Hallo Doktor
dachte sie. Nick kannte sie überhaupt nicht richtig. Er hatte keine Ahnung, wie unbeholfen sie in Beziehungen sein konnte. Er kannte ihre Geheimnisse nicht, ihre Unsicherheiten, die sie einfach nicht loswurde.
Er wusste nicht, dass sie in Herzensangelegenheiten ein trauriger Fall war.
Trotzdem wollte sie ihn auf eine elementare Weise. Sie wollte all das, was er ihr körperlich geben konnte. Mehr zu wollen konnte sie sich nicht leisten. Bei ihm hatte sie nach und nach ihre Hemmungen verloren, aber weiter konnte sie bei Nick nicht gehen, einem Mann, der mehr Charme besaß, als erlaubt sein sollte. Ein Mann, den viele Frauen begehrten. Ein auf medizinischem Gebiet geradezu verehrter Arzt, mit dem Ruf, nicht beziehungstauglich zu sein. Sie war schon einmal verlassen worden und besaß nicht den Mut, erneut ihren Instinkten zu trauen, denn die hatten sie schon einmal getäus cht.
Schritte auf der Treppe zwangen Michelle, sich umzudrehen. Nick kam in einem kurzärmeligen, offenen Hemd und abge schnittenen Jeans auf sie zugeschlendert. Sein Haar war noch feucht von der Dusche, und sein Lächeln erhellte den schwach beleuchteten Ra um.
„Fühlst du dich besser?” fragte sie im zwanglosesten Ton, den sie angesichts ihres rasenden Pulses zu Stande brachte.
„Ich fühle mich sauberer.” Er setzte sich aufs Sofa und legte die Füße auf den Couchtisch.
Sein offenes Hemd bot eine hübsche Ablenkung für Michelle.
Er duftete herrlich, nach Seife und etwas anderem. Rasierschaum, entschied sie, als sie sein glatt rasiertes Kinn sah. Dabei war sie nicht sicher, wie sie ihn lieber mochte, rasiert oder mit Eintagesbart. Beides stand ihm sehr gut.
Michelle rutschte ein wenig näher zu ihm, doch er hielt Ab stand zu ihr. Sie wollte nicht, dass er nach ihrem Verhalten auf dem Boot dachte, sie sei bereit loszulegen, wann immer sich die Gelegenheit bot. Noch nicht zumindest.
Sie stützte die Fersen auf die Sofakante, zog die Beine an die Brust und den Saum ihres Kleides bis über die Waden. „Wollen wir uns einen Film ansehen?” Sie deutete zum Regal in der Ecke. „Ich habe deine beachtliche Videosammlung bemerkt.”
„Ja, wenn du Zeichentrickfilme magst. Oder Märchenfilme. Die meisten Videos sind Kinderfilme für Kelsey.”
„Keine Erwachsenenunterhaltung?”
„Nicht hier.”
Sie tat geschockt. „Dr. Kempner, soll das etwa heißen, Sie ha ben schlimme Filme in Ihrem Apartment?”
Er runzelte die Stirn. „Keine Filme, die in neutralem Packpapier versandt werden, falls du das meinst. Um ehrlich zu sein, das meiste sind nicht jugendfreie Actionfilme.””
Michelle rümpfte die Nase. „Nein danke. Ich bevorzuge Liebeskomödien.”
„Tut mir Leid, dich zu enttäuschen.”
„Ich bin nicht enttäuscht.”
Ein längeres Schweigen dehnte sich zwischen ihnen aus, ehe Nick wieder sprach.
„Michelle, ich muss dir etwas sagen.”
„Schieß los.”
Er nahm die Füße vom Tisch und lehnte sich vor, die Hände auf den Schenkeln. „Ich möchte nicht, dass es zwischen uns vorbei ist, nachdem wir von hier abgereist sind.”
„Ist das nicht ein wenig voreilig? Uns bleibt doch noch bis Sonntag Zeit für eine solche Entscheidung.”
„Ich habe meine Entscheidung bereits getroffen. Ich glaube, es könnte gut funktionieren mit uns, wenn du deine Vorsicht fallen lässt und mit mir redest.”
Michelle hielt ihre Beine fester an die Brust gedrückt. „Ich dachte, das hätten wir bereits getan.”
„Ich meine richtig reden. Bis jetzt haben wir die Probleme nur umkreist, und ich finde, wir sollten langsam auf den Punkt kommen. Ich weiß, dass du dich fragst, weshalb ich mich habe von Bridget scheiden lassen, und das kann ich dir nicht verübeln.”
Wegen ihrer eigenen Vergangenheit fragte sie sich das tatsächlich. „Sieh mal, Nick, ich bin nicht naiv. Menschen lassen sich aus allen möglichen Gründen scheiden. Ich bin sicher, deine waren berechtigt.”
„Dann wirst du also darüber nachdenken, mich nach diesem Wochenende weiter zu sehen?”
Sie wusste nicht, was sie sagen, was sie fühlen sollte. Angst hielt ihr Herz umk lammert.
„Ich weiß nicht, Nick. Ich bin nicht sehr gut in Beziehungen.”
„Ich auch nicht, aber ich will uns eine Chance geben.”
Michelles Ansicht nach war das ein viel zu ernstes Thema. Sie wollte nicht über die Zukunft nachdenken müssen, nur über die Gegenwart.
Sie schwang die Beine über den Sofarand und rutschte näher zu Nick. „Können wir nicht einfach abwarten und sehen,
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