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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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entschädigen.«
    Das Lockmittel zog. Der Seemann machte ein Zeichen, dass er sprechen wollte, und so ließ Cord ihn los. Er setzte sich auf das Lager, seine Blöße mit einem Laken bedeckend. Adrian zog sich einen Stuhl heran und setzte sich rittlings darauf.
    »Dann erzählst du mir es eben noch mal. Wie genau ist es zu dem Unglück gekommen?«
    »Wir hatten schon Kurs auf Lübeck genommen«, begann der Seefahrer seinen Bericht, »da kam Sturm auf. Es goss wie aus Eimern. Wir kamen kaum mit dem Pumpen nach. Wir fragten den Schiffer, ob wir nicht besser anlanden sollten. Doch er lehnte ab, und eine Mehrheit brachten wir nicht zustande.«
    Adrian nickte. In vielen Fragen musste sich der Kapitän mit seiner Mannschaft abstimmen, das galt auch bei Notfällen. Das Pumpen war ebenfalls üblich. Koggen hatten kein wasserdichtes Deck, stets lief Wasser in den Laderaum und drohte das Gut zu verderben. Wasserpumpen war eine Knochenarbeit und dementsprechend unbeliebt bei den Matrosen. Deshalb wurde es oft auch als Strafe eingesetzt.
    »Unser Steuermann fuhr hart an der Küste«, setzte der Fremde seine Erzählung fort. »Er kenne sich aus, sagte er, und so blieben wir ruhig. Doch dann liefen wir auf Grund. Das Schiff drohte zu kentern. Die Wellen peitschten es an die Küste. Wieder und immer wieder. Die Planken krachten, dass es einem angst und bange wurde. Dann brach Panik aus. Der Schiffer gab den Befehl, die Gotthilf zu verlassen, also sprangen wir.« Er griff seinen Bierkrug, sah hinein, brummte enttäuscht.
    »Weiter. Trinken kannst du nachher noch mehr als genug. Was war mit dem Schiff?«, trieb Adrian ihn an. Der Seemann hob den Krug weit über seinen Kopf und ließ die letzten Tropfen Bier in seinen Mund träufeln.
    »Tja«, sagte er. »Wir retteten uns an Land. Als wir bei Anbruch des Tages nach dem Schiff sahen, war nichts mehr davon zu sehen. Die See hat’s verschlungen. Mit allem, was darauf war.« Adrian stand auf, ging auf und ab.
    »Das Schiff war weg? Kein Treibgut? Keine Planken, keine Fässer, keine Ballen?«, fragte er mit schneidender Stimme.
    »Nichts. Alles hat der Sturm mit sich genommen.«
    Adrian fasste den Mann fest ins Auge. »Kam euch das nicht merkwürdig vor? Ein Schiff kann doch nicht so einfach verschwinden.«
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Der Schiffer meinte, das könne schon vorkommen. War schließlich ein heftiger Sturm. Aber da wir keine Anteile hatten, haben wir auch nicht genauer nachgehakt.«
    Oft durften Seeleute selbst Waren mit an Bord nehmen, die Anteile waren nach Posten gestaffelt. Am meisten Schiffsraum stand dem Schiffer und dem Steuermann zu, dann folgten der Koch und der Zimmermann, schließlich die einfachen Matrosen. Es kam jedoch auch vor, dass die Seeleute nur ihre Heuer bekamen, allerdings standen sie in diesem Fall dem Verbleib der Waren ziemlich gleichgültig gegenüber, wie sich auch jetzt wieder zeigte.
    »Sag mir noch eins: Glaubst du, der Schiffer hat die richtige Entscheidung getroffen?«
    Der Mann drehte seinen Bierkrug zwischen den Händen. »Zumindest kam nur ein Mann ums Leben«, sagte er. »Wie ist es denn nun mit meiner Entschädigung? Dann kann ich die Kleine auch endlich wieder reinrufen.« Er grinste. Für ihn schien das Unglück damit erledigt. Ein neues Schiff würde kommen, auf dem er anheuern könnte.
    Adrian ließ sich noch Namen und Herkunftsorte des Schiffers und des Steuermannes geben, dann reichte er dem Seemann sein Geld. Ihre Spur führte nach Wismar, dort würde er weiter nachforschen müssen.
    ~~~
    Kleine Hände fuhren zart seinen Nacken hinunter, strichen über seinen Rücken und seine Brust. Wohlig ließ Adrian sich tiefer in den Bottich heißen Wassers sinken. Neben sich hörte er eintiefes, zufriedenes Brummen. Auch Bruno Diercksen genoss offenkundig die Hilfe der jungen und hübschen Bademägde. Lübeck hatte zahlreiche Badehäuser. In fast jeder Straße schien es mindestens eines zu geben. Dies hier wurde von den hohen Herrschaften und den Ratsherren aufgesucht, das hatte er noch von seinem Freund Konrad Vresdorp erfahren.
    »Das tut den alten, müden Knochen gut, mien Deern! Eine solche Wohltat kann mir sonst nur meine Frau bereiten, dass du das weißt!«, schnurrte Diercksen. An Adrian gewandt setzte er fort: »Nachdem meine letzte Gemahlin gestorben war, wollte ich kein Witwer bleiben, nicht einen Tag länger als nötig. Die Ehe ist ein Sakrament, von Gott gewollt. Es ist nicht gut für den Menschen, allein zu

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