Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
einzubüßen.
Zwerg schrammte mit den gelben Nägeln einer riesigen Hand über den Boden, aber er konnte wenig mehr ausrichten, als auf seiner Schlitterpartie an mir vorbei lange Wachsstreifen von den Fliesen zu kratzen.
Ich legte eine Vollbremsung hin und sah mich um, wo Zwerg am wahrscheinlichsten aufschlagen würde. Dann bündelte ich meinen Willen.
Es war wegen des herabregnenden Wassers höllisch schwierig, aber allzu viel benötigte ich nicht. Wenn es darum ging, mutwillig Technologie zu schrotten, hatte ich schon immer ein besonderes Talent besessen.
Ich konzentrierte mich auf die Lampen des gesamten Gebäudeabschnittes des Bahnhofes, in den Zwerg schlitterte, hob meine rechte Hand und knurrte: „Hexus!“ Einige explodierten in einem Schauer goldener Funken. Andere stießen kleine Rauchwölkchen aus – aber alle verloschen.
Michael hatte sich weit von mir entfernt zum anderen Ende der Wartehalle vorgekämpft, und das Licht Amoracchius’ wurde nun von den Trennwänden innerhalb des Bahnhofs abgeschirmt. Als ich die Lichter ins Nirwana geblasen hatte, hatte ich einen Streifen tiefster Schatten erschaffen.
Diese plötzliche Insel aus Finsternis lockte Hobs an wie ein Kadaver Fliegen: versengte, panische, stinkwütende Hobs, deren mit allerlei Leckerbissen gefüllter Abend in der großen Stadt sich plötzlich in einen Alptraum verwandelt hatte. Sie besaßen zwar keine Augen, dennoch fanden sie die Dunkelheit mit Leichtigkeit. Einer von ihnen hetzte knapp einen Meter an mir vorbei, ohne langsamer zu werden oder meine Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen.
Eine Sekunde später begann Zwerg zu brüllen und seine dröhnende Stimme mischte sich in den Chor der rachsüchtig kreischenden, wütenden Hobs.
„Jetzt sind wir wohl nicht mehr so groß“, grinste ich. „Hä?“
Aber wie es sich herausstellte, war Zwerg noch immer genau so groß.
Ein zermalmter Hob kam aus den Schatten geflogen und zerplatzte förmlich etwa sieben Meter von mir entfernt auf den Fliesen. Ich meine nicht, dass er einfach nur schlaff wurde wie eine kaputte Gliederpuppe. Er war zerquetscht,zerquetscht wie eine Bierdose, da Zwerg sich den Hob einfach mit seinen riesigen Pranken gegriffen und zugedrückt hatte, um sämtliche Körperflüssigkeiten aus ihm herauszuwringen, bevor er ihn achtlos zur Seite geschleudert hatte.
Licht blitzte in einer langen Funkenbahn in den Schatten auf, als habe jemand einen Feuerstein über einen langen Stahlstreifen gezogen, und jäh umspielten bläuliche Flammen Zwergs Schwert. Sie zischten, fauchten und verloschen fast vollständig unter dem herabnieselnden Regen, doch sie verströmten genügen Licht, damit ich sehen konnte, was geschah.
Die Hobs hatten vor lauter Hass den Verstand verloren.
Ich vermute, das war auch unausweichlich gewesen. Die Diener des Winters und die des Sommers vertrugen sich einfach nicht, und die Bewohner des Feenreiches verhielten sich nun einmal nicht wie Menschen. Ihr Wesen war viel ursprünglicher und veränderte sich nicht. Sie waren, was sie waren. Raubtiere stürzten sich eben bevorzugt auf verwundbare Beute, und die Winterfeen hassten die Streiter des Sommers. Die Hobs waren beides.
Einige von ihnen warfen sich auf Zwergs Schädel, während andere mit ihren grobschlächtigen Waffen auf ihn einhackten oder sich mit ihren Haizähnen in ihn verbissen. Zwergs Rüstung war ihm in diesem Chaos eine große Hilfe, da sie seine verwundbarsten Körperstellen schützte, und als sich ein Hob auf seine Kehle stürzte, begann er, den Kopf hin und her zu schleudern. Kurz dachte ich, er sei in Panik geraten, doch dann rammte er seine Hörner mit derartiger Wucht in den Hob, dass er diesem den Schädel zerschmetterte. Sein Schwert zuckte in zwei exakt ausgeführten Streichen vor und zurück, und ein halbes Dutzend Hobs stürzte tot und brennend zu Boden.
Die anderen stießen ein Schreckensgeheul aus und verzogen sich, augenscheinlich war ihr Hass doch nicht so groß, dass sie es geschafft hätten, das gefallene Geißlein zu überwältigen. Zwerg rollte sich auf seine Knie ab und stemmte sich auf die Beine, und auch wenn sein unmenschliches Gesicht vor Schmerz verzogen war, suchte der Blick seiner seltsamen Augen die Umgebung ab, bis er an mir haften blieb.
Oh Kacke.
Ich wartete nicht, bis er wieder vollständig auf die Beine kam.
Warum hatte ich gerade jetzt meinen Stab und meinen Mantel nicht dabei? Um Himmels Willen, was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich hätte dem Sommer so
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