Haus der Vampire 02 - Der letzte Kuss-ok
er«, stimmte Hess zu. »Aber er ist auch wahnsinnig genug zu glauben, dass er in ewigem Ruhm erstrahlen würde, wenn er sich neben seinem Sohn verbrennen lässt. Eine Art Sieg. Er könnte sagen, Shane war dabei, nur um ihn zu bestrafen. Das können wir nicht wissen.«
Das konnte sie nicht leugnen. Claire schluckte schwer. »Also... fahren Sie mich jetzt oder nicht?«
»Du bist also entschlossen rauszugehen«, sagte Hess. »In der Dunkelheit.«
»Ja, und ich werde zu Fuß gehen, wenn es nötig ist. Ich hoffe nur, ich muss nicht.«
Als er seufzte, rasselte es im Hörer. »Also gut. Zehn Minuten. Bleib im Haus, bis ich hupe.«
Claire legte auf, und als sie sich umdrehte, stieß sie beinahe mit Michael zusammen. Sie schrie auf und er streckte die Hand aus, um sie zu beruhigen. Er hielt ihre Arme fest, auch als dies nicht mehr nötig war. Er fühlte sich warm und real an und sie dachte – nicht zum ersten Mal –, wie seltsam es doch war, dass er so lebendig wirkte, obwohl er das in Wirklichkeit gar nicht war. Nicht direkt. Nicht die ganze Zeit.
Er sah aus, als wollte er etwas sagen und wüsste nicht, wie er das sagen sollte. Schließlich schaute er weg. »Kommt Hess?«
»Ja. Zehn Minuten, hat er gesagt.«
Michael nickte. »Wirst du zu Amelie gehen?«
»Vielleicht. Ich habe genau einen Versuch. Wenn es nicht klappt, dann...«Sie breitete die Arme aus. »Dann werde ich stattdessen mit Oliver sprechen.«
»Wenn... wenn du Amelie siehst, sag ihr, ich muss sie sprechen«, sagte er. »Würdest du das für mich tun?«
Claire blinzelte. »Klar. Aber warum?«
»Wegen etwas, das sie einmal gesagt hat. Schau mal, offensichtlich kann ich ja wohl nicht selbst zu ihr gehen. Sie muss hierherkommen.« Michael zuckte die Schultern und schenkte ihr ein dünnes Lächeln. »Nicht so wichtig, warum.«
In ihrem Hinterkopf läutete ein kleines Alarmglöckchen. »Michael, du hast nicht irgendwas, na ja, Verrücktes vor, oder?«
»Sagt die Sechzehnjährige, die zur Tür hinausgeht, um sich mit einer Vampirin zu treffen? Nein, Claire. Ich mache nichts Verrücktes.« In Michaels Augen glitzerte plötzlich ein heftiges Gefühl auf. Es sah aus wie Wut oder Schmerz oder eine ungesunde Mischung aus beidem. »Ich hasse das. Ich hasse es, dich gehen zu lassen. Ich hasse Shane, weil er sich schnappen ließ. Ich hasse das...«
Claire verstand, dass Michael in Wirklichkeit sagen wollte, ich hasse mich. Das verstand sie voll und ganz. Sie hasste sich selbst auch regelmäßig.
»Drisch nicht wieder auf irgendwas ein, okay?« Er sah nämlich wieder so aus. »Pass auf Eve auf. Pass auf, dass sie nicht verrückt spielt, okay? Versprochen? Wenn du sie liebst, musst du gut auf sie aufpassen. Sie braucht dich jetzt.«
Die Wut in seinen Augen ließ ein wenig nach und durch die Art, wie er sie anschaute, fühlte sie sich innerlich ganz weich und warm. »Ich verspreche es«, sagte er und strich mit beiden Händen von oben nach unten über ihre Arme, dann ließ er sie los. »Sag Hess, wenn dir irgendetwas zustößt – irgendetwas –, dann werde ich ihn eigenhändig umbringen.«
Sie lächelte schwach. »Oooh, taffer Typ.«
»Ab und zu. Hör mal, ich hab gar nicht gefragt: Geht es Shane gut?«
»Gut? Du meinst, ob sie ihm was angetan haben?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, er war mehr oder weniger noch ganz. Aber er sitzt in einem Käfig, Michael. Und sie werden ihn umbringen. Das heißt also, nein, es geht ihm nicht gut.«
Sein Blick wurde ein wenig wild. »Nur deshalb lasse ich dich gehen. Wenn ich eine andere Wahl hätte...«
»Die hast du«, sagte sie. »Wir könnten alle hier rumsitzen und ihn sterben lassen. Oder du könntest Eve auf ihre Kamikaze-Mission gehen lassen, damit sie sich umbringen lässt. Oder du schickst die süße, ruhige, vernünftige Claire los, um ein paar Verhandlungen zu führen.«
Er schüttelte den Kopf. Seine langen, eleganten Hände, die sich so zu Hause fühlten, wenn sie um eine Gitarre gelegt waren, ballten sich zu Fäusten. »Schätze, das bedeutet, dass es keine andere Wahl gibt.«
»Nicht wirklich«, stimmte Claire zu. »Ich habe, was die Sache mit der Wahl angeht, glatt gelogen.«
***
Detective Hess war überrascht, als sie ihm die Adresse gab. »Das ist das Haus der alten Lady Day«, sagte er. »Sie lebt dort mit ihrer Tochter. Was willst du von ihnen? Soweit ich weiß, sind sie in nichts von alldem verwickelt.«
»Dort muss ich jedenfalls hin«, sagte Claire störrisch. Sie hatte keine Ahnung, wo
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