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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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einer eifrigen Diskussion über die Stellung des Königs gekommen. Einer der anwesenden Minister war Jurist und wies daraufhin, daß es nach dem Grundgesetz der König sei, der Minister ernenne. Schließlich hatte man sich darauf geeinigt, den König zu behalten, Minister jedoch selbst zu ernennen.
    Insoweit war alles einfach und zum Teil sogar komisch. Es war auch leicht zu verstehen, daß diese Männer, die jetzt sämtlich tot waren, es recht problemlos fanden, mit Großdeutschland zusammenzuarbeiten, und das selbst unter Formen, die man nach dem damals geltenden schwedischen Recht zufällig Verrat oder gar Hochverrat nannte.
    Die »Wikinger«, die Geheimorganisation hinter der Fassade »Gesellschaft für kulturelle und gesellschaftliche Aufklärung«, wurde also auf leicht zu begreifende Weise eine Spionageorganisation im Wartestand, auf die nach dem Endsieg größere Aufgaben zukamen.
    Führungsoffizier der Organisation war ein deutscher Konsulatsbeamter namens Walter Rothe. Dieser Rothe trat auch bei öffentlichen Propagandavorstellungen der »Gesellschaft« mit der Vorführung deutscher Filme und anderem auf. Das war eine veraltete Arbeitstechnik. So würde heute niemand mehr vorgehen.
    Folglich war das organisatorische Leben der Spionageorganisation recht kurz, und von der Gründung am 26. Juni 1940 in der Wohnung des künftigen Führers hatte die Gruppe eigentlich nur bis zum 1. November desselben Jahres Zeit, Schaden anzurichten.
    Joar grübelte darüber nach, weshalb anschließend einige offenkundige Fehler gemacht worden waren. Wenn die Personen, die zu einer Propagandaorganisation gehören, gleichzeitig Spione sind, zieht man die Aufmerksamkeit der ganzen verfügbaren Sicherheitspolizei auf sich, womit außer dieser niemandem sonderlich gedient sein kann.
    Doch es war eine andere Zeit gewesen. Das mußte sich Joar immer wieder sagen. Der mehrjährige und vermutlich sehr gediegene Grundkurs über Verhaltensweisen bei Spionage und Sicherheitsdienst, den man ihm in San Diego eingehämmert hatte, baute natürlich überwiegend auf guten und schlechten Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg auf. Vielleicht war die Gründung einer Tarnorganisation - der »Gesellschaft« -, die eine Spionageorganisation tarnen sollte - die »Wikinger« -, damals eine pfiffige Innovation, als sie im Juni 1940 in Göteborg aufgebaut wurde. Heute war das jedoch reine Steinzeit und amateurhaft.
    Joar hatte keine Beziehung zu dieser Zeit. Es fiel ihm leichter, sich als Rittmeister bei Poltawa oder als Musketier der Garde der Königin in Frankreich vorzustellen, als sich in die Zeit des Zweiten Weltkrieges zu versetzen.
    Würde er selbst, dieses oder jenes vorausgesetzt, jemals…? Nein, allein schon aus dem Grund nicht, weil die Nazis Leute wie ihn in die Vernichtungslager schickten. Nun, aber davon abgesehen, wenn er sich als Heterosexuellen vorstellte, als blonden Schweden mit einer Welle im Haar und weiten Hosen? Das Jahr ist 1940, er ist militärisch interessiert und wird zu den Küstenjägern eingezogen, falls es diese Art Kriegsführung damals in Schweden schon gab. Sagen wir als Wehrpflichtiger, als Unteroffizier auf einem Zerstörer?
    »Bismarck«, »Graf Spee«? Grandiose Schiffe. Unüberwindlich. Bewundert. Bis sie von den Engländern mit Hilfe verschiedener »hinterhältiger« Methoden versenkt wurden.
    Nein, es war ein unvorstellbarer Gedanke. Überdies sinnlos sowohl für ihn persönlich wie für die Arbeit.
    Also wieder zur Sache, zu der Tolpatschigkeit des Sicherheitsdienstes, als die militärische Verbindung auftauchte.
    Dezember 1940. Im Hafen von Göteborg liegt ein norwegisches Schiff, »Elisabeth Bakke«. Norwegen ist seit dem 9. April besetzt. Den Juden Norwegens wird die Flucht nach Schweden verweigert, da es nicht als Asylgrund gilt, auf die deutsche Besetzung zu verweisen. Schweden hat Quislings Regierung nicht anerkannt, sondern unterhält weiter diplomatische Beziehungen zu dem norwegischen König und dessen Regierung in London. Die geflohene norwegische Regierung hat es irgendwie geschafft, ihre Handelsmarine mitzunehmen.
    Jetzt soll die »Elisabeth Bakke« in See stechen und London oder zumindest England anlaufen. In der Nordsee wartet die deutsche Kriegsmarine, aber um diese Zeit kann man sich durch Dunkelheit oder Nebel wie mit Gottes Vorsehung schützen.
    16. Dezember. Der Kommandant des Zerstörers »Ehrensköld« ruft den Ersten Offizier zu sich, einen Oberleutnant zur See namens Rune Renhammar, der

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