Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt
die Fahne tragen.
» Siehste, Vater«, hab’ ich gesagt.
Großhändler, 1922
Ich bin Jahrgang 1922, mein Bruder war in der SA , der kam blutüberströmt nach Hause, da war man also vorbelastet. Von zu Hause so erzogen. In meinem Elternhaus waren die Nationalsozialisten schon da, bevor Hitler an die Macht kam.
Auf dem Reichsparteitag, im Vorbeifahren hab’ ich ihn gesehen. Das war sehr eindrucksvoll. Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Mich ärgert heute noch, wenn ich irgendeine abwertende Geschichte über Hitler lese. Das ärgert mich trotz der klaren Erkenntnis, daß das alles Wahnsinn war.
Hitler, das war die überragende Figur und das Erlebnis. Da schlug einem das Herz höher.
Landwirt, 1911
Ich habe Hitler mehrere Male gesehen. In Bremen und auch in Nürnberg auf dem Reichsparteitag. Den konnt’ man ja sehen. Wenn man es so nimmt, er hat ja das Beste wollen. Er war in seiner Weise ein gläubiger Mensch. Er hat nur einen Fehler gemacht: Er hat einen Krieg angefangen und verloren. Sonst hätte er ja ganz anders dagestanden.
In Bremen ging er ganz dicht an mir vorüber, zwei Meter vielleicht. Er hatte einen sehr beherrschenden Gang und ein sehr sicheres Auftreten. Er konnte ja auch die Menschen mitreißen. Gewiß, ich war jung, aber von seinen Reden gingetwas aus… Wenn er meinetwegen gesagt hätte zu den Juden: Also schön, ihr dürft keine Beamten werden und die und die Berufe nicht ergreifen, dann hätte ihm niemand einen Vorwurf machen können. Aber er wollte das Ganze, er wollte immer den ganzen Menschen, das war sein Fehler. Die Juden und die Kirche, das hätte er nicht machen sollen.
Produktionschef, 1923
1935.– Mein Vater kommt nach Haus und erzählt meiner Mutter beim Abendbrot, er habe vor der Bank gestanden, und da war ein SA -Mann vorbeigegangen mit den klassischen Worten: » Geh gefälligst rein, du Saujude!«
Mein Vater war Reserveoffizier, hatte beide Eisernen Kreuze, und nie, nie war ein Jude in unserer Familie gewesen. Aber eine große Nase hatte er und schwarzes Haar.
Ich fragte: » Was hast du denn gemacht?«
Ich dachte, er hätte den Mann zusammengeschlagen.
» Ich bin reingegangen.«
Mir brach eine Welt zusammen.
Lehrer, 1930
Ja, Hitler habe ich gesehen. Ich war sieben, acht Jahre, das war in Bremerhaven. Er kommt vom Schiff, steigt in den Zug, läßt ein Fenster herunter und grüßt. Alles war totenstill, bis einer so einen hysterischen Schrei losläßt, und da machten dann alle mit.
Er stand da so, wie man ihn auf Fotografien sieht.
Techniker, 1921
Wir waren auf seinen Besuch vorbereitet; wir mußten beeindruckt sein. Das war anno 35. Der hat eine echte Schau da abgezogen. Das war wirklich auch, was man heute darunter versteht. Man kann ja einen Menschen entsprechend herausbringen. Nachdem ich Abstand dazu gewonnen hab’, möcht’ ich sagen, das war eine Schau. Als Jungen bei der HJ waren wir ja eh darauf vorbereitet gewesen. Er ist vorbeigefahren, und wir durften ihm die Hand schütteln. Damals waren wir ergriffen.
Physiker, 1928
Ich hab’ nur noch in Erinnerung, daß da Gulaschkanonen aufgefahren waren, Tausende von Leuten wurden da abgespeist, und sie harrten des großen Moments, und der ging in zwei Minuten vorbei, und sie riefen Ah! und Oh!
Auf mich, der ich damals ein Junge von sechs Jahren war, hat das Auto einen viel größeren Eindruck gemacht, diese Kompressorröhren, das war für mich der Witz. Nur das Technische hat mich interessiert.
Kunstmaler, 1926
Wir mußten auf grauem Zeichenpapier zeichnen, das wurde ausgeteilt. Politischer Unterricht war das, in der zweiten Klasse. » Was verdanken wir dem Führer?«– Das muß wohl erläutert worden sein, denn ich weiß noch, daß ich immer Geld zeichnete, so aufeinandergestapelte Münzen und da hinten Fabrikschornsteine und im Vordergrund einen Pflug, den ich aber nicht konnte, und dann so ein Schriftband: » Das verdanken wir unserm Führer!« Und Hakenkreuz vor aufgehender Sonne.
Das hatten wir einmal in der Woche. Leider sind die Zeichnungen alle verlorengegangen.
Dozentin, 1907
» Tag der Deutschen Kunst« in München. Wann?
Der Tag der Kunst war gekommen. Wollen doch mal sehen, was da an » gearteter« Kunst geboten wurde, hatten wir doch überall von den Ausstellungen » Entartete Kunst« gehört, aber wenig Aufschlußreiches darüber gelesen, nur Schmäh und Schmutz; und das über die von uns verehrten Künstler von weltweiter Berühmtheit.
Ich fuhr nach München in meinem
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