Harrys Höllen-Cocktail
schmal, man mußte sie ihr mit einer langen Nadel oder einem ganz dünnen Messer beigebracht haben. Da war nichts mehr zu machen.
Claudine Schnaubert, die so gern lebte, hatte ihr Leben in Cannes mit dem Tod bezahlen müssen.
Mein Blick glitt über ihre Gestalt. Sie hatte sich umgezogen. Der blaue Jeansrock lag noch ausgebreitet neben ihr.
Mein Blick fiel auf ihre Taschen. Dort genau erkannte ich die Ausbuchtungen, die mir überhaupt nicht passen wollten. Es war mehr eine reine Gefühlssache, daß ich darüber hinwegstrich, die ovalen Gegenstände fühlte und es mich wie ein Blitzstrahl durchzuckte. Das waren Bomben!
Wahrscheinlich mit einem Zeitzünder versehen, und sicherlich hielten die Mörder das Boot unter Kontrolle.
Ich jagte ich die Höhe, raste aus dem Salon und hätte bald meinen Freund Bill umgerannt, der seinen Platz verlassen hatte. Ich schleuderte ihn zur Seite und brüllte nur das eine Wort.
»Weg!«
Der Reporter stellte keine Fragen mehr. Über die Reling flankte ich hinweg, Bill sprang ebenfalls, wir landeten auf dem Steg, rannten auf den Kai zu und hatten ihn noch nicht erreicht, als hinter uns ein Blitz in die Höhe zuckte.
Da wir ihm den Rücken zudrehten, schauten wir nicht hinein, sahen nur den Widerschein, und als der berstende Explosionsknall erfolgte, lagen wir beide schon lang.
Es wurde ein Inferno.
Eine Hölle aus Flammen, Rauch und geborstenem Blech, auch brennendem Treibstoff.
Obwohl ich flach lag, gab es da eine Kraft, die mich zum Spielball machte. Wohin ich flog, wußte ich nicht, jedenfalls landete ich in der Hafenbrühe, tauchte unter, kam wieder hoch, bekam einen Hieb an den Kopf, sackte wieder weg, kam abermals in die Höhe und hatte das Gefühl, in die ewige Dunkelheit geschleudert zu werden, die intervallweise und schattengleich auf mich zukam. Wenn ich jetzt bewußtlos wurde, war es bis zum Ertrinken nur ein kleiner Schritt. Deshalb kämpfte ich mit aller Kraft gegen die drohende Gefahr an. Ich schlug dabei auch mit den Armen um mich und hatte das Gefühl, irgendeine Planke oder ein großes Stück Holz zu erwischen, das mich trug und an dem ich mich festklammern konnte.
Sosehr ich mich bemühte, mit Supermann hätte ich nicht mithalten können. Irgendwann verließ mich meine Energie, und ich dachte daran, daß die anderen es doch noch schaffen konnten…
***
Ich fühlte mich elend, ich fror, obwohl jemand eine Decke über mich gebreitet hatte, aber ich steckte noch immer in den nassen Klamotten, und das war nicht gut.
Dafür lag ich.
Als ich die Augen öffnete, sah ich das Zucken von Blau-und Rotlicht. Sirenen jaulten, doch was genau ablief, konnte ich nicht erkennen, denn man hatte mich auf eine Trage gelegt und zum Glück nicht festgeschnallt, so daß ich mich aufrichten konnte. Das ging bis zum ersten Schwindelanfall gut. Zudem wurde mir leicht übel.
Ich sank wieder zurück.
Aber es hatte jemand meine Bemühungen verfolgt. Ein Mann im weißen Kittel trat auf mich zu. »Da sind Sie ja wieder«, sagte er. »Wir haben Sie wie einen toten Fisch aus der Brühe gefischt. War höchste Zeit. Mann, haben Sie ein Glück gehabt.«
»Kann man wohl sagen«, antwortete ich schwach. »Und mein Freund?«
»Der hat noch größeres Glück gehabt. Der ist sofort ins Wasser gerollt und hat sich in der Tiefe weiterbewegt. Nur naß ist er geworden.«
»Sprecht ihr von mir?« hörte ich Bills Stimme. Wenig später schon war der Reporter neben mich getreten, eingehüllt in eine wärmende Decke und einen Becher mit heißem Tee in der Hand.
Er grinste auf mich nieder. »Unkraut scheint wirklich nicht zu vergehen, wenn man uns beide betrachtet.«
»Ich kann darauf verzichten.«
»Übriggeblieben ist nur wenig.«
»Vom Boot?«
»Ja, und von zwei anderen auch. Das hat Löcher gegeben. Erst vor wenigen Sekunden haben die Feuerwehrleute den Brand löschen können.«
»Ich frage mich nur, wer das getan hat?«
»Harry?«
»Möglich.«
»Was ist denn mit Claudine. Oder brauche ich nicht erst zu fragen?«
»Eigentlich nicht, Bill. Ich fand sie übrigens tot. In ihren Taschen steckten zwei Bomben.«
»Was?«
»Ja, der oder die haben ganze Arbeit geleistet. Verdammt auch.«
»Mich wollten sie schon verhören«, sagte Bill nach einer Weile.
»Was hast du gesagt?«
»Nichts. Ich habe den Beamten nicht gesagt, wem das Boot gehört. Die setzen uns hier fest.«
»Das war gut.«
»Willst du dich denn ins Krankenhaus fahren lassen?«
»Um Himmels willen.« Ich streckte den Arm
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