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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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dickes Bier, Stopbier, Schiffsbier, Konvent, also Dünnbier und Kinderbier   –, so dass er die Brauerei weniger klarköpfig verließ,als er sie betreten hatte. Im Gespräch hatte er sich verwundert gezeigt, dass das Wasser auf die Hügel gepumpt wurde, schließlich war es ein enormer technischer Aufwand. Der Brauer hatte ihm erklärt, dass das Wasser aus der Trave durch die Meernähe für die Bierherstellung zu salzig sei und das Brunnenwasser zu kalkig. Dieser Aufwand habe aber auch dazu geführt, dass das Braurecht beschränkt worden sei; anders als in anderen Städten durfte zwar jeder für den Hausgebrauch brauen, aber nicht jeder durfte das Bier auch verkaufen. Mit ihrem abgeschlossenen Handel war Adrian, ob nun wegen oder trotz der Bierprobe, zufrieden gewesen.
    Knallen und Zischen durchbrach die Stille. Adrians Pferd scheute. Was war das gewesen? Es war aus Richtung der Hopfengärten gekommen, dort stieg Rauch auf. War Bruno Diercksen etwas geschehen? Er presste seinem Pferd die Hacken in die Seiten und wollte zu den Gärten reiten, doch das Tier verweigerte den Gehorsam und tänzelte unruhig auf der Stelle. Mit sanfter Stimme sprach Adrian in das angelegte Ohr des Pferdes, strich beruhigend über den Hals, und schließlich folgte es seinem Befehl.
    Auf einer Wiese vor den Hopfengärten stand Ratsherr Diercksen mit einem Mann und einem Jungen. War es ein Überfall gewesen? Adrian ritt heran. Beide schienen bewaffnet. Diercksen wirkte jedoch nicht beunruhigt, seine Begleiter sahen eher verlegen als gefährlich aus. In einiger Entfernung bemerkte Adrian einen an einen Baum gelehnten Harnisch. Er sprang vom Sattel und nickte den Männern zu.
    »Ich fürchtete schon, Euch sei etwas geschehen«, begrüßte er Bruno Diercksen.
    Der Ratsherr stand über seinen Stock gebeugt, die Schultern rund und schief. »Passiert ist gar nichts. Mir nicht   – und auch sonst nichts«, brummte er.
    Der Mann mit dem Rohr räusperte sich. »Ich   ... wir könntenes noch mal versuchen, verehrter Ratsherr. Es ist noch Pulver da.«
    Adrian betrachtete den Metallgegenstand interessiert. »Ein Handrohr, nicht wahr? Darf ich?«
    Auf einen Wink Diercksens gab der Mann es Adrian. Dieser nahm es genau in Augenschein. Es war länger und schwerer als die Handrohre, die er in Brügge gesehen hatte, deshalb trug der Lehrjunge wohl auch einen Stützstock mit einer gegabelten Spitze. »An Zielgenauigkeit sind Armbrust und Langbogen diesen Handrohren wohl noch überlegen. Auch braucht man länger, um einen Schuss abzugeben, wie man hört. Aber dafür sind diese Rohre vermutlich einfacher herzustellen und dadurch billiger als andere Waffen«, mutmaßte er, als er das Metallstück zurückgab.
    »Für den Preis einer Armbrust bekäme man zwanzig dieser Rohre«, stimmte Diercksen zu.
    Der Mann hielt unschlüssig das Handrohr neben sich. »Sollen wir es noch mal   ...?«, fragte er.
    Bruno Diercksen winkte ab und humpelte zu einer einfachen Bank, die am Rand der Wiese stand. »Macht Euch lieber an die Arbeit, Meister. Wir sprechen uns nächste Woche wieder. Und dann will ich sehen, wie dieser Harnisch von Bleikugeln durchschlagen wird«, forderte er mit pfeifendem Atem, bevor er Adrian den Platz neben sich anbot. »Wir wollen Handrohre gegen die Piraten einsetzen. Aber solange man mit ihnen noch nicht einmal diesen Harnisch da treffen kann, wird das wohl nichts. Sonst besteht die Gefahr, dass wir uns selbst Löcher in die Bordwand schießen«, meinte Diercksen gepresst. Ein Hustenreiz schien ihn zu quälen, immer wieder räusperte er sich.
    Adrian sah zu, wie die beiden Handwerker ihre Gerätschaften in einen Karren luden und abzogen. Schließlich sagte er gedankenverloren: »Diese Waffen sind das Zeichen einer neuen Zeit. Mit so einem Rohr könnte jeder Bauer einen gut bewaffneten Ritter besiegen, ist es nicht so?«
    Der Ratsherr hustete jetzt heftig und spuckte aus, seine Worte klangen bitter: »Einer neuen Zeit, in der ich keine Rolle mehr spielen werde.«
    Ja, er war alt, sicher war er nicht gesund, aber dennoch wollte Adrian ihm Mut machen. Die Ratswahl war zwar erst drei Wochen her, dennoch wurde es Zeit, dass Diercksen sie hinter sich ließ.
    »Sagt das nicht. Man braucht Euch noch. Wichtige Reisen im Auftrag des Rates warten auf Euch. Und es heißt, Ihr werdet nächstes Jahr ganz sicher zum Bürgermeister ernannt.«
    »Nächstes Jahr!« Diercksen schnaubte. »Wer weiß, was bis zum nächsten Jahr noch alles geschieht? Vielleicht liege ich

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