Hackenholt 06 - Reichskleinodien
präpariert wurde, fuhren die beiden bayerischen Kriminaler in ein Hotel, in dem sie sich mit dem verdeckten Ermittler trafen. Auch ihm erklärten sie die mit den SEK -Beamten abgesprochene Einsatztaktik.
Das erste Treffen am Vormittag stellte sowieso kein Problem dar. Wie sehr der verdeckt arbeitende Einsatzbeamte feilschen wollte, blieb ihm selbst überlassen: Es musste einfach glaubhaft wirken. Der ausgehandelte Preis war schlussendlich nicht entscheidend. Winter besaß eine Vollmacht, die ihm bei der Beschaffung des Geldes freie Hand ließ – er musste nur dafür Sorge tragen, dass es im Tresorraum blieb.
Für das zweite Treffen wurde vereinbart, das Geld Zug um Zug gegen die Insignie einzutauschen. Zunächst musste der verdeckte Ermittler sicherstellen, dass es sich um das echte Stück handelte, dann prüfte der Hehler das Geld, und damit war der Deal abgeschlossen. Und in dem Augenblick sollte der verdeckte Ermittler sich seine Mütze vom Kopf streifen als Zeichen für das SEK : Der Zugriff konnte erfolgen.
Natürlich würden die Einsatzbeamten die gesamte Interaktion mit Argusaugen über in der Decke angebrachte versteckte Kameras beobachten. Falls der Hehler ein unehrliches Spiel abzog und dem Käufer das Geld ohne Gegenleistung abnahm oder ihn gar angriff, würden die SEK -Beamten sofort einschreiten. Ein gewisses Restrisiko für die körperliche Unversehrtheit des verdeckten Ermittlers blieb trotzdem, aber Winter war zuversichtlich: Der Mann war sehr gut trainiert und stets auf der Hut. Er konnte einen etwaigen Angriff abwehren.
»Heute Mittag hast du erwähnt, dass du das vergangene halbe Jahr nicht im Dienst warst«, bemerkte Theo Winter. Er saß mit Hackenholt an der Hotelbar und starrte in seinen Campari-Orange. »Ich habe auch einen Kollegen in meiner Abteilung, der sich letzten Sommer wegen eines Burn-out-Syndroms krankgemeldet hat. Leider ist er bis heute nicht zurückgekommen – wie es aussieht, wird er wohl in Frühpension gehen.« Winter lächelte verlegen. »Was ich damit sagen wollte: Dafür, dass du erst so kurz zurück im Dienst bist, schuftest du schon wieder wie für zehn. Solltest du nicht etwas kürzertreten und etwas mehr an deine Familie denken? Deine Frau hat einen sehr herzlichen Eindruck auf mich gemacht. Es wäre jammerschade, wenn es dir irgendwann so erginge wie mir: Meine Ehe ist zerbrochen, weil ich ständig auf Abruf war … bin.« Zum ersten Mal erzählte Winter etwas über seinen persönlichen Hintergrund.
»Ich war nicht ausgebrannt, Theo. Ich hatte vor sechs Monaten ein Erlebnis im Dienst, das ich allein nicht verarbeiten konnte: Ich wurde entführt und eine Nacht lang in einem Transporter gefangen gehalten.« Hackenholt wunderte sich über sich selbst, wie locker er davon erzählen konnte.
Winter sah ihn schockiert an.
»Rückblickend waren nicht die drei Zehen, die mir in der Nacht erfroren sind, das Problem, sondern die Angst, es nicht zu überleben. Was sollte aus Sophie und unserem Baby werden? Wir waren zu dem Zeitpunkt nicht verheiratet. Trotzdem hat mich die Kälte irgendwann dazu gebracht, die Augen zuzumachen und aufzugeben.« Hackenholt hielt kurz inne. »Vielleicht wäre ich nicht mehr in meine Dienststelle zurückgekommen, wenn ich nicht solch einen großen Rückhalt bei meinen Kollegen hätte. Und dann war da eben auch der Zufall, dass ich den Toten in Bad Bocklet gefunden habe. Einen jungen Mann, der dasselbe wie ich durchmachen musste, der es aber nicht überlebt hat.«
»Bereust du, Polizist geworden zu sein?«
»Haben wir das nicht alle schon mal getan, nach einer Nacht, die wir durchgearbeitet haben, und nichts dabei herausgekommen ist und wir uns dafür noch von irgendeinem Besserwisser dumm anreden lassen mussten?«
Winter grinste. »Du meinst so jemanden wie mich, einen aus dem höheren Dienst, nicht wahr?«
»Nicht explizit. Aber es soll auch schon den einen oder anderen Vorgesetzten gegeben haben, auf den das zutrifft.«
»Warum wurdest du nicht für den höheren vorgeschlagen? Soweit ich es in der kurzen Zeit beurteilen kann, hast du sehr gute Führungsqualitäten und ein enormes Fachwissen.«
»Mir fehlt es am Ehrgeiz. Um ehrlich zu sein: Man hat mich damals in meiner alten Dienststelle in Münster für die höhere Beamtenlaufbahn vorgeschlagen. Ich trat auch die Bewährungszeit an und habe mich in die mir übertragenen Aufgaben hineingekniet. Aber als einer meiner Vorgesetzten ein angeblich dringend benötigtes Gutachten vor meinen
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