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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Person durch die Welt spazieren und mir nichts, dir nichts Leute umlegen und das wie Selbstmorde aussehen lassen? Höchstwahrscheinlich vergeudete ich gerade meine Zeit.
    Eine schemenhafte Gestalt stürzte sich vom Dach des Parkhauses, segelte aus einer Höhe von sechs Stockwerken zu Boden und landete geduckt auf dem Bürgersteig. Kurz verharrte sie regungslos, wahrscheinlich lauschte sie in die Nacht, bevor sie sich erhob und schnellen Schrittes, aber ruhig auf die Straße und die dort geparkten Autos zuhielt.
    Ich blinzelte.
    Ach du liebes Bisschen.
    Offensichtlich funktionierte mein logisches Denken von Zeit zu Zeit doch.
    Ich biss die Zähne zusammen, umklammerte meinen Stab und stand auf, um mich Graumantel in den Weg zu stellen und ihn in die Hölle zu blasen.
    Dann hielt ich inne.
    Wenn Graumantel tatsächlich dem Schwarzen Rat angehörte und daran arbeitete, den Weißen Rat zu untergraben oder sich sonstigen Schurkereien hinzugeben, war das wahrscheinlich nicht die genialste Idee. Der Schwarze Rat war bis jetzt, wenn Sie mir den Ausdruck verzeihen, eine dunkle Bedrohung gewesen. Ich war sicher, dass er nichts Gutes im Schilde führte, und seine Methoden hatten bisher auch gezeigt, dass er nicht die geringsten Skrupel hegte, unschuldige Menschenleben zu beenden – eine Einschätzung, die durch Graumantels Bereitschaft, ein Gebäude voller Menschen bis auf die Grundmauern niederzubrennen, nur um einen einzigen Mord zu verschleiern, noch zusätzlich untermauert wurde. Alles passte ins Muster: immer in den Schatten, immer geheimnisvoll, ohne je einen handfesten Beweis zurückzulassen, bei wem es sich um den Schwarzen Rat handelte oder was er überhaupt für Ziele hatte.
    Wenn er denn existierte. Bis jetzt war der Schwarze Rat eine reine Hypothese.
    Andererseits war Graumantels Fluchtwagen bis eben auch eine reine Hypothese gewesen.
    Dies konnte die so heiß ersehnte Gelegenheit sein, Hintergrundinformationen über den Schwarzen Rat zu sammeln. Wissen war die mächtigste aller Waffen. Das war schon immer so gewesen.
    Ich konnte Graumantel entwischen lassen und ihn beschatten, ehe ich den roten Knopf drückte. Vielleicht würde er mich ja zu etwas Wesentlichem führen, etwas von kritischer Bedeutung, wie es die Enigma für die Alliierten im 2. Weltkrieg gewesen war. Andererseits konnte er mich auch ins Nichts führen. Keine Geheimorganisation, die dieses Ausdrucks würdig war, würde zulassen, dass ein Agent im Einsatz war, ohne einen Plan in der Hinterhand zu haben, falls er kompromittiert werden sollte. Hölle, selbst wenn Graumantel alles ausspucken sollte, was er wusste, gab es sicherlich jede Menge offener Fragen.
    Diesen Annahmen lag wesentlich zu Grunde, dass er tatsächlich ein Mitglied des Schwarzen Rates war. Eine verdammt riskante Annahme, und wenn man sich auf reine Annahmen verließ, machte man einen ordentlichen Idioten aus sich. Wenn ich ihn nicht aufhielt, solange ich die Gelegenheit dazu hatte, würde er wieder zuschlagen. Es würde Menschenleben kosten.
    Ganz großartig – und wie viel mehr Menschen würden sterben, wenn der Schwarze Rat jemals die Macht an sich riss?
    Verdammt. Mein Bauchgefühl riet mir, Graumantel an Ort und Stelle das Handwerk zu legen. Die Gesichter von den Polizeifotos schossen mir durch den Kopf, und in meiner Phantasie standen all die ermordeten Frauen neben mir, hinter mir, die glasigen Augen entschlossen auf ihren Mörder gerichtet, mit dem sehnlichsten Wunsch nach Rache. Mit einem fast schon apokalyptischen Verlangen wollte ich ins Freie treten und dieses brutale Arschloch in Grund und Boden stampfen.
    Doch die Besonnenheit hielt mich zurück. Sie riet mir, einmal durchzuatmen und mir zu überlegen, wie ich das Beste für möglichst viele Unschuldige erreichen konnte.
    Hatte ich mir nicht vor Stunden selbst eingetrichtert, meine Handlungen und Entscheidungen müssten von Vernunft geleitet sein, wenn ich die Kontrolle behalten wollte?
    Es war schwer. Wirklich gottverdammt schwer. Aber ich rang das Adrenalin und die Kampfeslust nieder, kauerte mich erneut hin und überlegte fieberhaft, während Graumantel zu einer grünen Limousine spazierte, diese anließ und auf die Straße hinausfuhr. Ich hatte mich zwischen zwei parkende Fahrzeuge gehockt und wartete außer Sicht, bis Graumantel an mir vorbeifuhr.
    Ich deutete mit der Spitze meines Stabes auf den hinteren Teil der Karosserie, konzentrierte meinen Willen und flüsterte: „Forzare.“ Ich konzentrierte mich auf den

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