Happy End fuer Rachel
sagst du zu Charles’ selbst gebackenen Muffins? Sind sie nicht köstlich?“
„Wie schön, dass du dich heute immerhin für Kleinigkeiten begeistern kannst“, bemerkte sie ironisch. „Hoffentlich bist du morgen ein wenig besser gelaunt, mein Lieber. Schließlich ist das unser letzter gemeinsamer Tag vor deiner Abreise.“
„Shell …“, begann Joe, als er zum Esstisch hinüberging. Doch Charles unterbrach ihn: „Bitte läuten Sie, wenn Sie noch etwas wünschen, Sir.“ Damit zog er sich zurück.
Obwohl Joe nicht besonders hungrig war, brach er sich von einem der kleinen Kuchen ein noch dampfendes Stückchen ab. So konnte er wenigstens Shelleys vorwurfsvollem Blick ein wenig länger ausweichen. „Koste doch bitte von den frischen, die auf deinem Teller hast du ja nicht angerührt“, versuchte er sie zu überreden.
„Du weißt doch, dass ich diese Kalorienbomben nicht mag. Und du solltest auch etwas mehr auf deine Ernährung achten“, lehnte Shelley mit gekräuselter Nase ab.
„Ein Muffin wird mich schon nicht umbringen. Aber wenn es dich beruhigt, werde ich das nächste Fitnessstudio ansteuern, sobald ich zurück in Miami bin.“
„Mach dich ruhig lustig.“ Joe schenkte sich Kaffee ein. „Ach, komm schon, Shell! Oder verstehst du heute keinen Spaß?“
„Dich verstehe ich heute nicht“, blaffte Shelley gereizt zurück. „Gestern Abend fällst du wie erschlagen in Tiefschlaf, und danach schleichst du dich in aller Frühe heimlich davon. Du hast nicht einmal geduscht! Das verstehe ich nicht!“
Augenblicklich verstehe ich selbst vieles nicht, dachte Joe im Stillen. Die andere Frau ließ sich nicht aus seinen Gedanken verdrängen, obwohl doch gar nichts so Außergewöhnliches an ihr war. Disziplin, Mendez! Du musst deinen Kopf wieder freibekommen. Nachdenklich wanderte Joes Blick zu Shelley.
Mit ihrer rosigen Zungenspitze fuhr sie sich über die glänzenden Lippen. „Sehen wir uns wenigstens heute Abend?“ „Shell, bitte glaub mir, ich bedaure zutiefst, die Dinnereinladung bei Steves Familie nicht ausschlagen zu können.“ „Du wirst seine Frau treffen?“, fragte sie misstrauisch.
Ein spöttisches Blitzen lag in seinen Augen, als er antwortete: „Seine Eltern, mit Verlaub! Und auch nur, um die Grüße ihres Sohnes auszurichten.“
„Und das soll ich dir glauben?“, fauchte sie bösartig.
„Du kannst liebend gern mitkommen und dich überzeugen.“ Und wenn Rachel nun auch bei den Schwiegereltern auftaucht?
Rachel, Rachel, Rachel, summte es gegen seinen Willen fortwährend in ihm und verstummte auch nicht, als Shelley wutschäumend schrie: „Soll das etwa ein Scherz sein? Verlangst du allen Ernstes von mir, den Samstagabend mit einem alten Ehepaar zu verbringen, das bis zum Dessert vermutlich unsere Namen schon wieder vergessen hat? Danke, nein.“
„Okay, okay“, wehrte Joe ab. Trotz allem um Ruhe und Ausgleich bemüht sagte er: „Auf jeden Fall sehen wir uns am Sonntag. Den Tag über bis in den Abend hinein habe ich Termine, aber was hältst du von einem Abschiedsdinner?“
„Joe!“, protestierte Shelley durchdringend, „Ich rede doch schon seit Wochen von meiner Einladung zu der Gala am Sonntagabend.“
Gegen seinen Willen entgegnete er: „Nun, dann sehen wir uns wohl erst im November, bei deinem Fotoshooting in der Karibik.“
Plötzlich glättete ein schmeichlerisches Lächeln Shelleys zornige Miene. Mit schräg gehaltenem Kopf und aufstrahlenden meerblauen Augen kam sie langsam auf Joe zu. „Absagen“, flüsterte sie leise. „Einfach alle Termine absagen. Da ist doch diese junge Dame, die nur äußerst ungern ohne die Begleitung eines bestimmten Herrn zu dem Galadinner gehen möchte.“
„Könnte nicht die junge Dame ihre Einladung absagen und mich begleiten?“, konterte Joe.
„Unmöglich, und das weißt du auch“, fauchte sie nun wieder.
Unbewusst hoffte er, dass sie ihm seine Erleichterung nicht ansah. „Bei mir lässt sich nichts machen. Aber zweifellos gibt es mehr als ein Dutzend Männer, die dich liebend gern begleiten würden, Shell.“
Nach einem letzten vernichtenden Blick auf ihn machte Shelley auf dem Absatz kehrt und rannte zur Tür. Im Türrahmen stoppte sie kurz und sah ihn noch einmal an. „Du egoistischer Mistkerl!“, rief sie zum Abschied.
Kommt mir bekannt vor, dachte Joe, als die Tür krachend hinter ihr ins Schloss fiel.
Auch gut, sagte er sich.
6. KAPITEL
Mehr als eine Woche nach ihrem Zusammentreffen mit Joe Mendez saß
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