Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
Ernst, ich bin in zehn Minuten da, okay?“
„ Haben wir was bestimmtes vor? Ich will ja nicht neugierig sein...“
„ Weißt doch noch neulich, am Freitag, die Leiche ohne Kopf?“
„ Meine Güte, was soll ich denn noch alles behalten? In meiner Bude haust seit Tagen eine Katze, und ich werde sie einfach nicht los. Das sind Probleme!“
„ Erschieß das Vieh, du hast doch ’ne Knarre. Zum Thema: Dieses Abtrennen von Köpfen scheint eine populäre Mode zu werden, ähnlich wie Pokemon oder Biographien von Analphabeten.“
Lisa kam nicht gleich dahinter. „Was soll das denn heißen?“
„ Karl-Heinz Sander vom Volksmund wurde heute morgen in seiner Wohnung tot aufgefunden.“
Lisa hielt den Atem an. „Ohne Scherz? Und ohne Kopf?“
„ Ohne Scherz und ohne Kopf. Noch mal: Bist du angezogen?“
„ Ja.“
Lisa setzte sich neben Katze und sah ihr zu, wie sie sich ausgiebig putzte. Dabei fiel ihr auf, dass auch die Geschlechtszugehörigkeit von Katze geklärt war. Sah schon komisch aus, so ein Katzenpenis. Wie ein Cinch-Stecker.
Manchmal half es Lisa, sich sofort mit irgendwas trivialem abzulenken, um unangenehme Gedanken nicht an sich ran zu lassen. Wie sollte sie diese neue Entwicklung bewerten?
Also, zunächst mal: Mist. Drei Tage nach dem ersten Mord schon der zweite. Und wir haben keine Spur. Total blamabel, absolut peinlich. Andererseits: Auch das zweite Opfer ist alles andere als ein Sympathieträger, weshalb der öffentliche Druck nicht so hoch sein wird. Aber: Das zweite Opfer ist im weitesten Sinne so etwas ähnliches wie ein Beinahe-Journalist unterster Kategorie auf Probe. Seine Kollegen werden an der Aufklärung starkes Interesse haben. Oder nicht? Gut jedenfalls: Es wird nun vielleicht keine Fotos von mir und Fabian in der Zeitung geben. Schlecht: Daraus kann man mir ja beinahe ein Motiv unterstellen! Aber das wird doch keiner ernsthaft glauben, ich mach den Sausack schräg, nur um keine negative Publicity zu kriegen? Dann wäre ja die gesamte Bild-Redaktion schon längst von der GSG9 im Auftrag von Rot-Grün liquidiert worden. Also, ganz cool bleiben. Hab ich eigentlich ein Alibi?
Sie kraulte Katze (sie blieb dabei, den Kater so zu nennen) hinterm Ohr und dachte nach. Sie war nach dem Schwimmen noch mit Sven und den Mädels essen gegangen, nachdem Fabian sich verabschiedet hatte. Etwa gegen Mitternacht hatten sie sich aufgelöst, und sie war etwa um halb eins zuhause gewesen, allein. Katze war da gewesen und gleich auch da geblieben, wieso auch nicht. Wahrscheinlich würde Lisa doch heute mal ein paar Dosen Katzenfutter kaufen. Aber dieses billige Zeug, dass zu achtzig Prozent aus Asche und Kuhnasen bestand.
Einem Impuls folgend, huschte Lisa schnell nach oben ins Dachgeschoss und klingelte bei Sven. Der brauchte eine Weile, bis er ihr schließlich in einem blauen Pyjama die Tür öffnete.
„ Wasnlooooos?“
„ Meine Güte“, grinste Lisa, „hast du letzte Nacht noch jemand abgeschleppt, oder warum bist du so fertig?“
Sven grunzte müde. „Geht dichn dsan?“
„ Oh je, ich schätze, ich komme wieder, wenn du auf dem Damm bist.“
„ Was wecksu mich dann ers?“ Lisa hatte Sven noch nie so unfreundlich erlebt. Dabei hatte er doch kaum was getrunken gestern Abend. Er betrank sich nie. Vielleicht hatte er einen eisernen Vorrat zuhause? Vielleicht war er immer noch eingeschnappt wegen Fabian? Die Atmo zwischen den beiden hatte sich im Laufe des Sonntags weder im Schwimmbad noch in der Kneipe nennenswert entspannt. Ein paar von Fabians illegalen Siedlungen standen immer noch in Svens Territorium.
„ Ich wollte nur wissen, ob du gestern Abend noch Licht bei mir gesehen hast? Du bist ja noch etwas geblieben, als wir die Kneipe verlassen haben.“
Sven leckte sich die trockenen Lippen und starrte sie seltsam an. Er schien zu überlegen und wurde dabei langsam wach.
„ Nein, ich glaub nicht“, sagte er dann. „Entschuldige, hab schlecht geschlafen.“
„ Nein, entschuldige du. Ich sollte dich so früh nicht wecken.“
„ Quatsch“, sagte er dann wieder gutmütig wie eh und je, „ich kreuz ja auch dauernd so früh bei dir auf.“
„ Leg dich wieder schlafen. Oder musst du arbeiten?“
„ Nein, nein. Im Moment nichts wichtiges.“
Lisa überlegte kurz, entschied sich dann für die Wahrheit. Irgendwie fand sie, dass es ihn durchaus etwas anging.
„ Dass du dich da mal nicht täuschst, Mann. Der Sander vom Volksmund...“
„ Der gestern im Schwimmbad? Das
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