Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde
Zusammenhang mit Manuelas Verschwinden stehen, natürlich.«
Ich merkte, dass ich ungehalten geantwortet hatte, mit einem Ton, der ein wenig verärgert klang; etwa wie ein Polizist, von dem jemand – ein Staatsanwalt, ein Verteidiger oder ein Richter – wissen will, wie sein Informant heißt. So etwas fragt man nicht. Caterina sah mich mit einem Gesichtsausdruck an, in dem Verwunderung und Kränkung lagen.
»Warum bist du sauer?«
»Ich bin nicht sauer. Es ist nur so, dass es keinen Grund gibt, warum du die Namen von Berufsverbrechern kennen solltest. Noch dazu bin ich Anwalt und kann mich immer auf das Anwaltsgeheimnis berufen, aber du kannst das nicht.«
»Was bedeutet das?«
»Das bedeutet, dass ich im hypothetischen Fall einer Vernehmung durch die Polizei, die Carabinieri oder die Staatsanwaltschaft die Aussage verweigern und mich auf das Anwaltsgeheimnis berufen könnte. Du hingegen müsstest eine Aussage machen, die Wahrheit sagen und alles auspacken, was du über vermeintliche Straftaten und ihre Urheber weißt. Glaub mir, je weniger du weißt, desto besser für dich.«
Ich machte eine kurze Pause und sagte abschließend: »Es tut mir leid, dass ich so ungehalten war.«
Sie schien etwas erwidern zu wollen, zuckte dann aber nur die Achseln.
Kurz darauf setzten wir zur Landung in Rom an.
Wir standen ziemlich lang in der Taxischlange, und Caterina redete wieder mehr, nachdem sie lange Zeit nichts gesagt hatte, vermutlich um mir zu zeigen, dass sie beleidigt war. Wenn sie damit bezwecken wollte, dass ich mich schuldig fühlte wegen dem, was ich im Flugzeug gesagt hatte, dann gelang ihr das hervorragend.
Im Taxi lagen diesmal keine Bücher. Stattdessen jede Menge Aufkleber mit geflügelten Äxten und dem Profil des Duce. Der Taxifahrer war ein junger Typ mit Spitzbart, rasiertem Schädel, einem Adlertattoo am Hals und einer hängenden Unterlippe. Ich hatte große Lust, ihm mit der Faust ins Gesicht zu schlagen, um seine dumme, arrogante Miene zu zerstören.
Ich erzählte Caterina von dem Taxifahrer, dem ich letztes Mal begegnet war, und schilderte ihr seine Geschichte, die ich wunderschön fand. Sie schien nicht besonders beeindruckt.
»Ich lese nicht sehr gern. Ich finde nur selten Bücher, die mir wirklich gefallen.«
»Hast du denn in letzter Zeit etwas gefunden, was dich begeistert hat?«
»In letzter Zeit nicht.«
Ich wollte sie schon fragen, welches Buch sie zuletzt gelesen hatte, auch vor längerer Zeit. Aber dann dachte ich, dass die Antwort mich vermutlich enttäuschen würde, und ich ließ das Thema fallen.
»Was tust du denn in deiner Freizeit?«
»Ich höre leidenschaftlich gern Musik. Auf jede erdenkliche Weise, am meisten im Internet. Außerdem gehe ich gern zu Konzerten und ins Kino. Ein bisschen Fitness-Studio und meine Freunde und … ach, das Wichtigste hätte ich beinahe vergessen: Ich koche sehr gern. Ich bin eine gute Köchin, ich werde es dir beweisen. Beim Kochen kann ich mich wunderbar entspannen. Das Beste ist, wenn dann noch jemand anderes die Küche aufräumt. Aber ich habe dich noch gar nichts über dich gefragt. Bist du verheiratet, verlobt, hast du eine Freundin?«
»Ich könnte doch auch schwul sein und einen Mann zum Verlobten oder Freund haben.«
»Ausgeschlossen.«
»Was gibt dir diese Gewissheit?«
»Die Art und Weise, wie du mich ansiehst.«
Das kam wie eine saftige Ohrfeige, eine von denen, die so schnell sind, dass du sie gar nicht kommen siehst. Ich musste schlucken, während ich nach einer schlagfertigen Antwort suchte. Natürlich fand ich keine, und deshalb tat ich, als sei nichts gewesen.
»Nein, ich bin nicht verheiratet. Ich war verheiratet, aber das ist schon seit ein paar Jahren vorbei. Seit einiger Zeit habe ich auch keine Freundin mehr.«
»Was für eine Verschwendung! Kinder hast du auch keine, oder?«
»Nein.«
»Dann machen wir es so: An einem der nächsten Abende, wenn wir wieder in Bari sind, lädst du mich zum Abendessen zu dir nach Hause ein. Du kaufst ein – ich sage dir, was, aber den Wein suchst du aus –, ich koche, aber du räumst auf. Ist das ein Angebot?«
Ich willigte ein, die Sache war beschlossen. Sie schien zufrieden, steckte sich wieder die Kopfhörerstöpsel in die Ohren und hörte der Musik zu.
28
D as Hotel war sehr viel schöner als das, in dem ich seit vielen Jahren abstieg, wenn ich geschäftlich in Rom zu tun hatte und dort übernachten musste.
Wir beschlossen, uns umzuziehen und dann in der Umgebung etwas
Weitere Kostenlose Bücher