Happy End fuer Rachel
Rachel innerlich ganz aufgewühlt an ihrem Computer.
Was ist denn heute bloß mit mir los?, fragte sie sich ärgerlich und malträtierte frustriert die Korrekturtaste. Den Beginn des neuen Kapitels hatte sie immer wieder verworfen, weil es ihr diesmal partout nicht gelang, das Feuer zwischen den handelnden Personen zu entfachen. Nun klingelte auch noch das Telefon. Marcia, dachte sie erschreckt. Nur aus Pflichtgefühl hob sie ab. Denn sie befürchtete, dass ihre Agentin sich nicht länger vertrösten ließ. Aber in den vergangenen Tagen war es ihr einfach unmöglich gewesen zu arbeiten.
„Hoffentlich störe ich dich nicht bei deiner Arbeit?“, hörte sie erleichtert die Stimme ihrer Schwiegermutter.
Schon seit Daisys Abreise versuchte Evelyn, sie mit lieben Gesten von sorgenvollen Gedanken abzulenken.
„Evelyn? Dem Himmel sei Dank! Ich hatte schon befürchtet, es sei Marcia. Mein Abgabetermin ist schon überschritten, und sie sagte, der Verlag setze sie bereits unter Druck.“
„Sitze nicht bis in die Nächte am Schreibtisch, mein Kind. Es tut deiner Gesundheit nicht gut.“
Zu anderen Zeiten schöpfte Rachel durchaus Kraft aus Evelyns Fürsorge, aber heute war sie ihr lästig. Sie zwang sich, unbefangen zu antworten. „Ich komme schon zu meinem Schlaf, Lynnie.“
Insgeheim hoffte Rachel, dass ihre Schwiegermutter Joe Mendez nicht erwähnte. Denn seit seinem Besuch schwärmte Evelyn unablässig von ihm. Ihre bedauernde Bemerkung, Daisy sei leider noch viel zu jung für diesen angenehmen Mann, hatte Rachel einen Stich versetzt. Die Möglichkeit, dass Daisys Mutter sich zu diesem charmanten Mann hingezogen fühlen konnte, kam offenbar niemandem in den Sinn.
„Ach, Lynnie, du ahnst nicht, wie sehr ich Daisy vermisse. Wenn sie wenigstens häufiger anrufen würde!“, wechselte Rachel nun das Thema.
Wie immer versuchte Evelyn gleichzeitig, ihre Schwiegertochter zu trösten und ihre Enkelin in Schutz zu nehmen: „Sie ist ein Teenager, Rachel. Im Moment hat sie wahrscheinlich Aufregenderes zu tun, als mit ihrer Mutter zu telefonieren. Das ist ganz normal in diesem Alter. Du solltest dich nicht verrückt machen. Wenn irgendetwas wäre, hätte Steve sich ganz bestimmt schon gemeldet.“
Doch damit gab Rachel sich nicht zufrieden. „Ich bitte dich! Eine E-Mail und zwei Anrufe, mehr habe ich seit einer Woche nicht von ihr gehört. Schließlich bin ich ihre Mutter!“
„Ich weiß, ich weiß, aber dein kleines Mädchen wird langsam erwachsen, Rachel. Nicht mehr lange, und sie wird aufs College gehen. Irgendwann werden sie alle flügge. Aber jetzt ist sie bei ihrem Vater noch gut aufgehoben.“
„Sie ist erst dreizehn, Lynnie!“, protestierte Rachel uneinsichtig.
Aus der Hörmuschel drang ein leiser Seufzer. „Das weiß ich doch, aber die Zeit vergeht nun mal wie im Flug, und plötzlich ist dein Kind erwachsen. Da fällt mir ein, sagtest du gestern Abend nicht, Paul Davis habe dir wieder einmal etwas Nettes auf den Anrufbeantworter gesprochen? Ich hoffe doch, du hast ihm endlich zugesagt. Dein ehemaliger Chef gefällt Howard und mir sehr. Warum nimmst du nicht endlich seine Einladung an?“
Im Gegensatz zu ihrer Schwiegermutter hatte sie gar nicht mehr an Paul gedacht. Vor ihrem Durchbruch als Romanautorin hatte die gut bezahlte Stelle als Sekretärin in Pauls Steuerberatungsbüro Steves ausbleibende Unterhaltszahlungen ersetzt. Der in Frauenfragen noch unerfahrene Paul hatte schon bald mehr als eine Mitarbeiterin in Rachel gesehen. Seitdem bemühte er sich unablässig um eine Verabredung mit ihr.
Sie unterdrückte ein Kichern. „Himmel, Evelyn! Ja, Paul ist lieb und nett, aber was soll ich mit einem Fünfzigjährigen, der zudem noch bei seiner Mutter lebt!“
„Gerade das zeigt doch, wie zuverlässig und fürsorglich er ist“, beharrte Evelyn. „Rachel, es liegt doch nichts Verpflichtendes darin, dich einmal mit einem netten Mann zum Essen zu verabreden.“
Verabredung, hallte es in Rachels Ohr nach. Wann hatte ich eigentlich das letzte Mal eine richtige Verabredung? Plötzlich holte sie die Erinnerung an Joe Mendez’ Kuss ein. Das Magische, Übersinnliche an diesem Kuss ließ Rachel inzwischen daran zweifeln, ob es ihn wirklich gegeben hatte. Aber reichten die schlaflosen Nächte der vergangenen Woche nicht als Beweis? Immer wieder hatte glühendes Verlangen sie aus Träumen gerissen, für die sie sich anschließend schämte.
„Rachel?“, riss Evelyns besorgte Stimme sie aus ihren
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