Grün. Le vert de la Provence
aber den
Widerstandswillen und die Effizienz der Aktionen nicht geschmälert.“
Vidal nickte eine Zeitlang schweigend mit dem Kopf,
fragte aber nicht mehr weiter, obwohl es ihn brennend interessierte, ob Paul
Baumann an diesen Konfrontationen auf deutscher Seite beteiligt gewesen war.
Zunächst galt es, Alain und Pauline zu finden und jede
weitere Gewalttat zu verhindern. Er gab Valerie Baumann und Anselm Bernhard zu
verstehen, dass sie ihm folgen sollten, und ging in die angrenzende Küche.
Gauthier dirigierte die beiden hinterher. Es duftete nach Gebratenem und
würzigen Saucen. Dazwischen verbreitete sich die Geruchsspur eines
Reinigungsmittels. Eine Frau wusch das Kochgeschirr vom Mittagsgeschäft. Vidal
bat sie, für einen Moment aus dem Raum zu gehen. Die Frau sah ihn irritiert an,
ging aber sofort.
„Der tote Rottweiler hat sie gerettet! Wir haben die
Bilder von Ihnen auf der Website des Goethe-Instituts entdeckt, sie können das
Tier also nicht mit der Pistole getötet haben, mit der Melissa Lindner
erschossen wurde.“ Er registrierte für den Bruchteil einer Sekunde den Ausdruck
von Ungläubigkeit in Valerie Baumanns Gesicht, dann wirkte sie wieder
verschlossen und unberührt. „Widmen wir uns also zunächst der vordinglichsten
Aufgabe, der Suche nach Pauline Bouchet und Alain Tramier.“ Er sah auf die
Notizen der Vernehmungen vom Kloster. „Ihr Mann hatte in einem Nachbarort des
Klosters ein Appartement gemietet. Pauline Bouchet hat dort in der vergangenen
Woche gelebt. Es war spartanisch, aber ausreichend eingerichtet. Mit zwei
Schlafzimmern.“ Er betrachtete Valerie, konnte aber kein weiteres Aufblitzen
einer Emotion erkennen, sie wirkte aber müder als bei ihrer Ankunft. Anselm
Bernhard schien hingegen erstaunt zu sein und sah ihn fragend an. „Der
Mietvertrag lief auf seinen Namen. Das Appartement ist im Frühjahr angemietet
worden. Die Miete wird von einem Guthabenkonto bei der örtlichen Bank
abgebucht. Es wurden Unterlagen und Kleidung in dem Appartement gefunden, die
auf den toten Monsieur Baumann schließen lassen. Das ist jetzt alles auf dem
Weg nach Avignon.“ Wieder sah er Valerie Baumann an. „Ihr Mann schien dieses
Appartement häufig genutzt zu haben, überwiegend wohl als eine Art Büro. Es gab
mehrere Aktenordner mit der Aufschrift ,Stiftung‘.“
Jetzt blickte auch Valerie fragend zurück. „Dafür habe
ich keine Erklärung, Monsieur le Commissaire. Mein Mann hat sich schon etwas
seltsam verhalten in den letzten Monaten, aber das, was sie mir jetzt grade
erzählen, ergibt für mich keinen Sinn. Ich bin ratlos!“
Vidal sah zu Anselm Bernhard hinüber, der stumm die
Augenbrauen hochzog und verneinend den Kopf schüttelte.
War das gespielte Ratlosigkeit? Vidal wartete noch einen
Moment auf mögliche Hinweise. „Haben Sie eine Vermutung, mit wem Pauline und
Alain derzeit unterwegs sein könnten?“, wechselte er das Thema. „Die beiden
haben sich mit dem Motorrad über einen Wiesenpfad bis zu der Brücke
geschlichen. Das ist kein offizieller Weg. Es scheint, dass sie die Hauptstraße
meiden wollten. Das Motorrad haben sie dann an der Brücke zurückgelassen,
weswegen wir vermuten, dass dort jemand auf sie gewartet hat. Ein Zeuge hat
einen grauen Renault Clio beobachtet, der zu einer Wiese oberhalb der Brücke
auf der anderen Seite des Bachlaufs gefahren ist. Der Zeuge konnte aber keine
genaue Aussage über den Fahrer machen.“
„Mir ist auch ein grauer Clio aufgefallen“, sagte
Valerie. Sie sah Anselm an. „Der hat letzte Woche auf der Straße vor der Einfahrt
zu unserem Haus gestanden. Der Mann hat Fotos gemacht, ich dachte, der sei von
der Presse gewesen.“
„Können sie ihn beschreiben?“
Valerie schüttelte energisch den Kopf. „Nein, er hatte
die Kamera vor dem Gesicht, und, soweit ich mich erinnere, eine Sonnenbrille
auf.“
„Haarfarbe?“
Sie starrte einen Moment ins Leere, schloss dann die
Augen und sah schließlich zunächst Vidal und dann wieder Anselm an. „Keine
Haarfarbe!“, sagte sie. „Er hat eine Baseballkappe getragen. Aber du hast ihn
doch auch gesehen. An dem Tag, als du bei Alain warst.“
„Es hat mich einer mit einem grauen Clio eine ganze
Strecke über das Plateau verfolgt. Und als ich Mittwoch in Prades war, parkte
ein grauer Clio nur wenige Fahrzeuge von mir entfernt. Aber ob das der gleiche
Mann war, der die Bastide fotografiert hat, weiß ich natürlich nicht.“
„Und Sie, konnten Sie erkennen, wie der Mann ausgesehen
hat?
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