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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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mehr gegessen, und das braune Gebräu war offenbar eine Wunderkur gegen alles Mögliche, denn das Hungergefühl war verschwunden. Sie saßen schweigend nebeneinander und tranken. Julia wusste nicht, wie lange sie schon da saßen, als Danne plötzlich aufstand, ihre Hand nahm und sie von der Bank hochzog.
    »Komm, wir gehen hier weg. Ich will nicht, dass einer von den Jugendleitern uns sieht, denn sonst bekomme ich verdammten Ärger. Das ist schließlich eine alkoholfreie Disco, kapierst du?«
    »Ja, kapier ich.«
    Er zog sie in den Park auf der anderen Straßenseite, wo die Neuntklässler und ein paar aus der Achten immer rauchen gingen, weil die Lehrer sie dort nicht sahen. In ihrem Kopf drehte sich alles, sie torkelte über die Straße. Danne hatte ihr den Arm um den Rücken gelegt. Sie musste ständig kichern, es war ein so unglaublich tolles Gefühl, total verkehrt, und gleichzeitig war ihr alles völlig egal. Im Park gab es eine Schaukel und ein Klettergerüst. Julia setzte sich auf die Schaukel und lachte laut, als die Bewegung im Bauch kitzelte. Sie beugte den Kopf nach hinten und schaute in den sternklaren Himmel, sie versuchte, die Sternbilder zu erkennen. Das war schwierig, sie tanzten vor ihren Augen in einer wilden Choreografie. Aber den Ursus Major, den Großen Bären, den fand sie immer. Es war das drittgrößte Sternbild, und in ihm konnte sie die sieben Sterne verfolgen, die den Großen Wagen bildeten.
    Als sie noch klein war, hatte ihr Vater ihr manchmal Sternbilder erklärt. Nach der griechischen Mythologie ist der Große Bär eigentlich eine Frau, die Kallisto heißt und eine der Geliebten von Zeus ist. Zeus’ eifersüchtige Frau Hera rächt sich an Kallisto, indem sie sie in einen Bären verwandelt, den Zeus später als funkelnde Sterne ans Himmelsgewölbe setzt.
    Wenn es nachmittags um drei schon dunkel war und sie draußen im Schnee spielten. Wenn sie Schneehöhlen und Schneelaternen bauten. Sie roch immer noch den Duft des Rasierwassers, das er damals verwendete, ein anderes als heute. Wie er sich neben sie in den Schnee hockte und sie ermahnte, nach oben zu schauen.
    Die Erinnerung an den anderen Vater mit einem anderen Duft, in einer anderen Zeit und einem anderen Leben ließ sie weinen. Sie wischte die Tränen mit dem Handrücken weg und hörte, wie Danne ihren Namen rief. Er war auf das Klettergerüst gestiegen und winkte ihr, auch zu kommen.
    Sie musste einen Moment ganz still stehen, weil sich alles drehte und sie beinahe auf den eiskalten Boden gefallen wäre. Vorsichtig, Schritt für Schritt, ging sie zum Klettergerüst und versuchte, die schlaffe Strickleiter nach oben zu klettern. Irgendwo über ihrem Kopf hörte sie Danne lachen, da musste sie auch lachen. Sie verstand, dass es lustig aussah, wie sie da auf der schaukelnden Strickleiter stand. Mehrmals wäre sie fast gefallen, sie versuchte, sich festzuhalten, aber das Lachen und der Schwindel zogen sie nach unten. Die Strickleiter war glatt vom Frost, eine dünne Schicht Eis hatte sich gebildet. Danne half ihr das letzte Stück, dann fiel sie lachend auf den Absatz aus Holzbrettern. Sie spürte, wie Danne ihre Beine packte und sie in den Turm zog. Da war es noch dunkler, aber sie musste immer noch lachen, alles drehte sich und war total verrückt. Sie merkte kaum, dass er ihr die Hose aufknöpfte. Erst als er sie anhob, um die Hose herunterzuziehen, reagierte sie, weil sie plötzlich die Kälte am nackten Hintern spürte. Sie versuchte aufzustehen, aber Danne legte sich schwer auf sie. Ihr Kopf schlug ein bisschen zu fest gegen die Bretter, einen Moment lang wurde ihr schwarz vor Augen, die Welt verschwand in einem gnädigen Nichts. Als sie wieder zu sich kam, sah sie, wie sein nacktes Glied bedrohlich zu den Sternen hinauf zeigte, und als er ihre Beine spreizte, dachte sie an den Großen und den Kleinen Bären. Dass sie da oben unfreiwillig zuschauten.
    Ihr Körper rührte sich nicht, als er in sie eindrang, es brannte, und sie drehte den Kopf zur Seite, damit sie sein rotes Gesicht voller Verachtung nicht zu sehen brauchte. Ihre Augen waren trocken. Sie wusste, dass sie eigentlich schreien und sich wehren müsste, aber in der schwarzen Dunkelheit war eine lähmende Gleichgültigkeit, die sie in eine willenlose Lumpenpuppe verwandelte. Ein schlaffer, tauber Menschenkörper, der nicht einmal reagierte, als er sie auf den Bauch drehte und ein neuer, intensiver Schmerz, brennend und beißend, ihr Bewusstsein erreichte. Sie konnte

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