Handyman Jack 02 - Der Spezialist
allen Khalid Nazer – durfte diesen Katalog zu Gesicht bekommen. Victoria’s Secret mußte das bleiben, was sein Name ausdrückte – ein Geheimnis.
Er schob ihn unter das Sofa und ließ hastig seinen Blick durch den Raum schweifen, während er zur Tür eilte. War alles in Ordnung? Er überzeugte sich ein zweites Mal davon, daß keine Spur von Victoria’s Secret zu sehen war.
Die Tür ging auf, aber die Sicherheitskette blockierte sie.
»Einen Moment«, sagte Kernel und rannte das letzte Stück zur Tür.
Verflucht sei Nazer dafür, daß er nicht den Anstand besaß anzuklopfen. Sicher, Iswid Nahr, die Organisation, die sie beschäftigte und bezahlte, besaß dieses Apartment, aber Kernel wohnte hier schon seit mehreren Monaten. Nur weil Nazer ebenfalls einen Schlüssel hatte, brauchte er nicht zu denken, daß er eintreten konnte, ohne anzuklopfen.
Er drückte die Tür ins Schloß – wobei er sich insgeheim wünschte, er würde dabei Nazers Finger einklemmen – und löste die Kette. Dann setzte er sein freundlichstes Gesicht auf.
Sei ganz ruhig, sagte er sich. Und vor allem, verströme Zuversicht.
Eigentlich war Khalid Nazer hier sein Vorgesetzter. Solange Kernel in Amerika war, mußte er sich Nazer gegenüber verantworten. Und Nazer ließ sich die Tätigkeitsberichte immer persönlich vortragen.
Im Augenblick wartete Nazer an der Tür. Er war genauso fett, wie Kernel schlank war; während Kernels Bart zerzaust und ungekürzt war – wie er es auch laut dem Propheten sein sollte –, war Nazers Bart sorgfältig gekämmt und auf eine einheitliche Länge getrimmt. Nazer entschuldigte sich damit, daß ein ungepflegter Bart seine Arbeit als Handelsattaché bei den Vereinten Nationen erheblich behindern würde. Kernel hatte den Verdacht, daß Nazer in Wirklichkeit für die ungläubigen Frauen, mit denen er in den Wochen und Monaten zusammenkam, die er fern von seiner Ehefrau verbrachte, attraktiver erscheinen wollte.
Kernel mochte diesen Mann nicht. Seine Antipathie begann mit der laxen Haltung des Mannes gegenüber dem Glauben, aber ansonsten waren die Gründe für seine Abneigung ausschließlich persönlicher Natur. Er hätte Nazers überlegenes Auftreten auch abgelehnt, wenn er ein frommer Gläubiger gewesen wäre.
Während er die Tür aufzog, lächelte Kernel und sagte: »Willkommen.«
Er trat beiseite und gestattete es Nazer, seine beträchtliche Körpermasse durch die Tür zu wuchten, dann folgte er ihm in die Wohnung.
»Nun, Kernel«, begann Nazer, sobald die Tür geschlossen war. »Ich verreise zu einem kleinen Wochenendurlaub, und als ich zurückkomme, erfahre ich, daß der Anwalt dieser Clayton-Frau tot ist – ermordet. Wie kann so etwas geschehen?«
Kernel wurde von Nazers Direktheit überrascht. Gewöhnlich vollzogen sie ein Begrüßungsritual, zu dem gehörte, daß Kernel Kaffee und Süßigkeiten anbot und Nazer dankend ablehnte, als ob er an solchen Dingen nicht interessiert sei.
Und er verabscheute den Umgangston des Fetten. Sicher, Nazer war sein Vorgesetzter, aber nur, was seine Position bei Iswid Nahr betraf. In jeder anderen Hinsicht übertraf Kernel ihn. An Intelligenz, an Mut, an Herkunft. Sein Großvater war ein Beduine aus der Wüstenregion von Nejd, der Seite an Seite mit Abdel Aziz al-Saud in den Kriegen gefochten hatte, um das Land, das nun Saudi-Arabien hieß, zu einen. Und Kernel war nun seit fast zwanzig Jahren bei Iswid Nahr. Er war in Riad wohlbekannt und geachtet. Seine Aufgaben hatten ihn schon mehrmals mit Angehörigen der Herrscherfamilien zusammengeführt. Ja, Amerika war Nazers Domäne, aber er hatte kein Recht, Kernel zu behandeln, als wäre er ein ordinärer Mietling, genauso angeheuert wie Baker. Wer war diese fette Kröte von einem Mann überhaupt, daß er sich die Dreistigkeit herausnahm, so mit ihm umzuspringen?
»Es passierte, weil ich gezwungen bin, mit Idioten zu arbeiten«, sagte er und machte nur einem kleinen Bruchteil des Zorns Luft, der in ihm tobte. »Dieser Söldner, den Sie mir zugeteilt haben, ist wie ein rasender Skorpion, der alles sticht, was in seine Nähe kommt.«
Nazer quittierte Kernels Erwiderung mit einem trägen Blinzeln, dann zuckte er die Achseln. »Wir mußten schnell handeln. Wir hatten diesen Mann namens Baker in unseren Akten. Während des Golfkriegs hat er der Regierung seine Dienste als Sprengstoffexperte angeboten. Wir haben mit ihm Verbindung aufgenommen. Und bisher hat er sich als sehr nützlich erwiesen.«
»Aber wir brauchen
Weitere Kostenlose Bücher