Haertetest
des Gebäudes verloren.
Doch, ich würde dieses Gespräch jetzt zu Ende bringen. Wir mussten einfach mal reden, und wenn nicht jetzt, wann dann?
»Ja, aber wann denn? Du bist ja nie da! Du hast nie Zeit! Wann könntest du mir denn mal einen Termin einräumen? Maja fragt schon ständig, ob der komische fremde Mann am Wochenende wieder zu Besuch kommt!« Das war nicht mal gelogen. Er sollte mir jetzt mal einen Termin nennen, an dem wir uns aussprechen konnten.
Jonas funkelte mich wütend an. »Das ist so ungerecht von dir, ich reiße mir hier den … Ach egal. Sophie, ich habe jetzt keine Zeit für so was. Es geht bestimmt hier gleich weiter.« Er drehte sich um.
Durch die Tür seines Büros streckte in dem Moment ein blond gelockter Engel mit Püppchengesicht sein rosiges Antlitz mitten in unseren Ehestreit. Eben hatte ich ja schon einen kurzen Blick auf sie erhaschen dürfen. Das war dann wohl seine Praktikantin. Sie sah mich neugierig an. Ich fixierte sie bitterböse.
Jonas seufzte. Wenigstens hatte er noch etwas Anstand und stellte uns einander vor.
»Sophie, das ist meine persönliche Assistentin, Jessica, das ist meine Frau, Sophie.« Aha. Guck an. Jetzt war sie schon seine persönliche Assistentin. Er würde sie doch wohl nicht nach ihrem Praktikum behalten wollen? Warum sprach er denn nicht mit mir über solche Sachen? Ich war doch nicht der Briefträger!
Der Engel reichte mir die Hand und lächelte nett.
»Hallo! Na, das wussten Sie bestimmt nicht, dass Sie ungünstig kommen, oder? Jetzt haben wir extra die Konferenz unterbrochen, damit Sie mit Jonas sprechen können. War denn was Wichtiges?« Sie legte Jonas vertraulich die Hand auf den Arm. Was machte sie da? Ich hätte am liebsten ihre Hand weggeschlagen! Und vor allem, was ging sie das an, was ich hier wollte?
Ich sagte: »Ja!«
Jonas: »Nein!«
Jessica schien irritiert.
»Wollen wir sonst … Ich meine, wenn jetzt eh Pause ist, können wir ja auch zusammen einen Kaffee trinken? Wissen Sie, Jonas erzählt so viel von Ihnen!«
Aha. Was denn? Wie schlimm ich bin? Ich schauspielerte ein bisschen und lächelte sie ebenfalls strahlend an.
»Ja? Von Ihnen hat er bis jetzt noch gar nichts erzählt. Wie lange sind Sie denn schon seine Praktikantin?«
Natürlich würde ich mit ihr nicht Kaffee trinken gehen! Und wenn sie mich siezen wollte, was ich völlig albern fand, würde ich sie ebenfalls siezen.
Sie war ungefähr fünfundzwanzig, und alles andere als die glutäugige, langbeinige Hexe, die sich in meiner Fantasie frivol auf seinem Schreibtisch räkelte. Eher war sie klein, nicht besonders schlank, blond, hatte strahlend blaue Augen und eine etwas schiefe Nase. Sie war genau sein Typ. Sie hatte dieses Unperfekte, das er so mochte. Und sie fasste ihn an! Zwar nur am Arm, aber wer wusste, was sie machte, wenn ich nicht dabei war!
Ich wurde immer wütender, versuchte das aber nicht zu zeigen. Sehr beherrscht lächelte ich und sagte zu Jonas: »Entschuldige, Schatz, dass wir hier einfach so reingeplatzt sind.« Hui, was für eine Meisterleistung! Ich zog den Hut vor meinem Schauspieltalent.
Jessica hatte ihre Hand von Jonas’ Ärmel genommen. Besitzergreifend schlang ich meinen Arm um seinen Hals und zog ihn unauffällig etwas näher an mich heran.
»Tut mir wirklich leid. Magst du uns denn wenigstens noch zur Tür bringen?«, fragte ich und legte meinen Kopf an seine Schulter. Dann küsste ich sanft seinen Hals.
Er wusste offenbar gar nicht, wie ihm geschah. Klar hatte ich gelegentlich Stimmungsschwankungen, aber doch nicht so heftige in so kurzer Zeit? Jedenfalls schien er völlig perplex.
»Ja, äh, kann ich machen.«
»War nett, Sie kennenzulernen, Janina!«, rief ich Jessica über die Schulter zu und wandte mich mit Jonas und Lilly in Richtung Ausgang.
Jonas legte tatsächlich brav seinen Arm um meine Schulter und brachte uns zur Tür. Zum Abschied gaben wir uns einen richtigen Kuss, und er sagte, dass er mich liebte. Ich fühlte mich fast so, als sei alles wieder wie früher, als ich mir noch keine Sorgen um ihn machen musste.
»Und was willst du jetzt tun?«, fragte Lilly, den Blick auf eine Möwe geheftet, die einer kleinen Oma in der Hoffnung auf ein paar Krümel penetrant hinterherhüpfte.
Vor unseren Füßen schwappte silbernes Alsterwasser gegen das Schilf. Am gegenüberliegenden Ufer erhob sich der Fernsehturm, der jetzt fast in der tief hängenden Wolkendecke verschwand.
»Na ja, die Liste weiter
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