Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis
brecht, werde ich Euch töten. Habt Ihr mich verstanden?“
Urfin schluckte. „Ja, Mylady.“
Dann rannte sie aus der Kammer und warf mit einem lauten Knall die Tür hinter sich zu. Gwyn und Urfin blieben noch einen Moment wie versteinert stehen. Schließlich atmete der Ritter erleichtert aus und schob anerkennend die Unterlippe vor.
„Sie wird eines Tages eine vortreffliche Königin sein. Und dann werdet Ihr nicht mehr viel zu lachen haben.“
„Ja“, murmelte Gwyn und ein Lächeln umspielte seinen Mund. „Das befürchte ich auch.“
Im Burghof hatten sich neben dem Hofmeister und den Rittern auch die meisten der Dorfbewohner versammelt, um Gwyn und Urfin zu verabschieden. Die Stimmung war gespannt, beinahe ängstlich.
„Einige Dinge noch, bevor wir aufbrechen. Zuallererst: In meiner Abwesenheit wird Katlyn die Regierungsgeschäfte übernehmen. Sollte ich nicht wieder zurückkehren, wird sie die Königin von Dinas Emrys sein.“
„Gwyn!“, rief sie, doch er hob nur die Hand.
„Ich habe mir deine Ansprache vorhin durchaus zu Herzen genommen“, fuhr er ernst fort. „Aber es wäre mehr als töricht, im Falle meines Todes die Nachfolge nicht geklärt zu haben.“
Er blickte nun zu den Rittern.
„Den Oberbefehl über die Armee übertrage ich Euch, Lancelot. Nehmt alle Männer, die sich freiwillig melden, und kommt mir nach. Wer weiß, vielleicht werden wir das Zünglein an der Waage sein, das die Schlacht im letzten Moment entscheidet.“ Lancelot verneigte sich. „Zu Befehl, Hoheit.“
„Der Tag ist nah, der über unsere Zukunft entscheidet“, rief Gwyn. „Licht oder Dunkelheit, vielleicht wird es auch an uns liegen, welche Seite am Ende siegt.“
Kein Jubel brach aus. Alle schauten betroffen zu ihrem jungen König empor, manch einer wischte sich sogar eine Träne aus dem Augenwinkel.
Gwyn lenkte sein Pferd zu Muriel, die neben Rowan stand, und beugte sich zu ihr hinab. „Ich werde wiederkommen“, flüsterte er ihr zu.
„Ich weiß“, antwortete sie ihm. „Bis jetzt hast du immer deine Versprechen gehalten.“
„In der Zwischenzeit passt Rowan auf dich auf.“
Rowan legte seinen Arm um Gwyns Schwester. „Viel Glück“, sagte er und drückte Gwyns Hand.
„Wir können“, rief Gwyn Urfin zu. Der Ritter schnalzte mit der Zunge und sein Pferd setzte sich kraftvoll in Bewegung. Als sie schließlich durch das Burgtor ritten, fielen sie in einen schnellen Galopp. Keiner von ihnen drehte sich noch einmal um.
Sie ritten am Tag und, wenn es der Mondschein zuließ, auch in der Nacht. Nur selten legten sie eine Rast ein. Sie verzichteten darauf, abwechselnd Wache zu halten. Es war wichtiger, bei Kräften zu bleiben. Ohnehin war das Risiko entdeckt zu werden überaus gering. Jenseits des Severn war das Land so gut wie ausgestorben. Ihnen bot sich ein Bild, das Gwyn schon von Cornwall her nur zu vertraut war: Die meisten Höfe waren niedergebrannt und geplündert worden. Manche der Bauern, die Mordreds Beutezug überlebt hatten, waren wieder auf die Felder zurückgekehrt, um wenigstens die Ernte zu retten. Sie ahnten nicht, dass Mordreds Leute sie wahrscheinlich noch einmal heimsuchen würden.
Je weiter Gwyn und Urfin nach Süden vordrangen, desto spürbarer wurden die Anzeichen für einen bevorstehenden Krieg.
Gut bewaffnete Krieger zogen in disziplinierter Marschordnung Richtung Cadbury. Mordred schien seine Männer zusammenzuziehen. Wenn das jedoch schon so weit im Hinterland geschah, musste seine Streitmacht gewaltig sein. Sie konnten nur hoffen, dass die Belagerung Camelots noch nicht begonnen hatte, denn dann würde es fast unmöglich sein, sich in die Burg zu schleichen.
Es war der Abend, bevor sie Arturs Festung erreichten. Sie hatten unter einer Eiche nahe bei einem Bach Lager bezogen. Gwyn löste den Sattel von Pegasus’ Rücken und ließ ihn auf den Boden fallen, um anschließend das Fell des Tieres zu striegeln.
„Wie sieht es eigentlich aus, Gwyn? Hat sich dein Schachspiel in den letzten Monaten verbessert? Oder bist du noch immer so ungestüm, dass du nur an den Angriff und nicht an die Verteidigung denkst?“, fragte Urfin. Er war wieder auf das alte Du verfallen und sah zu Gwyn herüber, der ihn anstarrte, als hätte der Ritter den Verstand verloren.
„Ihr wollt allen Ernstes mit mir eine Partie spielen?“ Gwyn breitete seine Decke aus, um wenigstens für einige Stunden Schlaf zu finden. „Seid mir nicht böse, aber ich habe leider das Brett und die Figuren
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