Grün. Le vert de la Provence
nachdem
sie es bis zum BMW als Firmenwagen gebracht haben, Zeit finden, um eine Perle
fürs Zusammenleben zu suchen. Nein, danke.“
Ein Wutausbruch. Und so, wie er kam, ganz typisch für
Julie. Vidal grinste. Er mochte diese Ausbrüche an ihr. Tatsächlich hatte er
dies vermisst. „Lass uns über die Qualität von BMW-Fahrern beim Essen reden.
Ich hole dich in zehn Minuten ab. D’accord?“
Julie schwieg einen Augenblick. „Ich hab noch Hühnchen
und Salat im Kühlschrank. Und Bier. Wenn du Wein willst, bring welchen mit. Zum
Essen gehen hab ich keine Lust.“ Sie beendete das Gespräch ohne ein weiteres
Wort.
Donnerstag, 19. August
A Curious Herbal
Die Alte fixierte Anselm aus dem Halbdunkel des Raumes.
Er spürte dies mehr, als dass er es sehen konnte. Er hätte seine Position im
Türrahmen verlassen und weiter in das Haus treten können, wurde aber von einem
nachdrücklichen Widerwillen abgehalten. Ein säuerlicher Geruch schlug ihm
entgegen und er konnte nicht ausmachen, ob dies nur von den herumlaufenden
Hühnern ausging. Das Haus schien sehr alt zu sein. Ursprünglich wohl eine Bergerie, eine feste Schäferhütte, die sichtbar über viele Generationen immer wieder um
einzelne Räume und Etagen erweitert worden war. Teilweise waren die grob
behauenen Felssteine sorgfältig gefügt und in den Zwischenräumen mit kleinen
flachen Steinen und Lehm verfugt worden, teilweise waren die Steine eher
lieblos gesetzt und massiv Mörtel verwendet worden. Das ganze Ensemble war
schmal und in sich verschoben an einen Hang gebaut. Trotz der zahlreichen
Erweiterungen waren die Dimensionen des Gebäudes sehr bescheiden. Anselm
vermutete, dass es insgesamt nicht mehr als vielleicht achtzig Quadratmeter
Fläche umfasste, von der die gesamte untere Ebene den Stallungen der Ziegen und
Hühner vorbehalten schien. Alain Tramier und die Alte wohnten offensichtlich
auf den beiden oberen Etagen, von der Anselm nur die Veranda unter einem weit ausladenden
Vordach, das auf morschen Stämmen ruhte, und den Raum wahrnehmen konnte, in dem
die Alte saß. Der Kamin an der Stirnseite, das Spülbecken, das als ein Solitär
an einer Wand thronte, der altertümliche Herd und der große Tisch in der Mitte
wiesen diesen Raum als Küche aus. Alles an diesem Gebäude wirkte
vernachlässigt, die maroden Fensterläden, von denen der Anstrich blätterte, der
Boden der Veranda aus brüchigem Zement, die überall abgestellten und dann
vergessenen landwirtschaftlichen Utensilien, die langsam verrosteten und
vermoderten.
Er fragte die Alte noch einmal nach Alain und wieder
antwortete sie in für ihn unverständlichen Lauten. Es klang von der
Sprachmelodie ähnlich dem Singsang des Provençal, das einige der
Markthändler in ihr Französisch hatten einfließen lassen, nur konnte er bei der
Alten absolut nichts aus ihren Antworten herausinterpretieren.
Er drehte sich um und ging einige Schritte vom Haus fort,
um sicher sein zu können, dass sie nicht aus dem Dunkel plötzlich an ihn
herantreten würde. Der Hof und die Umgebung entsprachen der Beschreibung, die
Valerie ihm gegeben hatte. Sie hatte auch die Alte erwähnt, ohne sie näher zu
spezifizieren. Es sei einsam dort, hatte Valerie gesagt. Für Anselm war diese
Aussage deutlich untertrieben. Der Hof war durch keinen Kabelstrang mit dem
Rest der Welt verbunden. Offensichtlich gab es hier weder Strom noch Telefon.
Die letzten Kilometer war er über Sand- und Schotterpisten durch niedriges
Strauchwerk aus Ginster und Wacholderbüschen gefahren, ohne irgendwo ein
Lebenszeichen auszumachen. Die Ruine eines in vergangenen Zeiten großzügigen
Hofes mit mehreren verfallenen Scheunen und eine rostende Lavendeldestillerie
hatten den Weg gesäumt. Dazwischen lag mageres, immer wieder von hellen
Kalkfelsen unterbrochenes Brachland, gesäumt von niedrigen Hainen ausgedünnter
Eichen und windgebeugter Pinien.
Die Straße hatte von Baumanns Haus zunächst nach Norden
und dann nach einer scharfen Kehre fast schnurgerade wieder in südliche
Richtung beständig bergan geführt, bis sich in einer markanten Schleife der
Blick auf das weite eintönige Gelände des Plateaus und das dahinter
aufsteigende Bergmassiv eröffnete. Das Massiv war kaum auszumachen in dem
dünnen Staubschleier, der sich in der Luft ausgebreitet hatte und seit Wochen
von keinem Tropfen Regen herausgewaschen worden war. Das gesamte Plateau wirkte
schroff, abweisend und nur spärlich bevölkert. Ein weitläufiges, mageres
Agrarland, aus
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