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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Füßen und sagte ein paar strenge Worte zu ihm; aber auch der Kater war durch nichts zu erschüttern. Er wich nicht von der Stelle und starrte die Eindringlinge unbeirrt an.
    Jury fragte, ob Mr. Plant da sei.
    »Draußen. Er ist nach dem Lunch losgegangen und noch nicht zurückgekommen.« Es klang, als befürchtete sie, daß er nie wiederkommen würde.
    »Es wäre nett, wenn du mich zu Mr. oder Mrs. Holdsworth bringen könntest und Sergeant Wiggins hier zu Miss Galloway.« Da Jury Madeline Galloway schon in London getroffen hatte, sollte Wiggins mit ihr und George Holdsworth sprechen; Jury mit Genevieve und Crabbe.
    Sie waren von der Polizei. Von Scotland Yard. Millie Thale gab sich Mühe, daß die Aufregung in ihren Augen nicht auch noch in ihrem Gesicht glänzte. Sie befahl Wiggins »hierzubleiben« und führte Jury zu einer riesigen Doppeltür.
    Der schwarze Kater blieb bei Wiggins. Der allerdings tat so, als bemerke er ihn nicht.
    »Virginia?« Crabbe Holdsworth war offensichtlich überrascht, daß ihr Name überhaupt erwähnt wurde. »Mit Absicht gestoßen ? Wie kommen Sie denn darauf ?« Mit einem Ruck, als habe ein Marionettenspieler plötzlich die Schnüre gezogen, stand er auf. »Ich dachte, sie wären wegen der armen Jane gekommen!«
    »Bin ich auch«, sagte Jury. »Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zwischen Janes Tod und dem Tod Ihrer ersten Frau.« Der Mann schien aufrichtig erschüttert zu sein. »Mr. Holdsworth, es tut mir leid, wenn Sie das jetzt aufwühlt, aber in dieser Familie hat es sehr viele Unglücksfalle gegeben.«
    Anstatt sich wieder zu setzen, machte Crabbe ein paar Schritte zu der Wand, an der die Ibbetson-Drucke und ein Aquatintastich von Gilpin hingen. »Daran müssen Sie mich nicht erinnern.« Einige Augenblicke lang studierte er die Bilder, dann ging er, die Hände auf dem Rücken, zu den Bücherregalen. »Aber darum finden Sie mich hier.«
    »Wie bitte?«
    Crabbe drehte sich um. »Bei meinen Büchern und Bildern. Die Bibliothek ist meine Zufluchtsstätte, das habe ich mit Robert Southey gemeinsam. Die Lake-Dichter hatten auch ihre Unglücksfälle. Wordsworth war anscheinend weitgehend dagegen gefeit. Vielleicht wegen seiner Veranlagung«, fügte er nachdenklich hinzu.
    Da stand der Mann, starr und steif, und Jury lauschte den unvermeidlichen Präliminarien, dem Abschweifen zu den persönlichen Interessen, das man so oft über sich ergehen lassen mußte, bevor man den Zeugen, den Verdächtigen oder wen auch immer zurück zum Thema bringen konnte.
    Merkwürdigerweise verstummte Crabbe Holdsworth plötzlich. Doch er schien ganz versunken in das vergangene Jahrhundert. Er schien überhaupt ein verträumter Mann mit wenig praktischem Menschenverstand zu sein, einer, der flüchten oder vergessen konnte.
    Von ihm war keine großartige Hilfe zu erwarten.
    Die Dinnerparty war am Abend vorher gewesen, und doch hatte Jury nach Melrose Plants frühmorgendlichem Bericht die Gästeliste klarer im Kopf als Crabbe Holdsworth, der mehrere Stunden mit den Leuten verbracht hatte. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, worüber sie geredet hatten, (nur an seine eigenen Kommentare); an die Dame, die sein Vater Adam mitgebracht hatte, konnte er sich auch nicht mehr erinnern (er wußte nur noch, daß eine Frau dagewesen war), und auch nicht an Einzelheiten des Menüs, außer an die exzellenten Austern und den Hasen, den sein Bruder geschossen hatte.
    Jury beobachtete, wie Crabbe seinen Blick wieder über die Drucke und Bilder schweifen ließ, und fand es interessant, daß er kein geistiges Auge zu haben schien, das in kleinen Blicken und Beobachtungen die verschiedenen Szenen eingefangen hätte, die doch sicher durch die Sitzordnung der Gäste am Eßtisch entstanden waren.
    Es erschreckte Jury beinahe, daß es einem Mann, der sich am liebsten mit Persönlichkeiten wie Wordsworth, Coleridge und De Quincey beschäftigte, so gänzlich an Erinnerungsvermögen mangelte.
    Sie erinnerte sich.
    »Maurice Kingsley war ziemlich betrunken. Na ja, das können Sie sich ja vorstellen, nachdem ihn die Polizei immer wieder in die Mangel genommen hat. Soweit ich weiß, war er in London, als Jane gestorben ist.«
    Während sie sich in ihrem enganliegenden rosenholzfarbenen Kleid in der Ecke der Chaiselongue zurechtsetzte, die ihr mehr Bewegungsfreiheit gab als jeder Sessel, schien sie wunschlos glücklich. Sie konnte sich mit ausgestrecktem Arm zurücklehnen; sie konnte sich vorbeugen und eine Zigarette

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