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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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mit Absicht gemacht hatte.
    »Aha.«
    Jonas sah verdutzt von einem zum anderen. Dann ging er zum Kühlschrank und öffnete ihn. Sollte mein Mann nicht auch so etwas wie Bestürzung zeigen? Oder wenigstens Interesse? Nein. Wenn Jonas Hunger hatte, dann konnte kommen, was da wollte. Und wenn die Welt um ihn versank, er musste erst mal gucken, ob noch Hering im Kühlschrank war.
    »Ich esse mal eben was, wenn es euch nicht stört. Bin echt am Verhungern«, verkündete er und holte sich Brot, Fisch, Teller und Besteck.
    »Ich wollte sowieso gerade gehen!«, schnaubte Holger und wollte aus der Küche stürmen, als Lilly ihn zurückhielt.
    »Sag mal, Holger, nur noch eins: Woher wusstest du eigentlich, dass ich hier bin?«
    »Ernsthaft, Lilly: Für  WIE  blöd hältst du mich eigentlich? Glaubst du, ich weiß nicht, dass du erst mal hier einziehst? Sophie hat doch noch ein Zimmer frei, und wo solltest du auch hin? Zu deinen Eltern nach Passau? Wohl kaum.«
    Lilly schwieg. So fröhlich wie eben, als sie ihre Trennung gefeiert hatte, sah sie jetzt nicht mehr aus. Egal, wie man es drehte und wendete und wie schlecht es um ihre Ehe stand: Es gab Lustigeres als eine Scheidung. Zum Beispiel eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt.
    Holger ging, und Lilly und ich nahmen unsere fast leere Flasche Amaretto mit ins Wohnzimmer, damit Jonas in Ruhe essen konnte. Und damit ich nicht mit ihm reden musste. Das verschoben wir mal schön auf später. Auf viiiel später.
    »Was hältst du davon, wenn wir noch irgendwo was trinken gehen?«, schlug ich vor, als die Flasche leer war.
    Mit »irgendwo« meinte ich natürlich nicht irgendwo, sondern in Hamburg. Jonas konnte ja ausnahmsweise zu Hause bleiben und auf Maja aufpassen.
    Lilly zeigte auf meine Haare. »Aber so gehst du mir nicht aus dem Haus. Und die Mütze wird langsam albern.«
    »Liliana Elisabeth!«, prustete Lilly. »Bin ich froh, dass der das nie wieder zu mir sagen wird! Aber rate mal, wie  er  mit ganzem Namen heißt!«
    Wir saßen im Portugiesenviertel am Hamburger Hafen in einer Bar. Es war für einen Donnerstagabend recht voll, die Stimmung war gut, und wir mussten sehr laut sprechen, um uns zu verständigen. Ich trug ein lila-schwarzes Kopftuch, das Lilly aus einem ihrer Koffer gezogen und mir gekonnt umgebunden hatte.
    Darunter lugten jetzt meine blond gefärbten Haare hervor. Das Gescheckte war ja nur oben auf dem Scheitel. So könnte ich es vielleicht bis Montag aushalten und musste nicht ständig meine Mütze tragen, unter der ich wahnsinnig schwitzte. Ich hatte meine Augen passend zum Bandana in schwarzem und lila Glitzerlidschatten geschminkt und trug ein schwarzes Top zur Jeans.
    Seit Ewigkeiten hatte ich mich nicht mehr so gestylt. Mit Lilly war ich das erste und letzte Mal vor drei Jahren in Hamburg gewesen. Wir hatten es immer vertrödelt, verschoben, wieder abgesagt, und irgendwie war es dann immer unwichtiger geworden. Aber heute war es nicht egal. Heute wollten wir uns ins Getümmel der Großstadt stürzen. Jawohl, auch an einem Donnerstag konnte man in Hamburg ganz spontan losziehen, das war ja nun mal das Schöne an der Großstadt.
    Wenn ich den Mund nicht allzu sehr aufriss beim Lachen, taten meine provisorischen Schneidezähne auch gar nicht weh, und Lilly meinte, man sähe überhaupt nicht, dass es Übergangszähne waren. Ich wieherte immer mal wieder, um anzudeuten, dass ich mir völlig darüber im Klaren war, dass ich aussah wie Camilla Parker-Bowles, und Lilly lachte darüber.
    Wir lachten überhaupt sehr viel, und ich freute mich, dass es ihr anscheinend wieder besser ging. Die Cocktails unseres Vertrauens hatten vielleicht auch damit zu tun, aber ich hoffte, dass Lilly sich auch nüchtern bald damit würde anfreunden können, dass sie sich von Holger getrennt hatte. Immerhin hatte sie ihn verlassen und nicht umgekehrt. Und es gab einen neuen Mann in ihrem Leben, der in seiner Wirkung auf Lilly auch nicht zu unterschätzen war.
    An unserem Nebentisch saß eine Gruppe junger Mädchen, die sich aufkreischend lustige Anekdoten erzählte. Wir tranken uns seit zwei Stunden durch die Getränkekarte und machten uns über Holger lustig. Das war genau das, was Lilly jetzt brauchte. Und ich auch.
    »Wie er heißt? Was soll ich da raten? Keine Ahnung. Wohl kaum Rumpelstilzchen.«
    Sie grinste breit: »Holger Horst Ulrich Theodor!« Dabei ließ sie jede Silbe auf der Zunge zergehen. »Das hab ich dir nie erzählt, weil es ein Geheimnis war. Aber das toppt

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