Hanan 1 - Brüder der Erde
Gefahr unterschätzt.«
Stille. Niemand sprach ein Wort. Aber es war nicht mehr ein Schweigen des Hasses, es war ein Schweigen der Angst. Selbst Kta blickte ihn an wie einen Fremden.
»Ich sage die Wahrheit.« Er blickte Kta an. »t'Morgan«, sagte t'Ilev. »Kannst du uns vorschlagen, was wir tun sollen?«
Es war eine Bitte, in bescheidenem Ton vorgetragen, aber zu seiner Schande wußte er nicht, wie er sie beantworten sollte. »Ich weiß nur eins«, sagte er nach kurzem Überlegen, »wenn Djan-Methi noch über den Afen herrscht, wenn Ylith-Methis Schiffe in den Hafen segeln, werdet ihr diese Waffen im Einsatz sehen. Noch schlimmer wäre es, wenn es Shan t'Tefur gelingen sollte, sie in seinen Besitz zu bringen. Sie will sie ihm nicht geben, sonst hätte sie es längst getan, aber es wäre möglich, daß sie nicht mehr die Macht besitzt, sie ihm vorzuenthalten – oder diese Macht verloren hat. Ich würde euch raten, daß ihr unter allen Umständen Frieden mit den Sufakis schließt, die den Frieden wollen. Macht jede nur mögliche Konzession, um das zu erreichen. Vor allem aber müßt ihr Djan-Methi die Herrschaft über den Afen nehmen. Ihr und Shan t'Tefur.«
»Der Afen«, protestierte t'Ranek, »ist bisher nur durch Verrat gefallen, niemals durch einen Angriff der Nemet. Haichema-tleke ist zu hoch, die Straßen zu eng und zu steil, und außerdem würden die Waffen der Menschen jeden Angriff von vornherein zum Scheitern verurteilen.«
»Die einzige Alternative wäre, mit der ganzen Flotte in die nördliche See zu segeln, um wenigstens das eigene Leben zu retten«, sagte Kta. »Und ich glaube, das hat keiner von uns vor.«
»Nein«, sagte t'Nechis. »Wirklich nicht.«
»Dann greifen wir den Afen an.«
22
Die Rauchfahne, die über Nephane stand, war schon aus mehreren Seemeilen Entfernung zu sehen. Der Rauch stieg senkrecht empor, bis er vom Westwind erfaßt und über die ganze Stadt gebreitet wurde wie die häufigen Seenebel, nur schwärzer und dichter. Er verdunkelte den Morgenhimmel und lag wie eine dunkle Wolke über dem Hafen.
Die Männer, die am Bug des Langschiffes standen, als es vor den anderen Schiffen der Flotte in den Hafen einfuhr, blickten schweigend auf die Stadt. Der Rauch kam von irgendwo auf dem Berg, aber niemand wagte zu raten, was da brannte.
Schließlich wandte Kta den Blick von dem Bild der Zerstörung. »Kurt«, sagte er, »halte dich nahe bei mir. Die Götter allein mögen wissen, was uns bevorsteht.«
Ruderschläge trieben das Langschiff an die Pier, ein paar Männer von t'Ilevs Mannschaft sprangen an Land, um die Taue festzumachen. Kurz hintereinander liefen auch die anderen Schiffe ein. Eine dichte Menge drängte sich durch das Tor und versammelte sich auf der Pier. Es waren fast ausnahmslos Sufaki, nicht wenige von ihnen in Gestreiften Roben, jung und drohend. Es waren auch ältere Leute da und Frauen mit Kindern, die nach Angehörigen fragten und entsetzt auf die beschädigten Schiffe starrten. Sufaki-Seeleute, die nicht mit hinausgefahren waren, liefen zu ihren Indras-Kameraden und begannen zu fluchen und die Götter anzurufen aus Gram über die zerschlagenen Schiffe und fragten nach Freunden und Bekannten.
Unter den Leuten verbreitete sich rasch das Gerücht, daß die Flotte die Schiffe Indresuls geschlagen hätte.
Ian t'Ilev und die anderen Kapitäne gaben Order, die Gangways auszulegen. Während der ganzen Überfahrt waren die akzeptierten und ausgearbeiteten Pläne von den Kapitänen den Mannschaften eingedrillt worden, soweit es der beengte Raum an Bord der Schiffe zuließ. Deshalb bewegten sich die Männer jetzt mit einer solchen Sicherheit und Entschlossenheit, daß die Sufaki, irritiert von dem Gerücht des Sieges über die Flotte Indresuls, zurückwichen.
Ein junger Revolutionär sprang vorwärts, schrie den Männern Schmähworte zu und versuchte die Menge aufzuwiegeln. Aber die Disziplin der Indras hielt, obwohl er einen der t'Nechis zu Boden schlug. Plötzlich wandte sich der Rebell um und rannte fort, weil niemand sich ihm angeschlossen hatte. Die Mannschaften der Schiffe ließen die Schwerter in den Scheiden und drangen in demselben Tempo vor, in dem die Menge zurückwich. Sie versuchten nicht, durch das Tor zu gelangen, sondern besetzten nur die Pier, und t'Isulan, der die lauteste Stimme hatte, hob die Arme und forderte Ruhe.
Die Leute hungerten nach Nachrichten, und nun, da sie ihnen angeboten wurden, mahnten sie sich gegenseitig zur Ruhe, um sie zu
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