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Hannes - Falk, R: Hannes

Hannes - Falk, R: Hannes

Titel: Hannes - Falk, R: Hannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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niemand von uns weggefahren. Keiner hat sich weggetraut von deinem Krankenbett, Hannes. Und vermutlich ist der Brenninger auch nur deshalb weg, weil er das einfach nicht mehr ertragen hat. Nicht mehr mit ansehen konnte, wie du daliegst. Darum macht es ihn wohl jetzt auch so wütend, was nun eben mal unwiderruflich passiert ist. Weil er es nicht ertragen kann, wenn dir etwas zustößt. Wenn dir etwas zugestoßen wird! Ja, und der Rick ist tagelang vor dem Krankenhaus rumgelungert und hat an seinen Nägeln gebissen. Hat stundenlang gewartet, bis ihn einer mit hoch nimmt oder wenigstens erzählt, wie es dir geht. Ist vor dem Krankenhaus rumgelungert und hat sich ’nen Bart wachsen lassen, anstatt in den Urlaub zu fahren. Und der Kalle. Der Kalle trägt eigentlich das schwerste Los von uns allen. Er lebt mit der Schuld, dich verraten zu haben. Ich glaube ihm die Geschichte natürlich, dass er nicht und zu keinem Zeitpunkt vorhatte, die Nele anzufassen. Ich glaube ihm, dass es einfach passiert ist, als er sie getröstet hat. In Wirklichkeit glaube ich sogar, dass sie ihn getröstet hat, viel eher als umgekehrt. Und dann ist es halt passiert. Zwei todunglückliche Menschensind sich in die Arme gefallen. So was passiert. Und nun trägt der Kalle die Last eines Verräters auf den Schultern und muss sich auch noch um die schwangere Nele kümmern, die von uns allen eigentlich noch die beste Figur abgibt.
    Diese Gedanken sind mir so durch den Kopf gegangen, und ich habe STS gehört und Fotos geguckt. Irgendwann hat mein Vater an die Tür geklopft und gefragt, ob er reinkommen kann. Wir haben zusammen ein paar Bier getrunken und ich hab ihm all diesen sentimentalen Mist erzählt, bis er geweint hat. Na ja. Bin jedenfalls heute Morgen zu spät zur Arbeit gekommen. Die Walrika hat kein Wort gesagt, und die Frau Stemmerle hatte mir ein paar Buttersemmeln geschmiert und damit am Eingang auf mich gewartet. Ich liebe sie!
    Ach ja, und ich habe vor, am Wochenende zum Flori zu fahren und die Walrika mitzunehmen. Das hat diverse Gründe. Zum einen muss ich dringend von meinen Eltern weg, weil ich’s nicht mehr aushalte. Zum anderen könnte ich ganz klar Pluspunkte bei der Walrika sammeln (wir haben zwar immer noch unsere vertraute Raucherpause gemeinsam, sprechen aber seit neulich nicht mehr dabei, was unheimlich nervt). Außerdem muss ohnehin mal wieder jemand nach dem Jungen sehen. Der Herr Stemmerle ist zwar jeden Sonntag dort, der wirft aber nur seine Blumen ins Wasser, und das war’s. Und in meinem hintersten Gedankeneck hätt ich noch gerne, dass die Frau Stemmerle mitfährt zur alten Villa. Mal sehen, ob sie sich das traut. Bin jedenfalls morgen früh wieder pünktlich am Fenster, um dich anzuschauen, mein Freund.
    Freitag, 15.09.
    Heute nach der Arbeit bin ich wieder mal ganz spontan mit der Redlich Iris ins kleine Wäldchen gefahren und hab dabei genau drauf geachtet, ob irgendwo in den Bäumen ’ne Kamera hängt. Hab aber nix gefunden. Die Redlich ist schon irgendwie irre, wenn ich bedenke, dass sie hier mit mir ihren Rauswurf riskiert. Egal.
    War heute Morgen natürlich bei dir und bin auf den Bonsai gestoßen. Er hat mich angesprochen, als er durch den Flur ging und ich grad durch dein Fenster sah. Hab mich natürlich gleich umgedreht, aber auf Augenhöhe nichts finden können. Hab dann schlagartig an den Bonsai denken müssen, meinen Blick gesenkt, und da war er auch schon. Wir haben ein wenig über dich geredet, er hatte aber auch keine neuen Erkenntnisse. Er meinte nur, wenn das Fieber weg ist, dürfen wir wieder rein. Ich hab ihm gesagt, dass deine Hände immer so kalt sind und blau, doch er meinte, das wär eigentlich ganz normal, aber er wird sich drum kümmern. Ich musste mich die ganze Zeit beherrschen, nicht seine Wangen zwischen Daumen und Zeigefinger zu schlenzen und zu sagen: »Ja, du bist aber groß geworden!«
    Hab übrigens der Walrika meinen Vorschlag von dem Ausflug erzählt, und sie ist drauf eingegangen. Sie hat zwar nur gesagt: »Ja, das können wir tun, in Gottes Namen«, aber da war so ein kleines versöhnliches Funkeln in ihren Augen. Sie will auch mit der Frau Stemmerle reden, ich soll mir aber keine allzu großen Hoffnungen machen. Die Frau Stemmerle hat eine furchtbare Angst vor dem See, hat sie gesagt. Na, jedenfalls haben wir vereinbart, dass ich am Sonntag mit dem Leihwagenmeiner Eltern zum Vogelnest komme, und dann düsen wir los. Es war übrigens ein Riesengezeter, bis ich den Leihwagen

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