Haunted (German Edition)
und er sich mit ihrer Hilfe ins Freie drücken konnte.
Er war zur Hälfte in lockerer Erde eingetaucht, und ein riesiger Erdbrocken fiel ihm auf den Kopf, als er aus dem Tunnel kam – James wurde fast umgehauen. Kies brannte in seinen Augen und gelangte in seine Nase, und jetzt schmeckte die Erde in seinem Mund ganz und gar nicht gut. Er schüttelte seinen Kopf, um die Erde aus den Haaren zu bekommen und wischte sich mit einer Hand das Gesicht ab. Die Wände des Lochs brachen ein, und James kletterte heraus und stellte sich wackelig auf die Beine. Er konnte niemanden im Garten sehen, aber er hatte keine Zeit sich umzuschauen, weil ein ganzer Bereich der Grube auf ihn stürzte, ihn seitlich umstieß und ihn auf die Knie zwang. Die schwere Erde klemmte ihn in einer schwierigen Position ein, eine Hand über dem Kopf und die andere unter seinem geneigten Körper gefangen.
Er würde sterben.
Er wusste es so sicher, wie er seinen eigenen Namen wusste. Eine weitere Schaufel Erde oder eine weitere einbrechende Wand und er wäre tot.
Verzweifelt beugte er seinen freien Arm und fing an, krampfhaft nach dem umliegenden Erdboden zu greifen, in einem dringenden Versuch, sich zu befreien. Glücklicherweise war die Seite der Wand, die ihn eingeklemmt hatte, fest, nicht locker, und er war in der Lage, einen Brocken herauszuziehen und dann einen weiteren, er warf sie nach oben auf den Boden. Die Erde verlagerte sich um ihn herum, fast wie bei einem Mini-Erdbeben, aber er schaffte es, seinen anderen Arm zu befreien, und dann rissen beide Hände fieberhaft Erdbrocken heraus, während seine Beine vergeblich versuchten, sich mit Tritten von dem Gewicht, das sie unten hielt, zu befreien. Seine Bemühungen legten in dem dichten Boden eine Bruchstelle frei, und seine Krallenfinger zogen die beiden Hälften an dieser Stelle auseinander, was ihm ermöglichte, sich nach oben und nach draußen zu winden, gerade als der Rest der Grube einstürzte.
Er kam geschwächt und außer Atmen heraus, erschöpft plumpste er auf den Boden, er war nur am Leben, weil er es im letzten Moment geschafft hatte, zu fliehen. Wenn er nur eine Haaresbreite langsamer gewesen wäre, wäre er jetzt tot.
Er atmete schwer, seine Gliedmaßen zitterten vor Erschöpfung und Angst, er sah sich im Garten um und versuchte zu erkennen, wer …
was
… versucht hatte, ihn umzubringen, aber der Garten war leer.
James rannte ins Haus. Er wollte seinem Dad erzählen, was passiert war. Na ja, er wollte nicht, aber er musste. Irgendetwas ging hier vor, und seine Eltern mussten davon erfahren. Vielleicht konnten sie etwas unternehmen; vielleicht konnten sie …
Ihn beschützen.
Er beruhigte sich, als er die Worte lediglich dachte. Seine Mom und sein Dad waren vermutlich noch nicht zurück, aber er beabsichtigte, drinnen auf sie zu warten, und sobald sie zurückkamen, würde er ihnen alles erzählen, von dem Mann im Fenster über das Geheimfach in der Einsatzzentrale über die Tierskeletten in der Erde über das Erde-Essen bis hin zu dem mysteriösen Loch, das ihn hinein gelockt hatte und das versucht hatte, ihn umzubringen. Er wusste nicht, was sie dagegen unternehmen konnten, aber sie waren Erwachsene; sie würden sich darum kümmern.
Er ging durch die Terrassentür, zog die Fliegengittertür auf …
… und die Küchentür flog zu.
Fast hätte sie ihn im Gesicht getroffen, fast wären seine Finger am Türpfosten zerquetscht worden. Wenn er seine Hand nicht in letzter Sekunde weggezogen hätte, wäre er ernsthaft verletzt worden. Wütend drehte er den Knauf um und riss die Tür erneut auf, er brüllte bereits Megans Namen.
Aber sie war nicht da.
James blieb stehen, sah sich um, war verwirrt, aber nicht so verwirrt, wie er gern gewesen wäre.
Seine Schwester war nicht diejenige gewesen, die ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte. Nein, irgendjemand …
irgendetwas
… anderes hatte es getan. Und es war kein Streich gewesen. Der Türzuschlager hatte ihn verletzen wollen.
Vorsichtig betrat James die Küche, er sah sich um. »Megan!« Dieses Mal rief er den Namen seiner Schwester nicht aus Wut, sondern aus Not, aus einem Verlangen heraus, sie in seiner Nähe haben zu wollen. Vielleicht konnte sie ihn nicht beschützen, wie es seine Eltern könnten, aber sie war älter und mutiger als er, und zusammen könnten sie sich besser gegen … gegen … was auch immer verteidigen.
»Megan?«
Es kam keine Antwort, und er lief vorwärts, dabei erneut ihren Namen rufend.
Weitere Kostenlose Bücher