Hard News
zurückzuweichen, und zwang ihn zu sehen, wie viel Hass zwischen ihnen aufwallte und überkochte. Wie sehr sie sich wünschte, Prometheus wäre noch an den Felsen gekettet und würde von Vögeln aufgefressen.
Boggs blinzelte kurz. Er schluckte und wandte sich schließlich ab.
»Nix wie weg, Junge«, rief Nestor. »Wir haben ’n Date mit der Autobahn.«
Dann waren sie verschwunden.
Mann, Mann, Mann, es gibt doch nichts Schöneres als Fahren, dachte Randy Boggs.
Es gab auf der ganzen Welt nichts Vergleichbares. Das Rauschen der Reifen auf dem Asphalt. Das Schlingern des Wagens auf abgefahrenem Pflaster. Das Wissen, dass die Straße immer da sein würde und dass man ewig weiterfahren konnte und nie auch nur einmal über den gleichen Fleck fahren würde, wenn man nicht wollte.
Der Ford Tempo, den Nestor steuerte, hatte Jersey und Pennsylvania schon hinter sich gelassen und fuhr nun über die Autobahn durch Maryland. Richtung Süden.
Bewegung ist wie weicher Whisky. Bewegung, wie eine Droge. Randy Boggs meditierte weiter.
Und das Beste von allem – wenn man fährt, ist man ein bewegliches Ziel. Man ist so sicher wie nur möglich. Nichts kann einen verletzen. Keine unglückliche Liebe, kein Job, die eigenen Leute nicht, nicht mal der Teufel selbst …
»Krabben«, sagte Nestor. »Halt mal Ausschau nach ’nem Krabbenschuppen.«
Sie fanden keinen und holten sich stattdessen Cheeseburger bei McDonald’s, die Boggs ohnehin lieber aß als Krabben, und Nestor meinte, sie seien besser für ihn, weil er auf Diät sei.
Sie tranken Bier aus großen, gewachsten Bechern mit Doppelbögen, aus denen sie die Limonade ausgekippt hatten. Sie fuhren gerade noch mit der erlaubten Geschwindigkeit, hatten aber auf Boggs’ Bitte hin alle Fenster heruntergekurbelt; es wirkte, als würden sie mit hundert Meilen pro Stunde dahinrasen.
Randy Boggs ließ die Rückenlehne nach hinten kippen und legte sich zurück, saugte das Bier durch einen Strohhalm und aß einen doppelten Cheeseburger und dachte über die Freiheit nach und übers Fahren und stellte fest, dass deshalb das Gefängnis so hart für ihn gewesen war. Dass es Leute gab, die an einem Ort bleiben müssen, und Leute, die sich bewegen müssen; und er brauchte Bewegung.
Das waren seine Gedanken, und er hielt sie für auf eine universelle Weise wahr. Es waren jedoch Gedanken, die er nicht mit Jack Nestor teilte. Nicht, dass Jack ein dummer Mensch gewesen wäre. Nein, wahrscheinlich hätte er es verstanden, aber er war jemand, mit dem Boggs nicht sehr viel teilen mochte.
»Na«, fragte Jack Nestor, »wie fühlt sich’s an?«
»Gut fühlt sich’s an. Echt gut fühlt sich’s an.«
»Was war eigentlich mit der Kleinen da? Die ist ja ’n Feger. Was gehabt mit ihr?«
»Nee, so war das nicht.«
»Schien keine nennenswerten Titten zu haben.«
»Sie war mehr wie ’ne Freundin, weißt du. Ich wollte, ich hätt mich bei ihr revanchieren können.«
»Du hast gemacht, was nötig war.«
»Ist mir klar. Ich hätt nicht viel länger Drinnen bleiben können, Jack. Ich hab mein Bestes versucht. Aber ich musste da raus. Irgendjemand hatte’s auf mich abgesehen.«
»Nigger?«
»Nee. Irgend so ’n Arschloch aus, was weiß ich, Kolumbien oder so. Venezuela. Hatte mich aus irgend ’nem Grund aufm Kicker. Hat mich abgestochen.«
»Abgestochen?«
»Vor zwei Wochen. Tut aber kaum noch weh.«
»Ja, ist mir auch mal passiert. War nicht schön. Besser angeschossen werden. Tut irgendwie weniger weh.«
»Am liebsten weder noch.«
»Das ist die richtige Einstellung«, stimmte Nestor zu. Er war guter Laune. Er plauderte über Restaurants drunten in Florida und Schwertfischangeln und die Qualität des Shits, den sie da drunten hatten, und die Kubanerin mit den dicken Titten und dem Tattoo, das ihr einer mit den Zähnen und einem Parker-Kugelschreiber verpasst hatte. Sprach über die Hitze. Über das Haus, das er sich kaufen wollte, und dass er in einem beschissenen Hotel wohnen musste, bis das Ding fertig war.
»Wann sind wir in Atlanta?«, fragte Boggs.
»Morgen. Dann fahr ich weiter nach Florida. Wenn du Lust hast mitzukommen, bist du herzlich eingeladen. Magst du Latinoweiber?«
»Hatte noch nie was mit einer.«
»Weißt nicht, was dir entgangen ist.«
»Echt?«
»Und ob. Hab ich dir mal von der einen erzählt? Mann, die hätt’s wahrscheinlich uns beiden gleichzeitig besorgt.«
Boggs beschloss, dies zu übergehen. »Ich weiß nicht.«
»Na schön, denk einfach mal
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