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Haus der Erinnerungen

Haus der Erinnerungen

Titel: Haus der Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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Townsend hatte einen Patienten zuviel verloren.
    Harriet, die auf ihren Bruder hatte zugehen wollen, war stehengeblieben, als sie den Blick bemerkte, der zwischen ihm und Jennifer getauscht wurde. Ihre Arme waren halb ausgestreckt, ihr Mund geöffnet. Sie stand wie zur Salzsäule erstarrt. Als hätte sie eben einen Blick auf das Haupt der Gorgone geworfen. Während John sich am Feuer die kalten Hände rieb und sich die Nässe von den Stiefeln stampfte, ohne der Szene hinter ihm gewahr zu sein, hielt Victor noch immer Jennifers Blick fest. Im Feuerschein wirkte sein Gesicht wie gemeißelt, wie eine Studie in Chiaroscuro.
    In diesen Sekunden, während ich ihn so intensiv betrachtete und die Mauer zu durchdringen suchte, die er um sich hochgezogen hatte, spürte ich, wie etwas in mir sich zu regen begann... »Mr. Townsend«, sagte Jennifer endlich leise. »Willkommen zu Hause.« Sie blieb am Kamin stehen, als hätte sie Angst, sich zu bewegen.
    »Danke«, antwortete er. Seine Stimme war tiefer, als ich sie in Erinnerung hatte.
    Auch er rührte sich nicht von der Stelle, als fürchtete er, durch eine Bewegung das Traumhafte dieses Augenblicks zu zerstören. Er verzehrte Jennifer mit seinen Blicken, einem Menschen gleich, der völlig ausgehungert ist oder lange keine Wärme gekannt hat oder sich danach sehnt, ein Zuhause zu finden, ohne den Weg dorthin zu wissen.
    Jetzt erst wurde John auf die Stille im Zimmer aufmerksam und drehte sich herum.
    »Was denn?« rief er. »Keine Fanfaren? Warum so ernst? Das ist doch ein freudiger Anlaß.
    Der verlorene Sohn ist heimgekehrt.«
    Ich hörte Bitterkeit unter der gezwungenen Fröhlichkeit und hätte gern gewußt, ob auch die anderen sie wahrnahmen. »Ach, Victor!« rief Harriet jetzt, lief zu ihm hin und warf ihm die Arme um den Hals. »Du bist wieder da! Du bist nach Hause gekommen. Ich fürchtete schon, es wäre nur ein Traum.« Er schüttelte den Kopf und sah sie an, als wäre er aus tiefem Schlaf erwacht. »Ja, Harriet, ich bin wieder da.«
    »Und bleibst du ? Bitte, sag, daß du bleibst.« Harriet drückte ihren Kopf an seine Brust, und Victor sah über sie hinweg zu Jennifer, als er sagte: »Ja, ich bleibe.«
    »Ach, wie schön!« rief Harriet. »Als Vater es mir sagte, habe ich ihm nicht geglaubt.«
    Sie trat einen Schritt zurück und wischte sich die Tränen von den Wangen. »Er zeigte mir deinen Brief, in dem du schriebst, du hättest den Posten in Edinburgh aufgegeben, um hierher zurückzukommen, und trotzdem glaubte ich es nicht. Ich habe so darum gebetet, daß du wieder heimkommen würdest, und nun sind meine Gebete erhört worden.«
    Sie drehte sich herum. »John, wo ist der Sherry, den du versprochen hast?«
    »Ach ja!« Er schnalzte mit den Fingern. »Im Salon.«
    »Und Gläser. Ich hole die Gläser. Heute abend feiern wir.« Schon eilte Harriet, von Lavendeldüften umhüllt, zur Tür hinaus, und John folgte ihr. Eine kleine Weile waren Victor und Jennifer allein.
    Immer noch sahen sie einander stumm an, als genüge jedem fürs erste der Anblick des anderen, um die Sehnsucht zu stillen. Dann sagte Jennifer zaghaft: »Ich war so überrascht, Mr. Townsend, als Harriet mir die Neuigkeit erzählte. Es kam so plötzlich und unerwartet, daß ich nicht wußte, was ich denken sollte.« Victor lächelte ein wenig unbehaglich. »Und ich wußte nicht, was ich tun sollte. Denn nachdem ich Ihnen das erstemal begegnet war, kamen mir an meinem Entschluß, nach Schottland zu gehen, die ersten Zweifel.«
    Sie griff sich ans Herz. »Wieso ? Was habe ich -«
    »Seit dem Abend unserer ersten Begegnung vor fünf Monaten spüre ich eine Unruhe in mir, die sich nicht zurückdrängen läßt, und ich weiß jetzt, daß ich in Schottland unglücklich geworden
    wäre. Jennifer, wenn Sie wüßten, wie groß meine Angst war, daß Sie nicht mehr hier sein könnten, wenn ich zurückkomme. Dann wäre alles umsonst gewesen.«
    Jennifer wurde sehr bleich, Qual und Erschrecken spiegelten sich in ihrem Gesicht.
    Doch ehe sie etwas sagen konnte, erschienen lohn und Harriet wieder im Zimmer. Sie hatten ein Tablett mit Gläsern und eine Flasche Sherry mitgebracht, und nachdem John eingeschenkt und die Gläser herumgereicht hatte, brachte er einen Toast aus.
    Auf unseren Bruder, Dr. Victor Townsend, auf sein Glück und einen Erfolg hier bei uns.«
    Alle vier leerten ihre Gläser und John schenkte neu ein. Die Augen leicht zusammengekniffen gegen den Feuerschein und den Blick . i u f ihr Glas gerichtet,

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