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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Bekleidung war immer dieselbe geblieben.
    „Wenn man sich einmal durch den Kopf gehen lässt, dass du ein gefallener Engel bist, der sprichwörtlich älter als die Zeit ist und dessen Handlungen ich nicht einmal im Geringsten nachvollziehen kann, während ich nur ein einfacher Sterblicher mit einem Quäntchen mehr Macht als die meisten bin, hatte ich das Ganze eigentlich als kaum verborgene Unverschämtheit gemeint.“ Ich lächelte. „Lash.“
    Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte. Anscheinend war sie aufrichtig amüsiert. „Wenn es von dir kommt, ist es vielleicht nicht ganz so beleidigend wie von den Lippen eines anderen Sterblichen, und letztlich bin ich ja nicht tatsächlich diese Wesenheit. Ich bin nur ihr Schemen, ihre Gesandte, ein Trugbild deiner eigenen Einbildung, ein Gast in deinen Gedanken.“
    „Gäste lädt man ein“, sagte ich. „Du bist eher wie ein Staubsaugervertreter, der mir eine kurze Vorführung aufgeschwätzt hat und den man einfach nicht wieder loswird.“
    „Touché, Gastgeber“, gab sie zu. „Auch wenn ich ganz gerne dächte, ich sei um Einiges hilfreicher und um Welten charmanter als so ein Individuum.“
    „Zugegeben“, sagte ich. „Was aber nichts daran ändert, dass du nicht willkommen bist.“
    „Dann befreie dich. Nimm die Münze, und ich werde mit dem Rest von mir verschmelzen. Dann bist du mich los.“
    Ich schnaubte. „Klar. Bis sich die Große Schwester in meinem Kopf einnistet, mich in ihr psychotisches Spielzeug verwandelt und ich zu einem Monster werde, wie der Rest der Denarianer.“
    Lasciel, der gefallene Engel, der zu diesem Zeitpunkt in einem antiken römischen Denar in meinem Keller gebunden war, hob beschwichtigend eine Hand. „Habe ich dir nicht genug Freiheit eingeräumt? Habe ich nicht getan, was du verlangt hast und geschwiegen? Wann bin ich das letzte Mal in deine Gedanken eingedrungen, wann war das letzte Mal, dass wir gesprochen haben, mein Gastgeber?“
    Ich hatte einen Akkord verkackt und legte die Hand auf die Saiten. „New Mexico, und ich hatte keine Wahl.“
    „Aber selbstverständlich“, sagte sie. „Du hast immer die Wahl.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Ich spreche kein Ghulisch, und soweit mir bekannt ist auch sonst niemand.“
    „Niemand von euch hat je im alten Sumer gelebt“, sagte Lasciel.
    Ich ignorierte sie. „Die Ghule mussten mir ein paar Antworten geben, um die Kinder zurückzubekommen. Für alles andere blieb keine Zeit. Du warst der letzte Ausweg.“
    „Wie ist es heute Nacht?“, wollte sie wissen. „Bin ich heute auch der letzte Ausweg?“
    Die nächsten Akkorde krachten schrill und metallisch. „Es geht um Thomas.“
    Sie faltete die Hände in ihrem Schoß und betrachtete die nahestehenden Kerzen. „Ah, ja“, flüsterte sie. „Er liegt dir sehr am Herzen.“
    „Er ist mein einziger Blutsverwandter“, entgegnete ich.
    „Gestatte mir, meine Anmerkung etwas anders zu formulieren. Er liegt dir auf äußerst irrationale Weise am Herzen.“ Sie neigte den Kopf zur Seite und musterte mich. „Weshalb?“
    Ich wiederholte etwas langsamer: „Er ist mein einziger Blutsverwandter.“
    „Ich verstehe deine Worte, auch wenn sich mir nicht erschließen will, was sie bedeuten.“
    „Das ist auch nicht möglich“, antwortete ich. „Das verstehst du nicht.“
    Sie zog die Stirn kraus und sah mich mit leicht verwirrter Miene an. „Ich verstehe.“
    „Nein“, sagte ich. „Tust du nicht. Das kannst du nicht.“
    Ihre Miene veränderte sich zu einer abwesenden, unbeteiligten Maske, während ihr Blick zur Kerze zurückwanderte. „Sei dir bitte nicht so sicher, mein Gastgeber. Auch ich hatte Brüder und Schwestern. Vor langer Zeit.“
    Ich bedachte sie mit einem unverwandten Blick. Gott, sie klang so glaubwürdig. „Das ist sie nicht“, schalt ich mich selbst. Sie war eine Lügnerin. Sie zog irgendeine abgefeimte Nummer ab, um meine Freundschaft oder zumindest mein Vertrauen zu erschleichen. Von dort war es nur noch ein kurzer Weg zum Rekrutierungsbüro der Legion der Finsternis.
    Ich rief mir in Erinnerung, dass alles, was mir der gefallene Engel anbot – Wissen, Macht, Gesellschaft – mich einen viel zu hohen Preis kosten würde. Es war idiotisch von mir, bei ihr wieder und wieder um Hilfe angekrochen zu kommen, selbst wenn das ohne Zweifel Menschenleben gerettet hatte, darunter auch meines. Ich bläute mir ein, dass es eine verdammt miese Sache war, von ihr abhängig zu werden.
    Aber gleichwohl sah sie traurig

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