Handyman Jack 10 - Der Erbe
ganz ruhig.« Er trat ganz nah an Miller heran und sah zu seinen ausdruckslosen grauen Augen hoch. »Verrat mir mal eines, Miller. Du hast schon ein paarmal gesagt, dass du davon ausgegangen bist, der Erbe würde aus den Reihen der Yeniceri kommen, stimmt’s?«
»Ja.«
»Lass mich raten, wer von den Yeniceri das deiner Meinung nach sein sollte. Du?«
Miller wirkte auf einmal nicht mehr ganz so selbstzufrieden. »Vielleicht.«
»Na gut, Miller. Ich sag dir was: Du kannst es sein. Ich will das nicht. Das gehört dir. Ich erkläre dich jetzt offiziell zum Erben.«
Miller schien noch stärker verunsichert. »So funktioniert das nicht.«
»Nein? Nun, dann mache ich dir einen Vorschlag: Finde einen Weg, diese Verantwortung von mir auf dich zu übertragen und du kannst sie haben. Ohne Vorbedingungen. Na, wie klingt das?«
Miller bewegte den Mund, aber er hatte nichts zu sagen. Er schien perplex, als könne er nicht begreifen, wie jemand kein Interesse daran haben könnte, der Wächter zu werden. Es war offenkundig, dass er nicht damit gerechnet hatte, dass jemand ihm ein solches Angebot machen könnte.
»Mein einziger Vorbehalt bei der ganzen Sache ist nur der, dass du als Wächter wahrscheinlich schlimmer wärst als der Widersacher.«
Miller verriet sein Vorhaben durch eine Änderung seiner Blickrichtung und das Zusammenpressen der Lippen. Jack duckte sich unter seiner Rechten hinweg und versetzte ihm einen Tritt gegen das linke Knie. Es war, als träte er gegen einen Betonpfeiler.
»Aufhören!« Davis sprang dazwischen. »Vielleicht gibt es einen Ort und eine Zeit dafür, aber nicht hier und nicht jetzt. Wir sind hier fertig. Sehen wir zu, dass wir zurück zur Heimstätte kommen.«
Jack behielt Miller im Auge und Miller starrte ihn hasserfüllt an. Davis hatte recht. Hier waren nicht der Ort und die Zeit dafür. Jack fragte sich, ob es überhaupt einen Ort oder eine Zeit geben würde, sich diesem Goliath entgegenzustellen. Seine Körpergröße machte ihn langsam, aber sie machte es auch nicht einfach, ihn zu verletzen.
Nicht einfach, aber nicht unmöglich.
Jack bemerkte mit Genugtuung, dass Miller geringfügig humpelte, als er ihm die Treppe hinunterfolgte.
13.
Davis schmatzte mit den Lippen, als er seinen leeren Bierkrug auf dem Tisch absetzte.
»Das habe ich jetzt gebraucht.«
Die Fahrt zurück nach Red Hook war angespannt und schweigend erfolgt. Auf dem Weg dorthin hatte Jack das FBI angerufen. Er teilte ihnen die Adresse von Shabbirs Wohnung mit und behauptete, der sei für die Explosion verantwortlich.
Nachdem sie Miller in der Heimstätte abgesetzt hatten, wollte Davis noch etwas trinken. Jacks erster Impuls war es, abzulehnen. Die Vorgänge der Nacht hatten einen schalen Geschmack in seinem Mund hinterlassen und er wollte zurück in seine Wohnung und allein sein. Für eine Nacht hatte er genug von Yeniceri und Visionen und seltsamen Vorgängen. Aber Davis hatte ihn fast angefleht und gesagt, er brauche jemand zum Reden. Jack mochte Davis, er spürte, dass er im Innersten anständig und ein guter Kerl war, deswegen gab er schließlich nach.
Sie fuhren mit den eigenen Wagen zurück nach Bay Ridge und fanden eine Kneipe in der gleichen Straße wie Shabbirs Wohnung. Auf dem großformatigen Fernsehbildschirm in der Ecke lief eine Sondersendung von der Explosionsstelle. Football fiel heute aus.
Sie suchten sich einen Tisch am Fenster, von wo aus sie die hiesigen Aktivitäten beobachten konnten.
Der ganze Block war abgesperrt. Dutzende von Sicherheitswesten mit der Aufschrift FBI wuselten durch ein Meer von Blaulichtern.
Jack leerte sein eigenes Bier. Er hatte das auch gebraucht.
»Noch eine Runde.«
Als Jack der Bedienung ein Zeichen gab, zwei neue Bier zu bringen, beugte sich Davis vor und senkte die Stimme.
»Das FBI wird die Bude komplett auseinandernehmen. Dagegen sieht dann sogar CSI blass aus. Sie und Zek haben doch keine Spuren hinterlassen, mit denen die etwas anfangen können, oder?«
Jack schüttelte den Kopf, war aber nicht beleidigt.
»Wir haben die Zigarettenstummel draußen gelassen und in der Wohnung Handschuhe getragen. Das habe ich auch in der Schule für Erben gelernt.«
Davis lächelte nicht. »Gut. Wenn die Vision des Oculus richtig war – wenn sie die Sprengstoffgürtel da in der Wohnung vorbereitet haben –, dann müssten sich in der Wohnung Spuren von Semtex finden. Die können die Zusammensetzung analysieren und so vielleicht Rückschlüsse auf die Herkunft
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