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Hafen der Träume: Roman (German Edition)

Hafen der Träume: Roman (German Edition)

Titel: Hafen der Träume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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hatte, sich überhaupt mit ihm einzulassen.
    Es war unmöglich, ihn so zu überfallen, unangemeldet, uneingeladen, unerwartet. Alles, was sie in ihrem Leben über gute Erziehung, Lebensart, Benehmen, Stil, Geschmack gelernt hatte, befahl ihr, den Knopf ins Erdgeschoss zu drücken und zu fliehen. Jede Faser ihres Stolzes, ihrer Würde befahl ihr umzukehren, ehe sie gedemütigt wurde.
    Sie hatte keine Ahnung, was sie dazu brachte, allen Bedenken zum Trotz auszusteigen und im Flur nach der Nummer 1605 zu suchen.
    Tu es nicht, tu es nicht, tu es nicht! schrie es in ihrem Kopf noch, als sie zusah, wie ihr Finger auf den Summer neben der Tür drückte.
    O Gott, großer Gott, was habe ich getan? Was soll ich sagen? Wie soll ich es erklären?
    Bitte sei nicht zu Hause, war ihr letzter verzweifelter Gedanke, Sekunden, ehe die Tür geöffnet wurde.
    »Sybill?« Seine Augen weiteten sich vor Staunen, seine Lippen formten ein Grübchen.
    »Es … tut mir Leid.« Guter Gott, jetzt fing sie auch noch an zu stottern. »Ich hätte anrufen sollen. Ich wollte nicht … ich … bin zufällig in der Stadt und …«
    »Komm. Gib mir die Tüten. Hast du ein Warenhaus geplündert?« Er nahm ihr die nassen Tüten aus den klammen Fingern. »Du frierst ja. Komm herein.«
    »Ich hätte anrufen müssen. Ich war nur …«
    »Sei nicht albern.« Er stellte die Tüten ab und begann, sie aus dem tropfnassen Regenmantel zu schälen. »Wieso hast du nicht gesagt, dass du heute nach Baltimore fährst. Seit wann bist du da?«
    »Ich … seit halb drei. Ich hatte eine Besprechung. Es war nur … es regnet«, stammelte sie und hasste sich dafür. »Ich fahre nicht gern im Stoßverkehr. Ich bin eine ziemlich lausige Autofahrerin. Na ja, und ich war außerdem nervös.«
    Sie plapperte weiter, während er sie mit hochgezogenen Brauen betrachtete. Er glaubte nicht, dass die Kälte Schuld an ihren rosigen Wangen trug.
    Sie klang nervös, hektisch, zittrig. Das war neu. Und interessant. Irgendwie wusste sie nicht recht, wohin mit ihren Händen.
    Der Regenmantel hatte ihr elegantes, schiefergraues Kostüm vor der Nässe geschützt, doch ihre Schuhe waren aufgeweicht, und ihr Haar war feucht vom Regen.
    »Du bist ein wenig überdreht, wie?« murmelte er. Er legte seine Hände an ihre Arme und rieb sie warm. »Entspann dich.«
    »Ich hätte anrufen sollen«, sagte sie zum dritten Mal.
    »Es war unhöflich, unverschämt …«
    »Nein, war es nicht. Möglicherweise ein wenig riskant. Ich bin erst vor zwanzig Minuten nach Hause gekommen. Ich hätte dich verpassen können.« Er zog sie ein wenig näher. »Sybill, entspann dich.«
    »Okay.« Sie schloss die Augen.
    Er sah amüsiert zu, wie sie langsam und tief atmete.
    »Klappt das mit der Atemtechnik tatsächlich?« fragte er schmunzelnd.
    »Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass erhöhte Sauerstoffzufuhr und mentale Konzentration einen Stressabbau herbeiführen.« In ihrer Stimme schwang ein Anflug von Gereiztheit mit.
    »Ich habe meine eigenen Studien durchgeführt. Lass es uns mal damit versuchen.« Er legte seinen Mund auf den ihren, strich bedächtig darüber, bis ihre Lippen weich wurden, nachgaben. Seine Zunge umtanzte die ihre spielerisch und entlockte ihr ein kleines Seufzen. »Ja, das tut gut«, murmelte er und strich mit der Wange über ihr feuchtes Haar. »Mir tut das gut. Und dir?«
    »Orale Stimulierung ist ebenfalls ein bewährtes Mittel zum Stressabbau.«
    Er lachte leise. »Ich bin in Gefahr, verrückt nach dir zu werden. Wie wär’s mit einem Schluck Wein?«
    Es war ihr im Augenblick zu mühsam, seine Definition von Verrücktsein zu analysieren. »Ich hätte nichts dagegen. Aber nur ein Glas. Ich muss noch fahren.«
    Heute Abend mit Sicherheit nicht mehr, dachte er und lächelte. »Setz dich. Bin gleich wieder da.«
    Sie nahm ihre konzentrierten Atemübungen wieder auf, während er im Nebenzimmer verschwand. Als ihre Nerven sich ein wenig beruhigt hatten, betrachtete sie ihre Umgebung. Der Wohnbereich wurde von einer Sitzlandschaft in dunklem Grün dominiert, in deren Mitte ein quadratischer Couchtisch stand. Darüber hing eine riesige Konstruktion aus Muranoglas, in der sie ein leicht verfremdetes Segelboot zu erkennen glaubte. Auf dem Tisch standen zwei grün patinierte eiserne Leuchter mit dicken, weißen Kerzen.
    An der entfernten Wand befand sich eine kleine Bar, davor zwei mit schwarzem Leder bezogene Barhocker. An der Wand hinter der Bar hing ein altes Reklameplakat für Nuit-St.

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