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Haben oder Nichthaben

Haben oder Nichthaben

Titel: Haben oder Nichthaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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bezaubernden Miss Helen ist», sagte Laughton und stand auf.
    «Hallo, Laughton», sagte Gordon. «Haben Sie irgendwas von einem angesäuselten Professor hier in der Gegend gesehen?»
    «Der ist gerade weggegangen», sagte Freddy.
    «Willst du einen Wermut, Liebling?» fragte Richard Gordon seine Frau.
    «Wenn du einen trinkst», sagte sie. Dann begrüßte sie die beiden Laughtons. «Meinen bitte zu zwei Drittel französisch und ein Drittel italienisch, Freddy.»
    Sie saß auf einem hohen Hocker, hatte die Beine unter sich verstaut und sah auf die Straße hinaus. Freddy sah sie bewundernd an. Er fand, daß sie in diesem Winter die hübscheste Fremde in Key West war. Hübscher sogar als die berühmte, schöne Mrs. Bradley. Mrs. Bradley wurde ein bißchen dick. Das Mädchen hatte ein wunderschönes irisches Gesicht, dunkle Haare, die sich beinahe bis auf ihre Schultern ringelten, und eine glatte, reine Haut. Freddy sah auf ihre braune Hand, in der sie ihr Glas hielt.
    «Was macht die Arbeit?» fragte Laughton Richard Gordon.
    «Geht ganz gut voran», sagte Gordon. «Wie steht’s bei Ihnen?»
    «James will nicht arbeiten», sagte Mrs. Laughton. «Er trinkt die ganze Zeit.»
    «Sagen Sie mal, wer ist denn dieser Professor MacWalsey?» fragte Laughton.
    «Ach, der ist eine Art von Nationalökonomie-Professor, der sein Sabbatjahr oder so was hat. Er ist ein Freund von Helen.»
    «Mir gefällt er», sagte Helen Gordon.
    «Mir gefällt er auch», sagte Mrs. Laughton.
    «Mir gefiel er vor Ihnen», sagte Helen Gordon strahlend.
    «Na, Sie können ihn haben», sagte Mrs. Laughton. «Ihr braven kleinen Mädchen bekommt immer, was ihr wollt.»
    «Das macht uns so brav», sagte Helen Gordon.
    «Ich möchte noch einen Wermut», sagte Richard Gordon. «Und Sie?» fragte er die Laughtons.
    «Warum nicht?» sagte Laughton. «Sagen Sie mal, gehen Sie auf die große Gesellschaft, die die Bradleys morgen schmeißen?»
    «Natürlich geht er», sagte Helen Gordon.
    «Wissen Sie, sie gefällt mir», sagte Richard Gordon. «Sie interessiert mich sowohl als Frau wie als soziales Phänomen.»
    «Herrje», sagte Mrs. Laughton. «Sie können ja so gebildet reden wie der Professor.»
    «Brüste dich nicht mit deiner Unbildung», sagte Laughton.
    «Geht man eigentlich mit einem sozialen Phänomen ins Bett?» fragte Helen Gordon und sah zur Tür hinaus.
    «Red keinen Stuß», sagte Richard Gordon.
    «Ich möchte nur wissen, ob das zu den Hausaufgaben eines Schriftstellers gehört», sagte Helen.
    «Ein Schriftsteller muß über alles Bescheid wissen», sagte Richard Gordon. «Er kann seine Lebenserfahrungen nicht beschränken, um sich den bürgerlichen Normen anzupassen.»
    «So», sagte Helen Gordon. «Und was macht die Frau eines Schriftstellers?»
    «Allerhand, sollte ich meinen», sagte Mrs. Laughton. «Hören Sie mal, Sie hätten den Mann sehen sollen, der gerade hier war und mich und James beschimpft hat. Der war fabelhaft.»
    «Ich hätte ihm eine runterhauen sollen», sagte Laughton.
    «Der war wirklich fabelhaft», sagte Mrs. Laughton.
    «Ich gehe nach Hause», sagte Helen Gordon. «Kommst du mit, Dick?»
    «Ich wollte eigentlich noch ein bißchen unten in der Stadt bleiben», sagte Richard Gordon.
    «So», sagte Helen Gordon und blickte in den Spiegel hinter Freddys Kopf.
    «Ja», sagte Richard Gordon.
    Freddy blickte sie an und dachte, daß sie gleich los weinen würde. Er hoffte, daß es nicht im Lokal passieren würde.
    «Willst du nicht noch was trinken?» fragte Richard Gordon sie.
    «Nein!» Sie schüttelte den Kopf.
    «Sagen Sie mal, was ist denn mit Ihnen los?» fragte Mrs. Laughton. «Amüsieren Sie sich denn nicht?»
    «Ach himmlisch», sagte Helen Gordon. «Aber ich gehe trotzdem lieber nach Hause.»
    «Ich werde früh zurück sein», sagte Richard Gordon.
    «Wie du willst», sagte sie zu ihm. Sie ging hinaus. Sie hatte nicht geweint. Sie hatte auch John Mac Walsey nicht gefunden.

8
    Harry Morgan war unten am Hafen gegenüber von der Stelle, wo das Boot lag, vorgefahren, hatte sich umgesehen, ob auch niemand in der Nähe war, hatte den Vordersitz seines Autos hochgeklappt und das flache, ölgetränkte Futteral aus Segeltuch herausgehoben und es ins Cockpit der Barkasse hinuntergleiten lassen.
    Dann ging er selbst an Bord, öffnete die Motorenluke und legte das Gewehrfutteral nach unten, außer Sicht. Er öffnete die Benzinventile und ließ beide Motoren an. Der Steuerbordmotor lief nach ein paar Minuten glatt, aber der

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