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Haus des Blutes

Haus des Blutes

Titel: Haus des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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sah. Aber vor allem würde er nie wieder etwas als selbstverständlich erachten.
    Die Schranktür schwang erneut auf und ein Sonnenstrahl drängte sich zu ihm herein.
    Etwas Spitzes, Hartes schlug gegen sein Schienbein.
    Es fühlte sich an wie der Absatz eines Stöckelschuhs.
    »Autsch.«
    Er schaute nach oben und sah das Gesicht des stummen Mädchens.
    Sie war allein.
    Wirklich eigenartig. Wo blieb die Verstärkung? Wo war Ilsa, die Herrin des Hauses?
    Warum bin ich nicht tot?, wunderte er sich.
    Das Rätsel wurde noch unergründlicher, als sie ihm mit dem Zeigefinger bedeutete, ihr zu folgen.
    Eddie räusperte sich. »Ähm … Willst du, dass ich aufstehe?«
    Sie nickte.
    Eddie seufzte. »Sicher, von mir aus.«
    Der vage Anflug eines Lächelns huschte um ihre Mundwinkel und er konnte nicht den leisesten Hauch von Bösartigkeit darin erkennen. Sie wirbelte aus dem Zimmer und ließ Eddie mit seinen Gedanken über diese rätselhafte Wendung des Schicksals allein zurück.
    Mysteriös, dachte Eddie.
    Gott, wie er Frauen hasste, die er nicht durchschaute!
    Eddie zwängte sich aus dem Schrank und trat ins Schlafzimmer hinaus. Das Mädchen saß an einem kleinen runden Tisch in einer Ecke. Es sah zu ihm auf. Neben ihr stand ein leerer Stuhl. Eddie machte sich auf weitere seltsame Ereignisse gefasst, die möglicherweise folgen würden, und nahm neben ihr Platz.
    Auf dem Tisch lag ein Block mit rosafarbenem Mädchenbriefpapier. Der Blick der Kleinen wanderte zu dem leeren Blatt hinunter, das vor ihr lag. Sie tauchte einen Federkiel in ein Tintenfass, schüttelte ihn und begann zu schreiben.
    Eddie grunzte. »Hm … Ein Federkiel. Wie … retro.«
    Er hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt – diese ganze Situation hatte inzwischen jedoch anscheinend einen Grad von Verrücktheit erreicht, der es ihm unmöglich machte, eine halbwegs intelligente Unterhaltung zu führen.
    Sie schob den Block zu ihm hin, sah ihn mit fester, ernster Miene an und tippte mit der Feder auf den oberen Teil der Seite.
    Eddie las, was sie geschrieben hatte.
    DU FRAGST DICH WAHRSCHEINLICH, WARUM ICH DEN MEISTER NOCH NICHT GERUFEN HABE.
    Eddie hob eine Augenbraue. »Tja, also … jetzt, wo du es erwähnst … ja.«
    Sie zog den Block wieder zu sich heran und schrieb weiter. Eddie folgte den Worten, die sie mit geübten Bewegungen niederschrieb, mit seinem Blick.
    WEIL DU NICHT ZUFÄLLIG HIER BIST.
    Eddie war mit einem Mal hellwach, und ihm fiel wieder ein, welcher Gedanke ihm bereits am letzten Kontrollpunkt gekommen war – dass er gezielt getrieben und nicht einfach gejagt wurde. Nun, hier kam die erste Bestätigung, dass er mit seiner Intuition in diesem Fall gar nicht so falsch gelegen hatte.
    Er versuchte, sich die Angst in der Stimme nicht anmerken zu lassen, als er sagte: »Und … warum bin ich dann hier?«
    Sie tunkte den Kiel in die Tinte und schrieb ihre Antwort nieder.
    ICH HABE DICH HERGERUFEN.
    Eddie starrte sie mit offenem Mund an. »Aber … warum?«
    ICH BIN NOCH NICHT BEREIT, DIR DAS ANZUVERTRAUEN.
    Eddie las die Worte mit zusammengekniffenen Augen und wurde wütend. »Noch … nicht … bereit … mir … das … anzuvertrauen.« Er räusperte sich. »Also, das ist wirklich toll. Sag mir einfach Bescheid, wenn du mal eine Minute Zeit hast, um mich in das sadistische Spielchen einzuweihen, das du und dein Meister mit mir spielen.«
    Er erhob sich.
    »Ich leg mich so lange noch ein bisschen aufs Ohr.«
    Sie fauchte ihn an und zeigte ihm ihre perfekten, blendend weißen Zähne – die Zähne eines Filmstars. Eddie hielt in der Bewegung inne, und seine Augen weiteten sich, weil der Anblick, der sich ihm bot, einfach nicht passen wollte. Sie war eine der bezauberndsten Frauen, die er je gesehen hatte, von einer solch anmutigen Schönheit, dass sein kleiner Soldat am liebsten sofort strammgestanden und salutiert hätte, und doch wirkte sie ungemein bösartig.
    Tödlich.
    Er setzte sich wieder.
    Das wilde Funkeln wich aus ihrem Gesicht, und sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem rosafarbenen Briefpapier zu, das ihre schlanke, blasse Hand nun erneut in erstaunlicher Geschwindigkeit mit ihrer wundervoll geschwungenen Handschrift füllte. Als sie den halben Bogen beschrieben hatte, drehte sie den Block wieder zu ihm hin.
    Mit mäßigem Interesse überflog Eddie einige trockene biografische Fakten aus dem Leben des Mädchens, doch je weiter sein Blick die Zeilen hinabwanderte, desto mehr wich seine Langeweile eindeutigem Entsetzen und tiefer

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