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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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»Nein.«
    »Aber Sie müssen sie doch gefragt haben -«
    »Ich habe doch gesagt, nein. Aus irgendeinem Grund wollte sie es mir nicht sagen.«
    Wieder Schweigen. Schließlich fragte Kamir: »Wer hätte einen Grund gehabt, sie umzubringen?«
    Jury sah Kamir an.
    »Mr. Jury, wollen wir nicht ein paar Schritte gehen und uns vielleicht irgendwo in der Heath hinsetzen? Ich finde dieses Café äußerst deprimierend.« Er sah Jury müde an. »Und Sie offenbar auch.«
    Jury nickte. Ihn deprimierte nicht nur das Café.
    Sie setzten sich an einem der Wege, die kreuz und quer über die große Rasenfläche verliefen, auf eine Bank. Schon als Kind war Jury immer viel lieber in die Blackheath gegangen als zum Tower. Er hatte sich die Kutschen, das Hufgetrappel und die Straßenräuber, die grölend die Gefährte anhielten, schon immer lebhaft vorstellen können.
    Auf dem Weg hatte er Kamir erzählt, daß Jane Holdsworth keine Feinde habe, höchstens die Großeltern. Während er über die riesige Grünfläche blickte, deren Horizont ihm als Junge endlos weit erschienen war, erzählte er Kamir, daß er an Dick Turpin, den Straßenräuber, denken mußte.
    Feinde. Das Wort schien mit Jane überhaupt nichts zu tun zu haben. Und dennoch, richtige Freunde hatte sie wohl auch nicht gehabt; Bekannte, ja, von denen hatte er ein oder zwei getroffen, aber enge Freunde, nein.
    Kamir betrachtete sein Spiralnotizbuch und redete über die Familie in Cumbria. Angeheiratete Verwandte, erinnerte Jury ihn. Bis auf die Schwester hatte sie keine Angehörigen mehr. Und Alex natürlich. Er allein schien eine ganze Familie für sie gewesen zu sein.
    »Was ich über sie erfahren habe«, sagte Kamir, »wissen Sie schon. Bestimmt wissen Sie noch viel mehr. Aber ich erzähle Ihnen trotzdem, was ich weiß. Der Ehemann, Graham -«
    Jury spürte einen Anflug von Eifersucht.
    »- ist tot. Genevieve, die zweite Frau von Mr. Crabbe Holdsworth - Grahams Vater -, legt Wert auf die französische Aussprache ihres Namens und macht sich anscheinend sehr viel mehr Sorgen über den gegenwärtigen Aufenthaltsort ihres Enkels als über den Tod der Mutter.«
    »Kaum verwunderlich. Der Tod der Mutter bedeutet für Genevieve lediglich, daß Alex ihr ins Haus steht. Aber nach allem, was ich über Alex weiß, unterliegt sie da einem Irrtum.« Darüber mußte sogar Jury lächeln.
    »Es gibt also noch den Großvater, Crabbe (was für merkwürdige Vornamen Sie hier in England haben), mit dem ich allerdings noch nicht gesprochen habe, seinen Bruder George, unverheiratet, und Francis Fellowes, einen Cousin, der Maler ist und in einem Cottage auf dem Grundstück wohnt; und außer dem Dienstpersonal die Schwester. Ihre Schwester. Das fand ich komisch, daß Madeline Galloway zu diesem Haushalt gehört. Sie arbeitet als Mr. Holdsworths Sekretärin oder Assistentin. Auch das finde ich ziemlich befremdlich.« Kamir schloß sein Notizbuch.
    »Jane hat ihren Mann durch Madeline kennengelernt. Jane war dort zu Besuch.«
    Kamir drehte sich überrascht zu Jury um. »Aber das würde bedeuten, daß Miss Galloway seit - ja, seit wann? -, bestimmt seit über sechzehn Jahren in dem Haushalt lebt.«
    »Achtzehn oder neunzehn. Sie war, glaube ich, noch keine dreißig, als sie mit dem Job angefangen hat.«
    Kamir zog die Augenbrauen hoch. »Aber sie sieht sehr viel jünger aus, als sie sein muß.«
    Jury drehte sich schnell um und hob seinerseits die Brauen. »Woher wissen Sie das? Wann um alles in der Welt hatten Sie Zeit, sie zu sehen?«
    »Heute morgen, in aller Frühe. Sie ist doch hier, Mr. Jury. In London. Im Brown’s Hotel. Und Genevieve Holdsworth auch. Sie sind schon seit zwei Tagen hier; die Schwester ist nach London gekommen, um für Mr. Holdsworth ein paar Vorstellungsgespräche zu führen. Er will einen Katalog für seine Bibliothek erstellen oder so was in der Art und sucht jemanden dafür. Mrs. Holdsworth ist offensichtlich zum Einkaufen hier. Und Sie wußten gar nicht, daß sie hier sind?«
    Die frische grüne Fläche und der weite Horizont der Blackheath schrumpften für Jury auf einmal zu kaum mehr als einem armseligen Kleingarten zusammen, über dem sich der bleierne Himmel schloß. »Nein.« Warum, um Himmels willen, hatte sie ihm etwas so Harmloses wie den Besuch ihrer Schwester verheimlicht? Es ist jemand, den du nicht kennst. Es verletzte ihn schon, daß sie überhaupt um einen Besucher so ein Geheimnis machte. Er beugte sich nach vorn, stützte die Unterarme auf die Knie und

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