Griffin, Forrest u. Krauss, Erich
er.
»Ach, das sind Striemen«, sagte ich. »Ich war im Würgegriff.«
Angewidert verzog er das Gesicht. »Moment, Moment«, sagte er. »Ihr würgt euch mit Seilen? Das verstehe ich nicht – ihr versucht euch mit Seilen zu erwürgen? Und auf so was stehst du, Junge? Ist das so ’ne Art autoerotische Selbststrangulation?«
Ich versuchte es ihm genauer zu erklären, aber er wollte nicht zuhören. So kam ich mir vor wie ein Ausgestoßener, aber das hinderte mich nicht daran, weiterhin dienstags und donnerstags zum Jiu-Jitsu-Training zu gehen. Anfangs ging ich auch noch am Freitag hin, aber da war es mir doch zu abgefahren. Freitags wurde in Eishockeyausrüstung Stockkampf geübt. Und um nur ja nichts auszulassen, kämpften sie auch noch mit Messerattrappen. An beidem hatte ich keinerlei Interesse. Auf die Frage, warum ich nicht mitmachen wollte, antwortete ich einfach: »Ich trage eine Knarre, deshalb muss ich nicht mit Stock oder Messer kämpfen. Nur zur Information: Nie im Leben werde ich mit einer Messerattrappe kämpfen!« Komischerweise interessiere ich mich jetzt, zehn Jahre später, doch für den Messerkampf und fürs Messerwerfen. Aber ich habe nach wie vor immer eine Schusswaffe bei mir.
Jeden Montag und Mittwoch gingen wir zum Boxtraining in ein Studio, das Donald Kempner gehörte. Wir nannten ihn Doc, und obwohl er zu den weltweit führenden Therapeuten auf dem Gebiet der Essstörungen zählte und mehrere Millionen Dollar besaß, war er doch ein verrückter Hurensohn. Was dieser Kerl für Geschichten erzählen konnte – es war nicht zu fassen. Ich weiß noch, dass er eines Tages spät ins Studio kam und zu uns sagte: »Hey, wenn die Bullen fragen – ich war den ganzen Tag hier.« Und tatsächlich tauchte kurz darauf die Polizei auf und stellte Fragen.
»Ja, der war hier«, log ich, und das war keineswegs selbstverständlich, denn ich war immer noch auf der Polizeischule. »Hat die ganze Zeit da hinten rumgeräumt. Worum geht’s?«
Die Bullen wollten mir nichts sagen, aber später erfuhr ich alles von Doc selbst. Offenbar hatte ihn ein Fahrradfahrer geschnitten, als er im Auto unterwegs war. Anstatt mit den Schultern zu zucken, hielt Doc an. Er hatte immer zwei Dinge im Auto dabei: ein riesiges Tonbandgerät und die Straßenverkehrsordnung. Letztere war dazu da, Polizisten zu ärgern, wenn sie ihn anhielten, und mit dem Tonbandgerät konnte er juristisch Verwertbares aufnehmen, falls die Polizisten auf seine wütenden Litaneien reagieren sollten. Aufgebracht über das Verhalten des Radlers, schnappte er sich den Rekorder, sprang aus dem Auto und zog dem Radfahrer das Gerät über den Schädel. Und da ihm das noch nicht genug war, warf er das Rad auf die Fahrbahn und überrollte es mehrfach mit seinem Auto. Ich weiß nicht, welche Konsequenzen dieser Vorfall für ihn noch hatte, jedenfalls glaube ich, dass er später dann wirklich alles verlor, nachdem er einer Patientin einen Fausthieb verpasst hatte. Kurz danach erzählte er seine Geschichte im Fernsehen, zog nach Mexiko und ließ nie wieder etwas von sich hören.
Nachdem ich etwa sechs Monate mit diesem bunten Haufen trainiert hatte, meldete ich mich bei einer MMA-Veranstaltung an. Wie bei meinem ersten Toughman-Wettkampf waren mir Sieg oder Niederlage scheißegal, ich wollte einfach nur kämpfen. Etwa eine Viertelstunde vor meinem Einsatz begann ich mich mit meinem Kumpel John Grantham aufzuwärmen. Wir fingen im Clinch mit leichten Kniestößen und Faustschlägen an, aber nach ein paar Minuten gingen wir immer härter zur Sache. Ich steigerte mich mental immer mehr in den bevorstehenden Kampf hinein, und auf einmal hatten wir volles Tempo drauf. Und dann traf mich John mit einem brutalen Kniestoß genau am Brustbein.
»Ach du Scheiße!«, keuchte ich. Es fühlte sich an, als hätte er mir den Brustkorb eingetreten. Ich wurde wütend und versuchte, ihn umzustoßen, aber er war zu groß und zu schwer, was mich noch wütender machte. Ich war immer noch dabei, mich von dem verheerenden Tritt zu erholen, als mein Name aufgerufen wurde. Da ich es nicht einsah, einen Kampf wegen etwas so Nichtigem wie einem gebrochenen Brustbein abzusagen, machte ich mich auf den Weg zum Käfig.
Der Kampf war nichts, wofür ich mich rühmen könnte. Ein paar Sekunden nach dem Beginn versuchte ich, meinen Gegner mit dem Knie am Kopf zu rammen, er fiel hin, und ich fiel auf ihn. Der Typ hatte seinen Arm zur Seite ausgestreckt, also setzte ich einen Armhebel an und
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