Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
neben mir und lauschte auf die Geräusche der Nacht. Ich glaubte nicht, dass Ulrich so dumm war zurückzukommen. Der lag wahrscheinlich zu Hause in seinem Bett und dankte seinem Schöpfer, dass er so glimpflich davongekommen war.
Auch ich hatte mich bei meinem Schöpfer für einiges zu bedanken.
Liebenswürdigerweise entschwand Martin am Samstag nicht gleich frühmorgens in die Firma, fand aber, er müsse irgendwann doch mal vorbeischauen, weil er gerade ein paar Tage fortgewesen war. „Im Betrieb nimmt langsam alles geregeltere Formen an“, erklärte er beim Morgenkaffee. „Da werde ich bald auch an den Wochenenden nicht mehr so viel arbeiten müssen. Außerdem habe ich inzwischen einen guten Grund, der Firma fernzubleiben.“
Ich versuchte zu lächeln, wobei dieser Versuch wohl ziemlich jämmerlich ausfiel.
„Roe?“, begann Martin sehr ernst. „Den Ärger gestern Abend, den habe ich dir eingebrockt, was mir aufrichtig leid tut. Ware ich nicht gewesen, wäre Ulrich nie hergekommen. Ich hoffe, du hasst mich jetzt deswegen nicht.“
„Nein!“, versicherte ich alarmiert. „Denk doch so was nicht! Ich bin nur müde, das Ganze hat mich schon ziemlich fertiggemacht. Aber eins musst du mir wirklich erklären: Warum hast du eine Pistole dabei, wenn du die Nacht bei mir verbringen willst?“
„Mein Leben war teilweise recht hart“, antwortete Martin nach kurzem Nachdenken. „Ich habe einen Job, bei dem ich unter anderem gewissen Leuten Schwieriges zumuten muss, Leuten wie Ulrich.“
Mehr sagte er nicht. Ich schloss kurz die Augen: Höchstwahrscheinlich kam die Antwort der Wahrheit so nahe, wie Martin es auszudrücken wagte. „In Ordnung.“ Ich nickte.
„Ist dir immer noch nach diesem Maklerbankett heute Abend?“, wollte Martin wissen.
Das Bankett hatte ich total vergessen. Natürlich war ich nicht besonders scharf darauf. Aber was sollte ich Mutter sagen, wenn sie fragte, warum wir gekniffen hatten? So auf die Schnelle wollte mir keine einleuchtende Ausrede einfallen.
„Irgendwie schon“, sagte ich lustlos. „Besser, ich schleppe mich da hin, dann habe ich wenigstens was zu tun und denke nicht die ganze Zeit über letzte Nacht nach.“
„Vergiss nicht, dir die Haare hochzustecken“, erinnerte mich Martin später, während er seine Sachen zusammensuchte. „Wann soll ich vorbeikommen?“
„Ich glaube, ab achtzehn Uhr dreißig gibt es Cocktails.“ „Dann also achtzehn Uhr dreißig. Abendkleidung?“ „Ja. Jeder kann bis zu vier Gäste mitbringen. Da kommen allerhand Leute zusammen, und einen Redner gibt es auch.“
Ich lehnte in der Haustür. Martin war schon halb bei seinem Auto, als er seine Sachen fallen ließ, noch einmal zu mir zurückkam und meine Hand ergriff.
„Das gestern Nacht hat dich doch nicht ins Schwanken gebracht, was mich betrifft?“ Er sah mich unverwandt an, die Frage war ihm ernst.
Ich schüttelte langsam den Kopf. Was empfand ich eigentlich? Warum sah alles gerade so düster aus? „Womöglich erkenne ich gerade, dass ich mehr bekommen habe, als ich ahnte“, antwortete ich, eine arg zusammengekürzte Version meiner Gefühle.
Er sah mich fragend an. Inzwischen war ich zu entkräftet, um noch richtig denken zu können. „Du bist ein gefährlicher Mann, Martin“, sagte ich leise. „Nicht für dich“, flüsterte er. „Nicht für dich.“ „Besonders für mich“, dachte ich, während ich zusah, wie er fort fuhr.
Ich hatte vergessen, einen Friseurtermin zu machen, um mir die Haare hochstecken zu lassen. Jetzt waren natürlich alle Friseure, die Samstags arbeiteten, ausgebucht, weswegen ich die Frau, die sich um die Haare meiner Mutter kümmerte, ordentlich beschwatzen und ihr ein fürstliches Trinkgeld versprechen musste, bis sie sich breitschlagen ließ, für mich länger zu arbeiten. Nach dem Termin bei ihr würde ich mich beeilen müssen, wollte ich rechtzeitig zum Bankett kommen.
Irgendwie passte mir das nicht einmal schlecht in den Kram. Müde schleppte ich mich ins Bett. Diese Erschöpfung schon am Morgen entwickelte sich langsam regelrecht zur Gewohnheit.
Der graue Tag sah keineswegs einladender aus, als ich gegen vierzehn Uhr wach wurde, aber ich fühlte mich besser. Ich beschloss, die vergangene Nacht in meinen mentalen Giftschrank zu sperren und mich statt zu grübeln lieber darauf zu freuen, dass ich zum ersten Mal mit Martin an einem gesellschaftlichen Ereignis in Lawrenceton teilnehmen würde. Es war überaus menschlich, wenn
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