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Großvater 02 - und die Schmuggler

Großvater 02 - und die Schmuggler

Titel: Großvater 02 - und die Schmuggler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Olov Enquist
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Letzte.
    Er lief wie ein aufgescheuchter Hase den längsten Weg, schaffte es jedoch im letzten Moment. Da lag Großvater schon in Deckung, mit dem Rucksack über dem Gesicht und etwas Nassem am Rücken, das er zuerst für Blut hielt, das sich aber rasch als ein kleiner Bach oder eher ein Rinnsal herausstellte.
    »Nehmt Pelle!«, rief er. »Ruft Pelle zu euch!«
    Aber Pelle hatte schon den richtigen Platz gefunden. Er war zu Marcus gestürzt und hatte sich in dessen Bauch gebohrt, hechelte mit weit heraushängender Zunge, lag aber reglos.
    Der Hubschrauber kam dröhnend in zwanzig Meter Höhe über den Bergkamm. Er war schwarzgrau, wie ein Raubvogel. Es stand nicht »Polizei« auf der Seite. Nichts stand da.
    Langsam stieg er in einer weichen Kurve aufwärts, mit Kurs nach Osten.
    Es dauerte vielleicht fünfundvierzig Sekunden, dann war er verschwunden. Niemand hatte sie gesehen.
    Gabriel war der Erste, der etwas sagte.
    »Kommt her und guckt mal!«, rief er mit seiner dünnen Stimme. »Hier ist jemand.«
    Mina stand auf, der Rucksack war ihr heruntergerutscht, aber alle Riemen waren noch dran, und sie selbst war schmutzig im Gesicht, weil sie damit zuerst auf der Erde gelandet war. Man konnte ihr ansehen, dass sie es nicht spaßig fand.
    »Kommt her!«, hörten sie Gabriel. »Hilfe!«
    »Was hast du denn?«, sagte Mina beinahe schluchzend. »Du machst mich noch verrückt.«
    »Ich hab mich auf eine Schlange gesetzt«, sagte Gabriel.
    Es folgte ein Augenblick verblüfften Schweigens. Dann liefen sie zu ihm hin.
    Es bestand gar kein Zweifel daran, dass er sich auf eine Schlange gesetzt hatte. Sie war ganz schwarz und sicher eineinhalb Meter lang, und jetzt lag sie zusammengerollt da, hob den Kopf und blickte sich vorwurfsvoll um. Ihre Zunge züngelte in ihrem Maul. Sie betrachtete die drei Kinder, die in einem Kreis um sie herumstanden.
    »Du hast dich draufgesetzt? Was hat sie getan, gebissen?«
    »Nee, ich bin ja aufgestanden und da … Ich hab mich noch nie zuvor auf eine Schlange gesetzt, ich weiß nicht, was man da tut … Soll man sich entschuldigen?«
    »Eine Schlange«, sagte Großvater flüsternd; er war hinzugetreten, jetzt ohne Rucksack, aber sein ganzer Rücken war klatschnass, weil das kleine Rinnsal durch die Kleidung gedrungen war. »Eine Ringelnatter, da hast du Glück gehabt. Das ist die größte und schönste Ringelnatter, die ich je gesehen habe.«
    »Wieso zum Teufel setzt du dich auf eine Schlange«, sagte Marcus. »Das ist ja Tierquälerei! Du hättest sie verletzen können!«
    »Hör auf! Und lass das Fluchen!«, sagte Mina. Im selben Moment spürte sie, dass sie im Begriff war, in Tränen auszubrechen, dachte aber sofort daran, dass sie das nicht durfte, wegen der Gefährten, und da ermannte sie sich.
    Gabriel war der Einzige, der ganz ruhig wirkte. Er saß einen Meter von der schwarzen zusammengerollten Schlange entfernt und beobachtete sie gespannt, fast mit Liebe.
    »Wie sollen wir sie nennen?«, sagte er andächtig.
    Sie dachten alle eine Weile darüber nach. Schließlich sagte Gabriel selbst: »Pethrus«, sagte er. »Ich nenne sie Pethrus. Und es ist meine Schlange, weil ich sie zuerst gesehen habe und … und ich …«
    »Du hast dich draufgesetzt«, sagte Marcus ungnädig. »Ja, es ist deine.«
    Gabriel beobachtete die Schlange unverwandt. Dann lächelte er breit und befreit.
    »Es ist meine Schlange«, sagte er. »Und sie soll Pethrus heißen.«
    Sie legten eine Pause ein.
    Großvater erklärte Gabriel, dass er die Schlange nicht mitnehmen durfte, eine Schlange wie diese musste ihr Leben in Freiheit verbringen dürfen, und sie hatte ja freundlich und nicht feindlich reagiert, als Gabriel sich mit seinem breiten Hintern , wie Marcus es ausdrückte, auf das friedliebende Wesen gesetzt hatte . Jetzt mussten sie selbst guten Willen zeigen; Pethrus sollte etwas von dem Reserveproviant bekommen, den sie mitgenommen hatten, und deshalb legten sie ein halbes Daim und ein bisschen von Pelles Trockenfutter auf einen kleinen Haufen. Die Schlange Pethrus lag reglos da, hatte die Zunge eingezogen und schien das Friedensangebot zu akzeptieren. Sie wirkte jetzt ganz cool.
    Erst da fiel ihnen der Hubschrauber wieder ein. Was war eigentlich geschehen?
    »Ich erkläre es später« , hatte Großvater gesagt, »wenn ich es kann.«
    Aber ganz im Innersten wollte er lieber nicht erklären, warum es so notwendig gewesen war, in Deckung zu gehen und von den unbekannten Männern im Hubschrauber nicht gesehen zu

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