Grolar (German Edition)

hier draußen.
    Mit Vollgas fuhr er zum Glory Hole. Mehrmals verlor sein Hintern den Kontakt zum Sitz, so uneben war die Strecke, aufgeweicht durch den Regen und durchgeknetet von dem tiefen Profil seiner Reifen und der hundert Touren am Tag.
    Vom Bagger, den Dick im Glory Holy bediente, war nicht viel zu sehen. Das Loch war schon tiefer als der Bagger hoch. Dick grub die frische Erde heraus, und Jon brachte sie zum Rüttler.
    Dick schwenkte mit seinem blauen Caterpillar herum, als Jon mit der Schaufel in den Sandhaufen fuhr. Sie gaben sich gegenseitig den Daumen hoch, dann legte er den Rückwärtsgang ein, und es ging die steile Rampe hoch raus aus dem Glory Hole.
    So gut hatte sich die Arbeit noch nie angefühlt. Jetzt, wo er wusste, dass alles einen Sinn machte und seine Anstrengungen und die Mühen nicht allein auf Hoffnungen gebaut waren, schien der Himmel blauer, der See strahlender, die Gesichter freundlicher und der Dreck in seiner Schaufel goldener.
    Im Kopf addierte er noch einmal sein mögliches wöchentliches Einkommen und kam ebenfalls bei einer entsprechend langen Saison auf annähernd 100.000 Dollar. Für einen Sommer Radlader fahren!
    »100.000 Dollar«, sagte er leise vor sich hin und klopfte auf das Lenkrad.
     
     
In den Lärm mischte sich der beißende Gestank mit dem nach Beute. Der Grolar verharrte in seiner Bewegung, schnüffelte, lauschte.
    Der Wind wehte eine Fülle mehr oder minder bekannter Gerüche zu ihm herüber. Wenn dieser Gestank zunehmen würde, könnte er ihn irgendwann nicht mehr aushalten. Schon jetzt spürte er den beginnenden Schmerz im Kopf. Er schüttelte seinen Schädel, als wolle er sein feuchtes Fell trocknen.
    Nein, er bräuchte sich von hier aus nicht nähern. Selbst wenn er an dieser Stelle am See bleiben würde, könnte er den Gestank irgendwann nicht mehr aushalten.
    Er beschloss, die Lichtung mit der Beute und den Viechern zu umrunden. Zunächst wollte er aus dem Gestank heraus. Dazu bahnte er sich einen Weg durch den Wald.
    Nach kurzer Zeit verdrängten die duftenden Farne, Beeren und Bäume den Gestank und verwandelten ihn in etwas Unterschwelliges, gerade präsent genug, um sein Ziel nicht zu vergessen.
    Das Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, verstärkte sich, als er einen anderen, betörenden Geruch witterte: den Duft eines Weibchens. Irgendwo weiter vor ihm streifte sie durch den Wald.
    Er suchte sich einen Platz zwischen dem Geäst, wo er sich aufrichten konnte. Holz kratzte über sein Fell, Zweige brachen unter seinen Hinterbeinen, die tief in den bemoosten Untergrund einsackten. Insekten flirrten um seinen Schädel.
    Er konzentrierte sich auf diesen einen Duft, filterte die ablenkenden Gerüche heraus, bis er sicher die Richtung bestimmen konnte.
    Die Bärin wartete auf ihn, er roch es, er spürte es. Er sah sie nicht, aber sie war bereit, und sie wusste, dass er es wusste.
    Das so selten elektrisierende Gefühl durchströmte seinen Körper wie das kalte Wasser eines Wildbaches seine Beine im Frühling.
    Dieses Gefühl, dieser Wunsch zur Fortpflanzung verdrängte alle anderen Instinkte und Bedürfnisse. Nun würde die süße Suche beginnen, das Anpirschen, das Werben. Und sie würde ihn testen, weglaufen, damit er zeigen konnte, wie stark er war, wie ausdauernd, wie sehr er sie, nur sie begehrte, bis sie sich endlich vereinigen würden in diesem so einzigartigen Gefühl, und sie würden die Wälder und die Berge um sich herum vergessen, vergessen für einen ewigen Moment.
     
     
Still und glatt lag der See im Tal. Die endlose Dämmerung des Nordens tauchte die Berge am Horizont und die Wälder im Süden in ein blaues Licht, während im Widerschein des Lagerfeuers die Gesichter rötlich glühten, und ihre Augen und Zähne beim Lachen leuchteten.
    Dick schmatzte, während er am letzten Toast knabberte, als handelte es sich um einen Knochen.
    Sie saßen alle gemeinsam auf den abgesägten Baumstämmen rund um das Feuer, und die Teller mit den Steakresten ruhten am Boden neben ihnen. Dazwischen tollten Cliff und Lucky herum, die stets in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückten, sobald einzelne Gespräche versiegten. Hände streichelten über ihre Köpfe, es hätten genauso gut zwei Kinder wie zwei Hunde sein können.
    Leere Bierdosen klimperten zwischen ihren Füßen, und Jon spürte die Hitze in seinem