Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht
Tafero. So wurde er genannt, als er noch auf der anderen Straßenseite arbeitete.«
McCaleb betrachtete die kleine Agentur noch einmal und schüttelte den Kopf.
»Mir leuchtet immer noch nicht ein, warum sich David Storey mit einem billigen kleinen Kautionsvermittler zusammengetan haben könnte.«
»Diese Hollywood-Typen sind nichts weiter als Gesindel mit Geld. Was sollen wir hier nun eigentlich? Ich habe nicht viel Zeit.«
»Haben Sie Ihre Dienstmarke dabei?«
Sie bedachte ihn mit einem Kommen-Sie-mir-bloß-nicht-dumm-Blick, worauf er ihr erklärte, was er vorhatte. Sie gingen die Treppe hinauf und in die Polizeistation. Am Schalter zückte Winston ihre Dienstmarke und fragte nach dem diensthabenden Sergeant der Frühschicht. Darauf kam ein Mann mit Sergeantenstreifen am Ärmel seiner Uniform aus einem kleinen Büro. Auf seinem Namensschild stand Zucker. Winston zückte erneut ihre Dienstmarke, stellte sich vor und wies McCaleb als ihren Mitarbeiter aus. Zucker zog seine beachtlichen Augenbrauen hoch, fragte aber nicht, was Mitarbeiter bedeutete.
»Wir arbeiten an einem Mordfall, der sich am Silvesterabend ereignet hat. Das Opfer hat die Nacht davor in einer Ihrer Ausnüchterungszellen verbracht. Wir –«
»Edward Gunn.«
»Richtig. Kannten Sie ihn?«
»Er war ein paarmal hier. Und natürlich habe ich gehört, dass er nicht mehr herkommen wird.«
»Wir müssen mit dem Kollegen sprechen, der während der Frühschicht für die Arrestzellen zuständig ist.«
»Das bin wohl ich. Aber so streng ist das hier nicht geregelt. Wir handhaben das eher nach Bedarf. Was wollen Sie wissen?«
McCaleb zog einen Stoß Fotokopien, die er von der Mordakte angefertigt hatte, aus seiner Jackentasche und breitete sie auf dem Schalter aus. Er bemerkte Winstons Blick, ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen.
»Uns würde vor allem interessieren, wer die Kaution für ihn gestellt hat«, sagte er.
Zucker drehte die Kopien herum, damit er sie lesen konnte. Er legte den Finger auf Rudy Taferos Unterschrift.
»Steht doch alles hier. Rudy Tafero. Er hat gleich gegenüber ein Büro. Er kam rüber und holte ihn raus.«
»Hat ihn jemand angerufen?«
»Ja, dieser Typ. Gunn.«
McCaleb tippte mit dem Finger auf die Kopie des Festnahmeprotokolls.
»Hier steht aber, dass er unter dieser Nummer hier angerufen hat, als er seinen Anruf machen durfte. Und das ist die Nummer seiner Schwester.«
»Dann hat sie eben Rudy angerufen.«
»Aber zweimal darf niemand telefonieren?«
»Nein, normalerweise haben wir hier so viel zu tun, dass sie von Glück reden können, wenn sie überhaupt telefonieren dürfen.«
McCaleb nickte. Er faltete die Fotokopien zusammen und wollte sie gerade einstecken, als Winston sie ihm aus der Hand nahm.
»Die werde ich mal an mich nehmen«, sagte sie.
Sie schob die gefalteten Kopien in eine Gesäßtasche ihrer schwarzen Jeans.
»Sergeant Zucker«, sagte sie dann. »Sie sind doch sicher nicht einer von diesen netten Burschen, die kurz mal bei Tafero, der bekanntlich mal beim LAPD war, anrufen würden, um ihm einen kleinen Tipp zu geben, dass Sie gerade einen potentiellen Kunden eingeliefert bekommen haben?«
Einen Moment sah Zucker sie mit versteinerter Miene an.
»Die Sache ist sehr wichtig, Sergeant. Wenn Sie es uns nicht sagen, könnte es auf Sie zurückfallen.«
Der Stein spaltete sich zu einem grimmigen Lächeln.
»Nein, ich bin keiner von diesen netten Burschen«, sagte Zucker. »Und ich habe auch keine solchen netten Burschen in meiner Schicht. Und weil wir gerade davon reden, meine Schicht ist gerade um, und das heißt, ich brauche nicht mehr mit Ihnen reden. Einen schönen Tag noch.«
Er schickte sich an, den Schalter zu verlassen.
»Nur noch eine letzte Frage«, sagte Winston rasch.
Zucker drehte sich wieder zu ihr um.
»Waren Sie es, der Harry Bosch angerufen hat, um ihm zu sagen, dass Gunn wieder hier ist?«
Zucker nickte.
»Darum hat er uns gebeten. Jedes Mal, wenn Gunn eingeliefert wurde, wollte Bosch, dass wir ihm Bescheid sagen, egal wann. Dann kam er immer her und redete mit dem Kerl. Versuchte was über den alten Fall aus ihm rauszukriegen. Bosch gab nicht auf.«
»Hier steht, Gunn wurde nicht vor halb drei eingeliefert«, sagte McCaleb. »Haben Sie Bosch mitten in der Nacht angerufen?«
»So wollte er es. Ihm war egal, wie spät es war. Außerdem, wir machten es immer so, dass ich seinen Pager anrief, und er rief dann zurück.«
»Und so war es auch in dieser letzten
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