Hass
bei dem kalten, windigen Wetter noch niemand am Strand war. Die Luft war vom Dunst erfüllt. Am Wasser würde es neblig sein. Das bedeutete einen langen leeren Strandabschnitt.
Julia sagte: »Captain Paulette, hier spricht Julia Ransom. Ich bin bei Cheney, und wir haben ein Problem …« Sie beschrieb Frank genau, wo sie sich befanden und wo Cheney hinwollte.
Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, legte sie das Handy ruhig auf den Boden neben ihm. Er lächelte sie kurz an. »Halten Sie durch. Das wird vielleicht ein bisschen gefährlich. Bleiben Sie also unten, ja?«
Eine Kugel schlug auf Metall. Dann war in der Ferne eine Sirene zu hören.
Cheney fluchte, wurde aber nicht langsamer.
Julia sagte: »Die Polizei kann zwei Irre, die durch die Stadt rasen, nicht einfach ignorieren. Wenn es genug Leute sind, können sie ihn vielleicht einkreisen.«
Träum weiter, dachte er, sagte aber: »Schon möglich, aber das will ich nicht. Wir müssen es zum Strand schaffen.« Cheney riss das Lenkrad herum und bog nach links in die 30th Avenue ein. Laute Hupgeräusche, Flüche und quietschende Reifen begleiteten sie. Er fuhr in Schlangenlinien und bahnte sich den Weg durch den Stadtteil Richmond mit den schmalen Straßen, die von parkenden Autos auf beiden Seiten noch weiter verengt wurden. Er sah sich um und lächelte über den weißen Charger hinter ihnen. »O ja, wir sind fast da, bleib schön dran.« Wie ein Mantra, dachte sie. Als er es wiederholte, lachte sie.
»Durchhalten, Julia.«
»Kein Problem, kann ich wieder hochkommen?«
Der Charger wurde von einem brüllenden Chevy-Fahrer geschnitten. Makepeace setzte zurück und fuhr um die geparkten Wagen auf der 30th Avenue herum. Er war ihm fast einen Block voraus. »Nein, bleiben Sie unten. Na los, du Arsch, gib noch nicht auf. Komm schon. Immer schön mir nach.«
Es waren jetzt mehr Sirenen zu hören, und sie kamen näher.
Makepeace feuerte zweimal. Ein Geschoss riss den Außenspiegel auf der Beifahrerseite ab, der daraufhin gegen ein parkendes Auto krachte. Das andere streifte die hintere Stoßstange eines Miata, der rückwärts aus einer Einfahrt kam.
Der Audi schoss über die Fulton Street und in den Golden Gate Park. Von links näherte sich ein riesiger Lexus. Cheney stieg auf die Bremse und riss gleichzeitig das Lenkrad nach rechts. Er konnte die Hitze des großen Monsters beinahe spüren, als er daran vorbeipreschte. Der Wagen wäre groß genug, um den Audi mitsamt ihnen beiden darin zu zerquetschen. Aus dem Augenwinkel heraus nahm er noch das bleiche, schreckverzerrte Gesicht einer Frau wahr, bevor er wie ein Wahnsinniger nach rechts auf den John F. Kennedy Drive abbog. Bei diesem Manöver riss er beinahe den vorderen Kotflügel eines geparkten Kombis ab.
Im Park selbst fuhren zum Glück nicht viele Autos, aber er musste wegen eines guten Dutzends Radfahrer und einer langen Reihe Jogger bremsen. Er hupte, damit sie den Weg frei machten. Sie düsten an der Bisonkoppel vorbei und bogen erneut rechts ab. Jetzt war es nur noch eine Gerade. Julia glitt nach oben auf den Sitz und sah auf der rechten Seite den Tulpengarten der Königin Wilhelmina und die Windmühle. Dann erblickte sie die rote Ampel vor sich und unterdrückte einen Schrei, als Cheney geradewegs darüber und weiter auf den Great Highway fuhr.
KAPITEL 38
Hupen ertönten, Bremsen quietschten und Gummi verschmorte, als er immer wieder dem Gegenverkehr auswich.
Cheney rief: »Habe ich Ihnen je erzählt, dass ich in einem Geländewagen am Strand das Fahren gelernt habe?«
Er lächelte, als er auf den menschenleeren großen Parkplatz fuhr, auf dem zum Glück keine Autos standen, so wie er es gehofft hatte. Der Parkplatz wurde durch eine fast zwei Meter hohe Flutmauer vom Strand getrennt, auf die sie jetzt diagonal zufuhren. Julia dachte nicht an die schmalen Treppendurchgänge zum Strand, bis ihr Herz beinahe aussetzte, als sie sich plötzlich in der Luft befanden.
»Uns passiert nichts! Festhalten!« Überraschenderweise lachte er vor Vergnügen, und wenn sie ehrlich war, spürte auch sie ein freudig erregtes Kribbeln der Angst beim Sprung.
Der Audi landete hart auf dem von der Flut noch feuchten Sand. Sie flogen gegen die Gurte und ihre Kiefer schlugen aufeinander. Cheney riss das Lenkrad nach links, und der Wagen fuhr entlang der Mauer weiter. »Ich habe früher Buggy-Rennen an den Stränden South Carolinas gefahren, meistens in Hilton Head. Komm schon, du Verrückter, hol mich doch. Ach du
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