gar nicht glauben. Ich überreich ihm die Hälfte meiner Beute und setze mich dann nieder.
»Hat sich die familiäre Situation wieder etwas beruhigt?«, will der Richter wissen und bläst in seinen Becher.
»Das kann man so nicht grad behaupten. Aber bislang gab es zumindest noch keine Toten«, sag ich und nehm einen Schluck Kaffee.
Der Moratschek schüttelt lachend den Kopf.
»Aber wegen was ich eigentlich da bin, Richter. Im Barschl-Fall gibt’s ja noch nicht wirkliche Ergebnisse, soweit ich informiert bin. Kann es sein, dass die Kollegen da ein bisserl überfordert sind?«
»Mei, Eberhofer«, sagt der Richter und steht auf. Er geht rüber zum Fenster und schaut hinaus. »Was heißt überfordert? Ich persönlich halte es ja mehr für Arbeitsverweigerung, wissens’. Weil: die vom LKA, die sind sich ziemlich sicher, dass Sie den Barschl auf dem Gewissen haben. Und ich, ja, ich hab halt gesagt, das ist unmöglich. Ganz unmöglich, verstehens’. Und es soll zuerst einmal in alle anderen Richtungen ermittelt werden.«
»Aha. Und jetzt ermitteln sie praktisch erst gar nicht, um nach einer Weile sagen zu können: Es muss der Eberhofer gewesen sein. Sonst gibt’s weit und breit keinen anderen Verdächtigen.«
»Das will ich niemandem unterstellen.«
»Verstehe!«, sag ich und erheb mich. Ich geh zu ihm rüber und schau ebenfalls durchs Fenster. »Soll ich selber mal ein bisschen … ein winziges bisschen ermitteln, Richter? Mehr so ganz nebenbei?«, frag ich jetzt.
»Um Himmels willen! Nein, Eberhofer! Wagen Sie es nicht! Sie als Hauptverdächtiger … Nein, nein, das ist unmöglich. Ganz unmöglich. Wirklich.«
Kurze Pause.
Dann: »Und überhaupt, in welche Richtung würden Sie denn eigentlich so ermitteln? Haben Sie da schon irgendeinen Verdacht?«
»Ja, Verdacht … was heißt hier Verdacht? Die Witwe halt, die hätte allen Grund gehabt, ihn abzumurksen.«
»Die Witwe, soso. Die soll ja ein affenscharfes Gerät sein, was ich gehört hab. Hähä. Und die haben Sie auf der Liste?Da schau einer an! Aber da soll lieber mal ein anderer ermitteln, gell. Nicht, dass Ihnen da wieder so eine delikate Sache passiert wie seinerzeit mit der kleinen Französin«, sagt er noch.
Gut, dann weiß ich Bescheid. Weiß Bescheid und kann heimfahren.
Die Oma hat uns ein paar Forellen gebraten, und dazu gibt’s einen Kartoffelsalat, in dem ich gern ersaufen möchte. Danach serviert sie Marillenknödel in geschmolzener Butter. Der liebe Gott meint’s gut mit uns. Nur der Papa stochert lustlos im Essen umeinander. Genau so wie damals, als er sich zwei Zehen abgemäht hat. Verhungert ist er dabei nicht. Und er wird es auch jetzt überleben.
»Sag einmal, schmeckt’s dir wieder nicht?«, fragt dann die Oma ziemlich grantig und reißt ihm seinen Teller weg.
»Geht so«, sagt der Papa kaum
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