Handyman Jack - Story-Sammlung
schmale Aufwölbung im Fleisch.
Aber kein Loch. Er hob den Kopf – das war ihm vorher nicht möglich gewesen – und sah auf seinen Bauch hinunter. Sein Hemd und seine Hose waren triefnass vor Blut, aber er sah keine ausgetretenen Eingeweide. Und er sah auch keine Wunde. Nur einen dunklen blutigen Fleischberg.
Wenn er doch nicht so verdammt fett wäre und da unten etwas sehen könnte. Er rollte sich auf die Seite – er war wirklich kräftiger als zuvor – und stemmte sich auf die Knie, bis er seinen Hintern auf die Hacken setzen konnte, wobei er aber die ganze Zeit mindestens eine Hand fest auf den Bauch gepresst hielt. Aber es kam nichts heraus, drückte nicht einmal von innen gegen seine Hand. Er zog sein Hemd auseinander.
Die Wunde war geschlossen und zurückgeblieben war nur eine dünne rote Linie.
Das war unmöglich. Was war hier los?
Er hatte das Bewusstsein verloren, so musste es sein. Er träumte diese Situation.
Aber alles erschien ihm so real – der grobe Asphalt unter seinen Knien, die gerinnende rote Nässe in seinem Hemd, die Geräusche von der Straße, sogar der Geruch des Mülls um ihn herum. Alles war so wirklich …
Er stützte sich an der Hauswand ab und rappelte sich auf die Füße. Seine Beine waren wie Pudding und einen Moment dachte er, sie würden unter ihm nachgeben. Aber sie hielten ihn und er stand aufrecht.
Er hatte Angst, nach unten zu sehen, Angst, er würde sich da auf dem Boden liegen sehen. Schließlich sah er ganz kurz hin. Da war nichts außer zwei klebrigen Blutlachen, eine auf jeder Seite der Stelle, an der er gelegen hatte.
Er riss sich den Rest des zerfetzten Hemdes herunter und bewegte sich ganz vorsichtig auf die Straße zu. Er würde jeden Augenblick aufwachen oder sterben, und dieser Wahnsinn hätte ein Ende. Es konnte gar nicht anders sein. Aber bis es so weit war, würde er diese Wahnvorstellung bis zum Ende auskosten.
Als er in seiner Stube ankam – nachdem er den Wachtposten am Kasernentor und ein paar vorbeikommenden Nachteulen eine wirre Geschichte über einen versuchten Raubüberfall und eine Schlägerei erzählt hatte –, glaubte Patsy allmählich, dass er wirklich wach war und tatsächlich herumlief.
Man hätte sich das alles leicht mit einem Albtraum erklären können oder vielleicht mit einem LSD-Trip, weil ihm irgendein Scherzbold im Laufe des Tages etwas in den Kaffee geschüttet hatte. Er hatte sich selbst ein halbes Dutzend Mal fast davon überzeugt, dass das so gewesen sein musste. Aber dann sah er wieder die Narbe an seinem Bauch und das Blut an seiner Hose.
Patsy saß vollkommen fassungslos auf der Bettkante.
Das ist wirklich passiert! Er hat mich nur berührt und die Wunde hat sich geschlossen!
Ein Flüstern in der Dunkelheit riss ihn aus seiner Betäubung.
»Hey, Fatman, hast du was zu rauchen?«
Der Stimme nach musste das Donner sein, zwei Betten weiter. Ein Stammkunde.
»Heute nicht, Hank«, sagte er.
»Was? Fatman hat immer was!«
»Heute aber nicht.«
»Willst du mich verarschen?«
»Gute Nacht, Hank.«
Tatsächlich hatte er diverse Tütchen in seiner Matratze versteckt, aber Patsy war heute nicht nach Geschäften zumute. Sein Verstand war so ausgeleert, dass er zwei und zwei nicht mehr zusammenzählen konnte. Er betrauerte nicht einmal den Verlust seines ganzen Geldes – jeden erbärmlichen Cent, den er in einem Jahr durch armselige kleine Schiebereien wie die mit Donner angespart hatte. Alles, woran er gerade denken konnte, alles, was er vor sich sah, war dieses alte, einäugige Schlitzauge, das sich über ihn beugte, grinste, vor sich hinbrabbelte und ihm die Hände auflegte.
Er würde morgen mit Tram reden müssen. Tram wusste alles, was in diesem verdammten Land vor sich ging. Vielleicht hatte er schon einmal von dem alten Knacker gehört. Vielleicht konnte er ihn dazu bringen, nach ihm zu suchen.
Egal wie, Patsy hatte vor, dieses alte Schlitzauge zu finden. Er hatte Pläne mit ihm. Große Pläne.
Irgendwie gelang es ihm, das Frühstück zuzubereiten, ohne die Eier in den Kaffeeautomaten zu schlagen und den Kaffee in die Pfanne zu schütten.
Es war nicht einfach gewesen. Er war verspätet in die Kantine gekommen. Obwohl er früh genug aufgestanden war, hatte er dann in der Dusche gestanden und ewig lange den roten Striemen angestarrt, der sich an seinem Bauch hinunterzog, und sich dabei an das Gefühl von Hungs Messer in seinem Bauch erinnert, an die Erfahrung, die eigenen Gedärme in den Händen zu
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