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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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hindurchblinzelte.
    Nach einem Drittel des Weges setzte er mal wieder seinen Stiefel auf einen umgestürzten Baumstamm, doch die Rinde war weich, wabbelig, und er rutschte aus, stürzte, verlor das Gewehr, wollte sich abstützen, griff in braunes Fell und landete mit dem Gesicht neben der Grizzly Bärin. Er schrie auf. Augen und Maul des Tieres standen offen, Ameisen krabbelten zwischen den Zähnen, Fliegen surrten aus dem Maul, ein Summen wie bei einem aggressiven Hornissennest. Er atmete den fauligen Gestank nach Verwesung ein. Jon kroch, bis sein Verstand begriffen hatte, dass die Bärin tot war.
    Marten zielte mit seinem Gewehr im Anschlag auf den Rücken des Kadavers. Vor Überraschung hatte auch er seine Augen weit aufgerissen, »Himmel, Scheiße, was ist das denn?«
    Jon nahm wieder sein Gewehr an sich und lehnte sich an einen Baum.
    Die beiden Männer sahen sich an, schauten auf die Bärin, mit dem Loch in der Schulter und einem offensichtlichen Durchschuss in der Brust und dem großen Batzen herausgerissenes Fleisch im Hals, der den Kopf beinahe abgetrennt hatte.
    »Marten.«
    »Ja.«
    »Wenn das ... dass die angeschlossene Bärin ist ... und das ist sie, richtig?«
    »Ja, ja, das ist sie.«
    Ihre Köpfe wirbelten herum auf der Suche nach verdächtigen Bewegungen zwischen den Bäumen.
    »War sie das? Hat sie Dick ...?«
    »Nein. Verdammt. Kein Blut an der Schnauze. Kein Blut.«
    »Shit.«
    »Und die war schon vorher tot, bei den ganzen Fliegen.«
    »Was hat sie dann getötet?«
    »Keine Ahnung.«
    »War das da ein Bär?«, Jon deutete auf die freigelegten Halswirbel.
    Wieder schauten sie sich hektisch um.
    Der Lärm vom Lager wie ein Presslufthammer in Jons Kopf.
    »Nicht mit einem Bissen. Zu groß. Der Kiefer«, sagte Marten.
    Das Camp schien doppelt so weit entfernt wie zuvor.
    »Das heißt?«
    »Ich weiß es nicht. Aber es kann nur ein Bär gewesen sein. Vielleicht sieht es nur so aus wie ein einziger Biss. Vielleicht waren es mehrere Bisse an der gleichen Stelle. Auf jeden Fall ist er noch irgendwo hier.«
    Wie auf Kommando drehten sie sich um die eigene Achse zu dem metallenen Geratter in der Ferne.
    »Zurück zum Camp«, sagte Jon, »ich will zurück zum Camp!«
     
     
»Da sind sie. Abgehauen sind sie nicht«, sagte Tara zu Kelly, die wegen des Maschinenlärms aus dem Schlafzimmer angerannt kam. Sie blieb neben ihr am Stirnfenster des Wohnwagens stehen, von wo aus sie über den Platz zur Goldwaschanlage sehen konnten.
    Cliff kniete am Boden und beobachtete die silbernen Kugeln, die an ihren Fäden hin und her pendelten, wobei die mittleren drei stehen blieben und die äußere jeweils vom Aufprall der Gegenüberliegenden nach außen schwang. Ein nutzloses Gimmick aus den 80er Jahren, das im Regal gestanden hatte. Tara hatte es ihm gegeben, um ihn auf andere Gedanken zu bringen.
   
Klack-Klack-Klack-Klack.

    »Die haben auch nur das eine im Kopf«, sagte Kelly.
    Gold, dachte Tara und wünschte sich laut, »Die sollten vor unserer Türe stehen. Sie sollten uns bewachen.«
    »Uns trägt hier schon keiner raus.«
    Sie wandte sich von dem Fenster ab, »Wenn der Bär so groß ist, weiß ich nicht, ob ...«
    »Kinder malen viel.«
    »Cliff zeichnet sehr gut für sein Alter.«
   
Klack-Klack-Klack.

    »Wenn er einen Baum malt, ist der Stamm so dick wie die Baumkrone. Die Verhältnisse stimmen nicht. Ja, er hat einen Bären gemalt, aber es ist immer noch an Bär.«
    Tara stellte sich vor, wie Jon und Marten durch den dichten Wald marschierten. Einerseits hoffte sie, sie würden den Bären nicht treffen, andererseits wäre sie beruhigt, wenn sie die verletzte Bärin töten könnten. Dann wäre ruhe.
    »Mach dir keine Sorgen. Die beiden kommen wieder«, sagte Kelly einfühlsamer, als sie erwartet hatte. Sie musste Taras Gedanken in ihrem Gesicht gelesen haben, denn sie legte dabei eine Hand auf ihren Unterarm.
    »Ja.«
    »Vielleicht jagen sie noch ein Kaninchen und bringen das zum BBQ mit.«
    »Wahrscheinlich«, sagte sie, aber ihr Gefühl erzählte ihr etwas anderes. Im Moment wollte sie die Tür aufschwingen und Jon hereinkommen sehen. Sie erwischte sich sogar bei dem Gedanken, dass sie froh wäre, wenn jemand mit einer Waffe da wäre. Vor der Tür oder hier

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