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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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mal dies, mal das.»
    «Sie wissen nicht, wie er heißt?»
    «Nein, Sir.»
    «Sie haben ihn Harry genannt.»
    «Ich? Nie im Leben.»
    «Ich hab gehört, wie Sie Harry riefen.»
    Kapitän Willie Adams sah den Mann, der mit ihm sprach, scharf an. Er sah ein sehr rotes Gesicht mit hohen Backenknochen, dünnen Lippen, tiefliegenden grauen Augen und einem hochmütigen Mund, das ihn unter einem weißen Leinenhut anblickte.
    «Da muß ich ihn aus Versehen so genannt haben», sagte Kapitän Willie.
    «Man kann sehen, daß der Mann verwundet ist, Doktor», sagte der andere Mann und reichte seinem Gefährten den Feldstecher.
    «Das kann ich ohne Glas sehen», sagte der Mann, der mit «Doktor» angeredet wurde. «Wer ist der Mann da?»
    «Das weiß ich wirklich nicht», sagte Kapitän Willie.
    «Na, Sie werden’s erfahren», sagte der Mann mit dem hochmütigen Mund. «Notieren Sie die Nummer am Bug.»
    «Ich hab Sie, Doktor.»
    «Wir werden rüberfahren und uns die Sache ansehen», sagte der Doktor.
    «Sind Sie ein Doktor?» fragte Kapitän Willie.
    «Nicht der Medizin», erwiderte ihm der grauäugige Mann.
    «Wenn Sie kein Doktor der Medizin sind, würde ich an Ihrer Stelle nicht da rüber fahren.»
    «Warum nicht?»
    «Wenn er uns wollte, hätte er uns herangewinkt. Wenn er uns nicht will, geht uns die Sache nichts an. Hier unten sucht jeder, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.»
    «Schön. Wie wär’s, wenn Sie sich dann um Ihre kümmerten? Fahren Sie zu dem Boot hinüber.»
    Kapitän Willie fuhr unbeirrt weiter den Kanal hinauf; der zweizylindrige Palmer knatterte gleichmäßig.
    «Haben Sie nicht gehört?»
    «Doch, Sir.»
    «Warum tun Sie nicht, was ich Ihnen sage?»
    «Für wen halten Sie sich eigentlich, zum Teufel noch mal?» fragte Kapitän Willie.
    «Das steht nicht zur Diskussion. Tun Sie, was ich Ihnen sage.»
    «Für wen halten Sie sich eigentlich?»
    «Schön. Zu Ihrer Information: Ich bin heute einer von den drei einflußreichsten Männern in den Vereinigten Staaten.»
    «Was zum Teufel tun Sie denn da in Key West?»
    Der andere Mann beugte sich vor. «Dies ist Frederick Harrison», sagte er mit Nachdruck.
    «Den Namen hab ich nie gehört», sagte Kapitän Willie.
    «Na, das werden Sie noch», sagte Frederick Harrison. «Und zwar jeder hier in diesem stinkenden, fauligen Nest, und wenn kein Stein auf dem andern bleibt.»
    «Sie sind ja ein Liebling», sagte Kapitän Willie. «Wie sind Sie denn so einflußreich geworden?»
    «Er ist einer der bedeutendsten Männer in der Verwaltung», sagte der andere Mann.
    «Quark», sagte Kapitän Willie. «Wenn er all das ist, was tut er dann in Key West?»
    «Er ist nur zur Erholung hier», erklärte der Sekretär. «Er wird Generalgouverneur von…»
    «Genug, Willis», sagte Frederick Harrison. «Und jetzt werden Sie uns zu dem Boot hinüberfahren», sagte er lächelnd. Er verfügte über ein Lächeln, das für solche Anlässe reserviert war.
    «Nein, Sir.»
    «Hören Sie mal, Sie Trottel von einem Fischer, Sie. Ich werde Ihnen Ihr Leben zur Hölle machen.»
    «Jawohl», sagte Kapitän Willie.
    «Sie wissen nicht, wer ich bin.»
    «Das hat alles für mich nichts zu sagen», sagte Kapitän Willie.
    «Der Mann ist ein Spritschmuggler, nicht wahr?»
    «Was glauben Sie denn?»
    «Wahrscheinlich steht eine Belohnung auf seinem Kopf.»
    «Das bezweifle ich.»
    «Er ist ein Übertreter des Gesetzes.»
    «Er hat eine Familie, und er muß essen und sie ernähren. Wer zum Teufel ernährt Sie denn, wenn nicht die Leute, die hier in Key West für sechs und einen halben Dollar die Woche für die Regierung arbeiten?»
    «Er ist verwundet. Das heißt, daß er in Schwulitäten gewesen ist.»
    «Außer wenn er sich selbst zum Spaß angeschossen hat.»
    «Ihren Sarkasmus können Sie sich sparen. Sie fahren jetzt hinüber zu dem Boot, und wir werden den Mann da und das Boot in Gewahrsam bringen.»
    «Wohin?»
    «Nach Key West.»
    «Sind Sie Zollbeamter?»
    «Ich hab Ihnen gesagt, wer er ist», sagte der Sekretär.
    «Schön», sagte Kapitän Willie. Er drückte die Pinne scharf herüber und wendete und fuhr so dicht am Kanalufer entlang, daß der Propeller eine wirbelnde Wolke von Mergel aufwarf. Sie tuckerten den Kanal hinunter der Stelle zu, wo das andere Boot zwischen den Mangroven lag.
    «Haben Sie ein Gewehr an Bord?» fragte Frederick Harrison Kapitän Willie.
    «Nein, Sir.»
    Die beiden Männer in Flanellanzügen standen jetzt und beobachteten das Spritboot.
    «Das

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