Großadmiral Thrawn 02 - Die dunkle Seite der Macht
sie, weit genug im Norden zu sein. Wenn ihr Mann seine langsame Gangart beibehalten hatte, damit sie seine Spur nicht verlor, mußte sie noch genug Zeit haben, um alles für einen kleinen Empfang vorzubereiten.
Natürlich gab es noch die Möglichkeit, daß er unterwegs in eine der nord-südlichen Straßen eingebogen war, sich nach Osten oder Westen gewandt oder seine Pläne geändert hatte und zu Karrdes Stadthaus zurückgekehrt war. Aber als sie vorsichtig um die Ecke eines Gebäudes in die Straße spähte, über die er ihrer Einschätzung nach kommen mußte, entdeckte sie, daß sein Einfallsreichtum so begrenzt war wie seine Observationstechnik. Einen halben Block weiter kauerte er mit dem Rücken zu ihr bewegungslos hinter einer Reihe von Vorratsfässern, den blauen Schal über die grüngemusterte Tunika nach hinten geworfen, in der Hand einen Gegenstand, der zweifellos eine Waffe war. Fraglos darauf wartend, daß sie ihm in die Falle tappte. Amateur, dachte sie mit verächtlich verzogenem Mund. Sie schlich um die Ecke und lautlos auf ihn zu, ihn ständig im Auge behaltend, ohne sich die Mühe zu machen, ihren Blaster zu ziehen.
»Das is' weit genug«, sagte eine spöttische Stimme hinter ihr.
Mara erstarrte. Die Gestalt, die vor ihr bei den Fässern kauerte, rührte sich nicht einmal... und erst jetzt, zu spät, erkannte sie, daß die Gestalt viel zu still war, um in einem Hinterhalt zu lauern. Sogar viel zu still, was das betraf, um am Leben zu sein.
Langsam drehte sie sich um. Der Mann, der ihr gegenüberstand, war mittelgroß, stämmig gebaut und hatte dunkle, düstere Augen. Seine Untertunika war offen und enthüllte eine leichte Panzerweste. In der Hand hielt er natürlich einen Blaster. »Nun, nun, nun«, grinste er hämisch. »Wen haben wir denn da? Wurde auch Zeit – ich dachte schon, Sie hätten sich verirrt oder sonst was.«
»Wer sind Sie?« fragte Mara.
»Oh, nein, Rotschopf, ich stell' hier die Fragen. Nich', daß es nötig is'. Das Zeug da auf Ihrem Kopf sagt mir alles, was ich wissen muß.« Er deutete mit dem Blaster auf ihre rotgoldenen Haare. »Sie hätten sie loswerden sollen – abschneiden oder färben.«
Mara holte vorsichtig Luft. »Was wollen Sie von mir?« fragte sie und zwang sich, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen.
»Das, was jeder Mensch am meisten will«, grinste er verschlagen, »'nen Haufen schnelles Geld.«
Sie schüttelte den Kopf. »In diesem Fall, fürchte ich, verschwenden Sie Ihre Zeit. Ich habe nur einen Fünfziger bei mir.«
Er grinste noch breiter. »Schlau, Rotschopf, aber Sie verschwenden Ihre Zeit. Ich weiß, wer Sie sind, klare Sache. Sie und Ihre Freunde werden mich reich machen. Los – gehen wir.«
Mara rührte sich nicht. »Vielleicht können wir einen Handel machen«, schlug sie vor und spürte, wie ein Schweißtropfen zwischen ihren Schulterblättern nach unten lief. Die unbekümmerte Art des Mannes konnte sie nicht täuschen – wer oder was er auch war, er wußte genau, was er tat.
Auf ihrer Habenseite konnte sie den Blaster in ihrem Ärmel verbuchen; und sie ging jede Wette ein, daß ihr Entführer nicht ahnte, daß eine derart tödliche Waffe klein genug sein konnte, um sich dort verstecken zu lassen. Die Tatsache, daß er sie noch nicht durchsucht hatte, schien diese Annahme zu bestätigen.
Aber was immer sie auch tun würde, sie mußte es jetzt tun, während sie ihm gegenüberstand. Unglücklicherweise konnte sie den Blaster nicht ziehen, ohne mit der ersten Bewegung ihre Absicht zu verraten. Sie mußte ihn irgendwie ablenken.
»Ein Handel, hm?« fragte er leichthin. »Was für 'ne Art Handel schwebt Ihnen denn vor?«
»Was für eine Art Handel wollen Sie?« konterte Mara. Wenn in der Nähe ihrer Füße ein Karton gelegen hätte, wäre es ihr vielleicht möglich gewesen, ihn mit einem Tritt in sein Gesicht zu befördern. Aber obwohl die Straße in diesem Teil der Stadt von Abfall übersät war, lag nichts Passendes in ihrer Reichweite. Ihre Stiefeletten saßen wie angegossen und ließen sich unmöglich lockern, ohne daß er es bemerkte. Hastig ging sie die Liste der Dinge durch, die sie bei sich hatte oder am Leibe trug – nichts.
Aber zum intensiven Training des Imperators hatte nicht nur die Kommunikation über große Strecken hinweg gehört, die für seine Herrschaft am wichtigsten gewesen war, sondern auch die direkte Manipulation von Gegenständen durch die Macht. Diese Fähigkeiten waren im Augenblick seines Todes verschwunden und
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