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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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ist.«
    Wieder eine Pause.
    »Was in Hongkong passiert ist, ist passiert, weil Ihre Polizei dieses amerikanische Mädchen und diese Familie sträflich im Stich gelassen hat. Und wenn Sie jetzt ankommen und in aller Ruhe analysieren wollen, welche Maßnahmen Detective Bosch ergriffen hat, weil Ihre Polizei es versäumt hat, angemessen zu reagieren – wenn Sie also einen Sündenbock suchen, den Sie nach Hongkong mitnehmen können –, dann werden Sie ihn hier mit Sicherheit nicht finden. Wir werden nicht mit Ihnen kooperieren. Allerdings habe ich jemanden, mit dem Sie
gern
über das alles sprechen können. Wir können mit ihm anfangen.«
    Haller zog eine Visitenkarte aus der Brusttasche seines Hemds und schob sie über den Tisch. Wu nahm sie an sich und studierte sie. Haller hatte sie zuvor Bosch gezeigt. Es war die Visitenkarte eines Reporters der
Los Angeles Times.
    »Tschack Mäkiwoi«, las Lo ab. »Hat er Informationen?«
    »Ja, Jack McEvoy. Informationen hat er allerdings im Moment noch keine. Aber er wäre sicher brennend an einer Story wie dieser interessiert.«
    Das alles war Teil des Plans. Haller bluffte. In Wirklichkeit, wusste Bosch, war McEvoy sechs Monate zuvor bei der
Times
entlassen worden. Haller hatte seine alte Karte aus einem Packen Visitenkarten herausgesucht, die er in seinem Lincoln aufbewahrte.
    »Genau so wird das Ganze losgehen«, sagte Haller ruhig. »Und ich glaube, es wird eine phantastische Story abgeben. Dreizehnjährige Amerikanerin wegen ihrer Organe in China entführt, aber die Polizei unternimmt nichts. Ihre Eltern sehen sich gezwungen, auf eigene Faust nach ihr zu suchen, woraufhin die Mutter bei dem Versuch, ihre Tochter zu befreien, erschossen wird. Das wird natürlich für weltweites Aufsehen sorgen. Jede Zeitung, jeder Nachrichtensender wird darüber berichten wollen. In Hollywood werden sie einen Film daraus machen. Und Oliver Stone wird Regie führen!«
    Jetzt öffnete Haller den Ordner, den er zu dem Treffen mitgebracht hatte. Er enthielt die Pressemeldungen, die er nach seinen Internet-Recherchen im Auto ausgedruckt hatte. Er schob Wu und Lo einen Stoß Ausdrucke zu. Die beiden Männer rückten näher zusammen, um sie gemeinsam zu studieren.
    »Und zum Schluss haben Sie hier noch eine Reihe von Pressemeldungen, die ich Mr. McEvoy und jedem anderen Journalisten zukommen lassen werde, der sich in dieser Angelegenheit an mich oder Detective Bosch wendet. Diese Meldungen befassen sich mit der jüngsten Ausweitung des illegalen Organhandels in China. Es soll weltweit das Land mit der längsten Warteliste sein, verschiedenen Berichten zufolge warten dort eine Million Menschen auf ein Spenderorgan. Daran ändert auch nicht viel, dass die chinesische Regierung vor ein paar Jahren auf internationalen Druck hin die Organentnahme von hingerichteten Häftlingen verboten hat. Das hat die Nachfrage nach menschlichen Organen und deren Schwarzmarktwert nur erhöht. Sie können also anhand dieser Meldungen hochrenommierter Zeitungen, darunter auch der
Beijing Review,
sicher schon ersehen, welche Richtung Mr. McEvoy bei seiner Berichterstattung einschlagen wird. Die Entscheidung über den weiteren Verlauf dieser Angelegenheit liegt demnach ganz in Ihrer Hand.«
    Wu wandte sich Lo zu und flüsterte ihm in Schnellfeuer-Chinesisch ins Ohr.
    »Sie brauchen nicht so leise zu sprechen, meine Herren«, bemerkte Haller. »Wir können Sie nicht verstehen.«
    Wu setzte sich kerzengerade auf. »Wir würden gern führen Telefongespräch, bevor wir fahren fort.«
    »Mit Hongkong?«, fragte Bosch. »Dort ist es jetzt kurz vor fünf Uhr morgens.«
    »Das macht nichts«, sagte Wu. »Ich muss telefonieren, bitte.«
    Gandle stand auf.
    »Sie können das Gespräch in meinem Büro führen. Dort sind Sie ungestört.«
    »Danke, Lieutenant.«
    Die zwei Ermittler aus Hongkong standen auf.
    »Noch ein Letztes, meine Herren«, schickte Haller ihnen hinterher.
    Sie sahen ihn an, als wollten sie sagen:
Was denn jetzt noch?
    »Ich möchte nur, dass Ihnen und den Herren, die Sie anrufen wollen, bewusst ist, dass uns in dieser Angelegenheit auch sehr viel am Ergehen von Mr. Sun Yee gelegen ist. Wir möchten Sie deshalb darauf hinweisen, dass wir uns mit Mr. Sun in Verbindung setzen werden, und sollten wir ihn nicht erreichen oder erfahren, dass er in irgendeiner Weise in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt wird, sind wir fest entschlossen, auch seinen Fall vor das Gericht der öffentlichen Meinung zu

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