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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Sakapathian die Nachhut. Ich bin hoffnungsfroh. Weniger für die Katze – seien wir ehrlich: wenn Petunia das Tier seit mehr als dreißig Sekunden in den Fängen hat, ist es futsch –, sondern für meinen Fuchs und für Patagonien und die leeren Pampas da unten, die Mac und ich eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft wieder bevölkern werden. (Übrigens bin ich nicht verantwortlich für die schwachsinnigen Namen der Tiere hier – sie verdienten ein wenig mehr Würde, finde ich. Nein, daran ist Mac schuld. Er fand es eben nett – »absolut und phantastisch schräg« –, sie alle nach Blumen zu benennen. Einer der Löwen heißt, zu meiner ewigen Schande, Dandelion: »Löwenzahn«.)
    Als wir ankommen – den Hang hinauf, durch die Klauen der kaputten Bäume, durch wahnwitzige Wucherungen invasiver Pflanzen, und hinein in den ständig überschwemmten Keller von Gebäude B, dem »Sunshine House«, wie die Tafel auf der Vorderfront es bezeichnet –, erwartet uns ein Grüppchen von Apartmentbewohnern gespannt vor einer angeschimmelten Sperrholztür, auf der in verblassenden grünen Buchstaben WASCHKÜCHE steht. Es sind ein paar Kids dabei, mit so schmalen, ausdruckslosen Gesichtern, daß sie ebensogut auf die Haut aufgemalt sein könnten, und mehrere barfüßige Frauen, die tapfer im knöcheltiefen friedhofserdefarbenen Sickerwasser stehen. Keiner sagt was. Aber alle treten zurück, als ich an ihnen vorbeiplansche und den Elektroschocker schwenke. »Spann das Netz auf, Chuy«, sage ich und bin zu neunzig Prozent sicher, daß ich mindestens einmal gebissen werde, aber hoffentlich nicht bis auf den Knochen, und Andrea – meine Andrea, seit neustem wieder bei mir und gleich so unwahrscheinlich ehefraulich – flüstert: »Sei vorsichtig, Ty.«
    Natürlich haben wir es hier mit einem Fuchs zu tun. Es ist vielleicht kein normaler Fuchs – eher von der Größe eines Wolfs –, aber eben doch nur ein Fuchs. Es ist nicht so, daß einer der Löwen ausgerissen wäre. Oder Lily, die mir die Wirbelsäule zermalmen und mit einem einzigen Biß die Gedärme herausfetzen kann. Trotzdem, man weiß nie, was passieren wird. »Petunia«, flöte ich mit meiner süßesten Komm-ich-hab-einen-Hühnerrücken-für-dich-Stimme, dabei schiebe ich behutsam mit dem Schocker die Tür auf, und dann sind wir in dem Raum: Waschmaschinen, Trockner, ein paar Spülbecken, und irgend jemandes Socken und BHs hängen aus einem Wäschekorb auf den (sehr nassen) Fußboden.
    Nichts. Wasser tröpfelt, billige Neonröhren flackern, das unausweichliche Pfeifen des Sturms draußen. Und dann ertönt hinter dem Becken zu meiner Rechten das Geräusch einer Kettensäge – falls eine Kettensäge Zunge, Gaumen und Lippen hätte, um ihr eigenes Geräusch abzudämpfen: RRRRRrrrrrrrrrrr!
    Chuy, so muß ich hier einfügen, ist ein Meister im Aussprechen von Selbstverständlichkeiten, und er gibt genau in diesem kritischen Moment eine Probe seines Könnens: » Yo pienso , sie ist da unter dem Waschbecken, Mr. Ty, das denk ich mir, verdad ?«
    Verdad . Zwei glühende Augen, die rötlichen Läufe, das Kratzen der Krallen, die sich in das wellige Linoleum graben, und wieso geht mir dabei eigentlich die Titelmelodie von Frei geboren durch den Kopf wie geistiger Durchfall? Natürlich hat sie den schlaffen Kadaver einer weißen Siamkatze (Lilac Point) im Maul, und das ist gut, denke ich mir, weil sie nicht gleichzeitig kauen und zubeißen kann, oder? »Also gut, Chuy«, höre ich mich sagen, und obwohl es weder meinem Knie noch meinem Rücken paßt, bücke ich mich und schiebe dem Vieh den Stock ins Gesicht, nur den Elektroschock will ich bei der Nässe nicht einsetzen, um ihr keinen tödlichen Stromschlag zu versetzen und mir womöglich auch. Keine Angst. Ich brauche die Füchsin nur zu berühren, schon schießt sie unter dem Becken hervor wie ein Marschflugkörper und perforiert meinen Unterarm mit ihren Fängen und den schmalen Schneidezähnen dazwischen, und ich falle auf meinen Hintern ins Wasser, in dem jetzt die tote Katze treibt, während Chuy mit dem Netz kämpft und Andrea herbeiwatet, um Petunia an den Ohren zu packen. Was ihr auch gelingt. Und das ist ein guter Schachzug, aus meiner Sicht jedenfalls. Ein hervorragender Zug. Weil nämlich die in die Enge getriebene Petunia meinen Arm für genau jene Viertelsekunde losläßt, in der Chuy das Drahtnetz um ihr gefährlichstes Körperteil schlingen kann, und danach ist alles erledigt.
    »Ty«, sagt Andrea.
    »Andrea«,

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