Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
kam ich mühsam aus der Hocke hoch, die Beinmuskeln angespannt und zittrig. Wahrscheinlich war es besser, wenn ich mich setzte. Mein Bademantel hing über der Sessellehne, ich zog ihn über. Madeleine hatte, wahrscheinlich erbost über die rüde Unterbrechung ihrer Nachtruhe, ihren Platz geräumt und war verschwunden.
„Alles in Ordnung, Roe?“, fragte Martin.
„Alles in Ordnung“, bestätigte ich mit zittriger Stimme.
Wir starrten unseren Gefangenen an, als mir ein Gedanke durch den Kopf schoss. „Martin, wo hast du geparkt? Bist du überhaupt mit deinem Auto hier?“
„Nein“, entgegnete Martin langsam. „Ich habe in einer der Parkbuchten für Anwohner geparkt, aber ich bin mit einem Firmenwagen unterwegs. Ich lasse den Mercedes nicht gern auf dem Flughafenparkplatz, und ich bin ja gleich vom Flughafen aus hierher gekommen.“
„Dann wusste er nicht, dass du hier bist“, stellte ich fest.
Martin kapierte rasch, worum es mir ging. Eben noch hatte er eher verdattert als richtig wütend gewirkt, jetzt nahm sein Gesicht mordlüsterne Züge an.
„Was hatten Sie mit dem Strick und dem Klebeband vor, Sam?“, erkundigte er sich leise.
Mir wich sämtliches Blut aus dem Gesicht. Ehe Martin diese Frage stellte, hatte ich meine eigenen Gedanken noch nicht bis zum logischen Schluss weitergedacht.
„Sie elender Schweinhund!“, keuchte Ulrich. „Ich wollte Ihnen genauso wehtun, wie Sie mir wehgetan haben!“
„Ich habe Ihre Frau nicht vergewaltigt.“
„Ich hatte nicht vor, sie zu vergewaltigen“, sagte Ulrich, als wäre ich gar nicht im Raum. „Ich wollte sie erschrecken und dann gefesselt hier liegen lassen, damit Sie mal mitkriegen, wie es ist, die eigene Familie völlig hilflos zu erleben.“
„Ihre Logik kann ich nicht ganz nach vollziehen.“ Martins Stimme war schärfer als eine funkelnagelneue Rasierklinge.
Gut, hier ging es um den Kampf zweier Männer, aber war nicht ich diejenige, die Ulrich hatte fesseln und knebeln wollen?
„Sie wollten sich also im Dunkeln hier reinschleichen und eine Frau fesseln, die gar nicht Ihr eigentlicher Feind ist?“, warf ich in die Runde. „Finden Sie nicht, so etwas tut nur ein Feigling?“
So hatte Sam Ulrich die Sache anscheinend noch nicht betrachtet. Sein Gesicht wurde womöglich noch röter, was kein schöner Anblick war.
„Am liebsten würde ich Sie umbringen.“ Martins Stimme klang immer noch todbringend leise. Ich zweifelte keinen Augenblick daran, dass es ihm ernst war – Ulrichs Schultern konnte ich entnehmen, dass er das genauso sah. Selbst in seiner Pyjamahose strahlte Martin mehr Autorität aus, als Ulrich im Anzug möglich gewesen wäre. „Aber Sie wollten Roe etwas antun, es ist ihr Haus, in das Sie eingebrochen sind. Vielleicht sollte sie entscheiden, was wir mit Ihnen machen.“
Martin würde diesen Mann umbringen, wenn ich ihn darum bat, dessen war ich mir vollkommen bewusst.
Was, wenn ich die Polizei rief? Ich stellte mir die Beamten, die ich noch aus meiner Zeit mit Arthur kannte, vor, ich stellte mir ihn selbst hier in meinem Schlafzimmer vor, wie sie mein schwarzes Nachthemdchen begafften. Ich stellte mir den Ausdruck in ihren Augen vor, wenn sie hörten, dass Martin und ich gemeinsam in diesem Bett gelegen hatten, als ich unten ein Geräusch hörte. Auch dachte ich an den Bericht im Lawrenceton Sentinel. Unsere Zeitung meldete täglich, mit welchen Ereignissen unsere Polizei sich hatte befassen müssen. Sollte ich diesen abscheulichen Feigling also einfach entkommen lassen? Aber was, wenn Martin nicht bei mir gewesen wäre? Wenn ich allein mit diesem frustrierten Mann, seinem Strick und seinem Klebeband konfrontiert worden wäre?
Jetzt verrate ich Ihnen, was mir an Martin einfach nur gut gefiel: Er ließ mich in Ruhe nachdenken. Ohne das Gesicht zu verziehen, ungeduldig zu werden oder auch nur ein Wort zu sagen.
„Haben Sie eine Frau?“, fragte ich Sam Ulrich.
„Ja“, murmelte er.
„Kinder?“
„Zwei.“
„Wie heißen die beiden?“
Er sackte mehr und mehr in sich zusammen. „Jannie und Lisa.“ Das kam sehr leise.
„Jannie und Lisa würden bestimmt nicht gern in der Zeitung lesen, dass ihr Vater eine unbewaffnete Frau in ihrem eigenen Heim überfallen hat.“
Gleich würde Ulrich anfangen zu weinen, so sehr beutelten ihn Wut und Erniedrigung.
Ich besorgte mir aus meiner Nachttischschublade einen Stift und einen Notizblock.
„Schreiben Sie“, befahl ich.
Ulrich nahm das Schreibzeug entgegen.
„Erst
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