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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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war, den Gunn gekannt haben musste, dass der Mörder jemand war, der innerhalb des Zauns anzusiedeln war, der Gunns Existenz umgab. Das war auf jeden Fall eine wichtige Einsicht. Das Vorgehen in einem Ermittlungsverfahren hing ganz erheblich davon ab, ob der gesuchte Verdächtige den Lebensweg des Opfers erst zum Zeitpunkt des Mordes gekreuzt hatte oder schon zuvor. McCaleb hatte die Nuancen des Tatorts so gedeutet, dass der Mörder Gunn gekannt hatte und dass die letzte und tödliche Begegnung von Mörder und Opfer ein Vorspiel gehabt hatte.
    Die zweite Datei enthielt nur kurze Notizen, die, nahm Bosch an, McCaleb zu einem ausführlichen Täterprofil hatte ausarbeiten wollen. Beim Lesen merkte er, dass einige der Formulierungen Wendungen waren, die McCaleb von ihm übernommen hatte.

    VERDÄCHTIGER
    Bosch:
    Leben in Institutionen – Jugendheim, Vietnam, LAPD
    Außenseiter – Entfremdung
    zwanghaftes Verhalten
    Augen – verloren, Verlust
    Mann mit Mission – Racheengel
    das große Rad, das sich unablässig dreht – niemand kommt ungestraft davon
    was sich im Kreis dreht, kommt wieder
    Alkohol
    Scheidung – Frau? Warum?
    Entfremdung / Zwanghaftigkeit
    Mutter
    Fälle
    Rechtssystem – »Quatsch«
    Träger der Pest
    Schuld?

    Harry = Hieronymus
    Eule = das Böse
    das Böse = Gunn
    Tod des Bösen = Abbau von Stress

    Gemälde – Dämonen – Teufel – das Böse
    Licht und Dunkelheit – der Abgrund
    Bestrafung
    Mutter – Gerechtigkeit – Gunn
    Gottes Hand – Polizei – Bosch
    Bestrafung = Gottes Werk

    Ein Dunkel , tiefer als die Nacht – Bosch

    Bosch war nicht sicher, was er von den Notizen halten sollte.
    Vor allem die letzte Zeile hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Er las sie mehrere Male, ohne dass ihm klar wurde, was McCaleb damit über ihn sagen wollte.
    Schließlich faltete er die Seite sorgfältig zusammen und saß eine Weile reglos da. Es hatte eindeutig etwas Surreales, hier auf dem Schiff zu sitzen, nachdem er gerade die Notizen und Überlegungen eines anderen Mannes studiert hatte, der zu begründen versuchte, warum er als Mordverdächtiger betrachtet werden sollte. Er spürte, wie ihm leicht übel wurde, und merkte, dass er vielleicht seekrank wurde. Er trank die Cola aus und stand auf. Er steckte die Seiten in seine Jackentasche zurück.
    Bosch ging in Richtung Bug und drückte die schwere Tür zum Vorschiff auf. Auf der Stelle blies ihm die kühle Luft ins Gesicht. In der Ferne konnte er die dunklen Umrisse des Festlands erkennen. Er hielt den Blick auf den Horizont gerichtet und atmete in tiefen Zügen. Nach wenigen Minuten begann er sich besser zu fühlen.

31
    M cCaleb saß auf der alten Couch in der Kajüte und dachte lang über seine Begegnung mit Bosch nach. Es war das erste Mal in seiner Laufbahn als Ermittler, dass ein Mordverdächtiger zu ihm kam, um ihn um Hilfe zu bitten. Er musste sich klar darüber werden, ob es die Tat eines verzweifelten oder eines aufrichtigen Mannes gewesen war. Oder möglicherweise etwas anderes. Was wäre gewesen, wenn er das Leihboot nicht entdeckt hätte und nicht auf das Boot gekommen wäre? Hätte Bosch auf ihn gewartet?
    Er ging zur Bugkabine hinunter und sah auf die am Boden liegenden Papiere. Er fragte sich, ob Bosch sie absichtlich so geworfen hatte, dass sie zu Boden fielen und durcheinander kämen. Hatte Bosch etwas mitgenommen?
    Er ging zum Schreibtisch und sah sich den Laptop an. Er war nicht an den Drucker angeschlossen, aber ihm war klar, dass das nichts hieß. Er schloss die Datei, die auf dem Bildschirm war, und öffnete das Fenster des Druckermanagers. Er klickte das Verzeichnis der erledigten Aufträge an und sah, dass an diesem Tag zwei Dateien gedruckt worden waren – das Tatort- und das Täterprofil. Bosch hatte sie mitgenommen.
    McCaleb stellte sich vor, wie Bosch während der Überfahrt mit der Expressfähre allein dasaß und las, was er, McCaleb, über ihn geschrieben hatte. Bei dieser Vorstellung bekam er ein ungutes Gefühl. Er glaubte nicht, dass jemals ein Verdächtiger, über den er ein Psychogramm erstellt hatte, dieses Profil zu lesen bekommen hatte.
    Er schob den Gedanken beiseite und beschloss, sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Er rutschte vom Stuhl auf die Knie und machte sich daran, die Ermittlungsberichte einzusammeln und ordentlich aufeinanderzulegen, bevor er sie in die richtige Reihenfolge brachte.
    Nachdem er aufgeräumt hatte, legte er die exakt ausgerichteten Unterlagen auf den Schreibtisch und setzte sich.

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