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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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und überflog sie, wobei ich mir keine Mühe gab, mir gewisse Informationen länger anzusehen. Ich betrachtete schnell jedes Foto und jeden Zettel. Dazu brauchte ich allenfalls eine Minute. Dann knipste ich das Licht aus, griff mir meine Sachen und ging.
    Ich eilte aus dem Lift und hielt am Schreibtisch des Wachmanns an. Er nickte und winkte mich durch. Mouse und ich verließen unserer Heterosexualität völlig sicher das Gebäude.
    Dann stiefelte ich zu meinem Wagen und fuhr nach Hause, um einen gefallenen Engel um Rat zu bitten.

9. Kapitel
    A uf dem Weg holte ich mir noch ein paar Burger, vier für mich und vier für Mouse, und fuhr anschließend nach Hause. Ich genehmigte mir auch Zwiebelringe, allerdings ging Mouse hier leer aus, da mein ABC-Schutzanzug in der Reinigung war.
    Mister bekam natürlich einen Zwiebelring, das war das Vorrecht des Alters. Er nagte ein wenig daran, schubste den Rest eine Weile über den Küchenboden und verabschiedete sich miauend zu seinem abendlichen Streifzug.
    Als ich gegessen hatte, war es kurz nach zehn, und ich war sehr versucht, die weiteren Ermittlungen bis nach einer guten Mütze Schlaf zu verschieben. Durchzumachen wurde schwieriger, als es mit zwanzig gewesen war, als ich laut meines alten Mentors Ebenezar McCoy noch voll im Saft gestanden hatte.
    Wach zu bleiben war nicht das Problem: Wenn überhaupt war es dieser Tage um einiges einfacher, die Müdigkeit zu ignorieren und konzentriert zu arbeiten. Sich davon wieder zu erholen stand allerdings auf einem anderen Blatt. Nach Schlafentzug spielte ich nicht mehr so leicht das Stehaufmännchen wie einst, und auf meinen Schönheitsschlaf zu verzichten machte mich in der Regel für mehrere Tage unausstehlich, bis ich den Schlaf wieder aufgeholt hatte. Außerdem musste sich mein Körper von viel zu vielen Verletzungen erholen, die ich mir bei vorangegangenen Fällen zugezogen hatte. Wenn ich ein normaler Mensch gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich eine wandelnde Narbensammlung gewesen, mit chronischen Schmerzen und steifen Gelenken wie ein American-Football-Profi der NFL in der letzten Saison einer langen, qualvollen Karriere oder ein Boxer, der zu oft eines auf die Nuss bekommen hatte.
    Aber ich war nicht normal. Was auch immer mir ermöglichte, Magie zu wirken, schenkte mir auch eine ausgedehnte Lebensspanne – und die Fähigkeit, mich mit der Zeit von Verletzungen zu erholen, die einen normalen Menschen für immer in einen Krüppel verwandelt hätten. Das half mir zwar jetzt nicht weiter, aber wenn ich bedachte, was mein Körper alles durchgemacht hatte, war ich allein schon darüber froh, dass ich mich mit der nötigen Zeit und Anstrengung überhaupt wieder erholen konnte. Drei oder vier Jahrhunderte mit nur einer Hand zu leben wäre in den Worten meiner Generation ein ordentlicher Scheißdreck gewesen.
    Schlaf wäre toll gewesen. Aber vielleicht benötigte Thomas meine Hilfe, und den Schlaf konnte ich ja noch immer nachholen, wenn ich tot war.
    Ich blickte auf meine verstümmelte Hand, lupfte dann meine alte Akustikgitarre vom Sofa und setzte mich. Ich entzündete mit einem Zauber einige Kerzen und begann zu üben, voll auf meine linke Hand konzentriert. Zuerst Tonleitern, dann ein paar Aufwärmübungen, schließlich eine ruhige Melodie. Meine Hand war alles andere als voll einsatzfähig, aber sie war schon in einem besseren Zustand als in der Vergangenheit, und ich hatte meinen Fingern genug Basisgriffe eingepaukt, dass ich zumindest ein wenig spielen konnte.
    Mouse hob den Kopf und sah mich an. Dann stieß er einen Seufzer aus. Danach hievte er sich vom Boden hoch, wo er geschlafen hatte, und ging ins Schlafzimmer. Er stupste die Tür mit der Nase ins Schloss.
    Immer diese Kritiker.
    „Okay, Lash“, sagte ich, ohne mit dem Spiel aufzuhören. „Lass uns reden.“
    „Lash?“, fragte eine leise Frauenstimme. „Bin ich jetzt schon eines liebevollen Kosenamens würdig?“
    Einen Augenblick war der Lehnstuhl gegenüber der Sofas leer. Im nächsten saß dort, puff, wie durch Magie, eine Frau. Sie war groß, gut um die eins achtzig, mit dem Körperbau einer Athletin. In der Regel erschien sie – wenn sie mir einmal erschien – als eine vor Lebenskraft sprühende junge Frau von nebenan in einer römisch-griechischen Tunika, die bis zur Mitte der Oberschenkel fiel. Einfache Sandalen bedeckten ihre Füße, deren Lederriemen sich über ihre Waden wanden. Von Zeit zu Zeit hatte sich ihre Haarfarbe geändert, aber ihre

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