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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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»Martin Smart hielt ihn anscheinend für fähig. Wie konnte der Mann, den Sie beschreiben, sich einen solchen Ruf als Kritiker erwerben?«
    Stan hob ein wenig die Arme und deutete in den Raum. »Sehen Sie hier irgendwo Kritiker? Die hocken auf italienischen Drehstühlen in ihren Arbeitszimmern und recyceln in ihren PCs Scheiße zum Quadrat. Der einzige, der ins >Nine-One-Nine< kommt, ist Duckworth. Healey hat nicht die Bohne über Rock und Jazz gewußt, keinen blassen Schimmer gehabt. Was soll die ganze Fragerei überhaupt?«
    »Es geht um Mrs. Healey. Sie hat ihn erschossen.«
    »Dann hat sie einen Orden verdient, keine verdammte polizeiliche Untersuchung.«
    Jury stand auf. »Vielen Dank, daß Sie mir geholfen haben. Ich frage mich, warum Sie das nicht alles schon meinem Sergeant erzählt haben?«
    »Weil ich ’nen Wahnsinnskater hatte, Mann. Keinen Bock, mich mit ’nem Bullen zu befassen. He, so bleiben Sie doch. Wir könnten noch in die Kneipe in Brixton gehen, von der ich Ihnen erzählt hab.«
    Jury schüttelte den Kopf, lächelte und reichte ihm die Hand.
    Die Band spielte jetzt einen Blues, und der alte Mann neben dem Klavier hatte seinen Kasten aufgemacht und setzte gerade das Mundstück auf sein Saxophon. Mehrere Pärchen hatten sich zur Tanzfläche begeben und schmiegten sich verträumt aneinander.
    »He, Stone.« Der Hund sprang blitzschnell auf. Stan drehte sich um und sagte zu Jury: »Wollen Sie Deli suchen?«
    Jury lächelte. »Wenn ich sie finde, kriegen Sie Bescheid.«
    »Ach zum Teufel, suchen Sie mir lieber ’ne anständige Vermieterin. Na los, Stone, seifen wir sie ein.«
    Stan bahnte sich einen Weg durch die Menge, die sich bereitwillig vor ihm und dem schwarzen Hund an seinen Fersen teilte. Er sprang auf die Bühne unter den blauen Lampen, und seine Füße hatten den Boden kaum berührt, da stürzte er sich auch schon in ein hitziges Riff, dann folgte ein Stakkato, daß Jury fast eine Gänsehaut bekam, so schnell war es. Dann wechselte er zu einem dumpfen Bending und nahm das Blues-Thema des alten Saxophonspielers auf. Es war so sehnsuchtsvoll, daß Jury das Gefühl hatte, daß alle Verluste seines Lebens ihm immer noch wie Gift im Blut kreisten.
    Am nächsten Morgen stellte sich Jury früh in Weavers Hall ein, doch anscheinend waren nur die Principessa (und Ruby, die ihm die Tür öffnete) zugegen.
    Ruby sagte, Mr. Plant schliefe wohl noch, denn in der Regel käme er als letzter zum Frühstück. Dieser Satz wurde von einem mißbilligenden Blick begleitet.
    Plant war jedoch nicht in seinem Zimmer. Auf dem Weg nach unten sah Jury die Principessa in ihrem, denn die Tür stand offen; sie packte einen alten Überseekoffer mit ihrer eleganten Garderobe voll. Sie hielt sich ein Kleid an und prüfte die Wirkung vor einem Standspiegel. Das blaue Kleid aus Crêpe und Chiffon war lang und fließend und hätte bei den Präraffaeliten großen Anklang gefunden.
    Als sie Jury im Spiegel sah, drehte sie sich gelassen um und fragte: »Wie finden Sie es?«
    »Wunderschön. Wollen Sie abreisen?«
    »O ja. Der Major und ich gehen für ein, zwei Monate nach London. Oder für drei. Ich habe genug vom Tod ...« Sie seufzte.
    (Ihr Seufzer könnte genausogut der Ballsaison in London oder dem Sommerende in Cannes gelten, dachte Jury.)
    »Er geht anscheinend um wie ein Virus.« Sie warf ihm im Spiegel ein aufblitzendes Lächeln zu, drehte sich wieder um und warf das blaue Kleid in den geöffneten Schrankkoffer. »Das arme Kind«, fuhr sie fort, »ganz allein draußen auf dem Moor. Es will mir einfach nicht in den Kopf, daß ihr jemand nach dem Leben trachtet. Was sehen Sie mich so an?« sagte sie zu seinem Spiegelbild.
    »Wie denn?«
    »Vorwurfsvoll. Mißbilligend. Weil ich nicht auf der Beerdigung bin.«
    »Beerdigung?«
    »Eine Katze. Das Geschrei heute morgen, das hätten Sie hören sollen.« Als Jury sie fragend anblickte, erklärte sie sich näher. »Ruby hat die Katze in der Tiefkühltruhe gefunden. Mrs. Braithwaite hat Abby tüchtig ausgeschimpft. Hat aber keinen Eindruck auf sie gemacht.«
    Sie warf Jury einen ungeduldigen, jedoch schimmernden Blick zu. »Du liebe Zeit, ich kannte die Katze doch gar nicht.«
    Hinter der Scheune war ein Gottesdienst im Gange. Die vier Trauergäste standen im Rahmen der großen, offenen Tür am Ende der Tenne. Jury stellte sich in den Türschatten; er wußte nicht recht, ob er weitergehen sollte, denn sein Gefühl sagte ihm, daß er nicht teilnehmen dürfte. Schließlich war er

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